| # taz.de -- Haushalt 2023 in Frankreich: Ohne Abstimmung durchgedrückt | |
| > Die französische Regierung greift bei einer Abstimmung über den Entwurf | |
| > des Staatshaushalts für 2023 zu einem legalen Trick, um das Parlament zu | |
| > umgehen. | |
| Bild: Premierministerin Elisabeth Borne stärkt Präsident Emmanuel Macron den … | |
| Paris taz | Wie sich in Frankreich eine Regierung ohne parlamentarische | |
| Mehrheit durchsetzen kann, hat Premierministerin Elisabeth Borne im Auftrag | |
| von Präsident Emmanuel Macron am Mittwochabend vorgeführt. Da sich in den | |
| letzten Tagen abgezeichnet hatte, dass die Regierung bei einer Abstimmung | |
| über den Entwurf des Staatshaushalts für 2023 in der Nationalversammlung | |
| nicht mit einer Mehrheit der Abgeordneten würde rechnen können, hat sie die | |
| Debatte für beendet und die Vorlage für verabschiedet erklärt. Was in jeder | |
| parlamentarischen Demokratie schockierend erscheinen muss, ist in | |
| Frankreich dank des Verfassungsartikels 49.3 legal. | |
| Dieses Vorgehen ist nicht populär. Aber in der Geschichte der Fünften | |
| Republik (ab 1958) haben linke und rechte Regierungen ohne absolute | |
| Mehrheit in der Nationalversammlung, diese „Holzhammermethode“ verwendet. | |
| Das passierte immer dann, wenn es der Opposition gelungen war, mit vielen | |
| Änderungsanträgen die Debatte in die Länge zu ziehen. | |
| Ein solche „Obstruktion“ (mit 3.349 mehr oder weniger verständlichen | |
| Änderungs- oder Ergänzungsvorschlägen) hat Regierungschefin Elisabeth Borne | |
| den Oppositionsparteien als Begründung für die Anwendung des 49.3 | |
| vorgeworfen. Nicht sie habe den Dialog verweigert, sondern die Abgeordneten | |
| der linken, konservativen und rechtspopulistischen Oppositionsfraktionen, | |
| argumentierte sie. Da in den Vortagen die Regierung bei zahlreichen Voten | |
| unterlegen war, wusste sie, dass sie ihre Vorlage nicht auf dem „normalen“ | |
| Weg durchbringen würde. | |
| Tatsächlich hatten sowohl die Parteien der Linksunion NUPES als auch die | |
| Konservativen von Les Républicains und das rechtsextreme Rassemblement | |
| National (RN) von Beginn an gesagt, dass sie der Regierungsvorlage für | |
| Staatsfinanzen, die [1][das Programm von Präsident Macron] umsetzen soll, | |
| nicht zustimmen könnten. Von einer Kompromissbereitschaft der Regierung war | |
| nicht viel zu merken. Es blieb bei kleinen Gesten: Ein Antrag der | |
| Sozialisten zum Beibehalt der Mehrwertsteuer (5,5 Prozent) für Schutzmasken | |
| wurde übernommen! | |
| ## Tadel für Finanzpolitik | |
| Schon beim Ministerrat am 12. Oktober hatte die Regierung den Griff zum | |
| 49.3 beschlossen. Noch am Mittwochabend hatte die NUPES (Neue Ökologische | |
| und Soziale Volksunion) als Antwort darauf [2][einen Misstrauensantrag | |
| eingereicht], in dem die Finanzpolitik der Regierung getadelt wird, weil | |
| sie aus klima- und sozialpolitischen Gründen verfehlt sei. | |
| Am Donnerstag wollte auch die RN-Fraktion von Marine Le Pen nachlegen. Die | |
| Linke will aber nicht für den Antrag der extremen Rechten stimmen und diese | |
| nicht für den Vorstoß der NUPES, die Républicains für keinen der beiden. | |
| Die Regierung hat – außer eines Prestigeverlusts – nicht viel zu | |
| befürchten, da für die Annahme des Misstrauensantrags eine absolute | |
| Mehrheit von 289 der 577 Stimmen erforderlich wäre. Klar ist, dass sie bei | |
| den absehbar kommenden Abstimmungsengpässen wieder zum 49.3 greifen wird. | |
| Premierministerin Elisabeth Borne im Auftrag von Präsident Emmanuel Macron | |
| am Mittwochabend | |
| 20 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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