| # taz.de -- Rassismus in der französischen Polizei: Verteidiger der Republik | |
| > Yasser Sriti hat Angst – vor der Polizei. So wie ihm geht es vielen | |
| > migrantischen Franzosen. Sie beginnen, sich zusammen mit Weißen zu | |
| > wehren. | |
| Bild: 20.000 auf den Straßen: Protest gegen Polizeigewalt in Paris Mitte Juni | |
| Ich habe gelernt, sehr vorsichtig zu sein. Und ich bin nicht mehr so | |
| gutmütig.“ Yasser Sriti blickt aufmerksam um sich, bevor er einen Ort für | |
| das Gespräch wählt. Es ist ein Parkplatz, nach zwei Seiten offen, es gibt | |
| mehr als eine Fluchtmöglichkeit. Das Treffen findet im Stehen statt, eine | |
| getigerte Katze beäugt es vom schmalen Balkon eines Mietshauses. Sriti ist | |
| 18 Jahre alt, er trägt an diesem heißen Sommertag ein Militaryshirt und | |
| seinen angesagten Brustbeutel fast wie einen Orden. Den schwarzen Beutel | |
| ziert eine winzige französische Flagge. | |
| Sriti kommt von hier aus der Siedlung – aus Le Val Fourré, das vielen als | |
| sozial schwieriges Viertel gilt. Es liegt am Rande des aufgeräumten | |
| Städtchens Mantes-la-Jolie auf der Île de France, rund 50 Kilometer | |
| westlich von Paris. So heißt der Großraum der Hauptstadt mit mehr als 12 | |
| Millionen Menschen. Es ist ein extrem verdichteter und für sozial | |
| Benachteiligte oft schwieriger Lebensraum. | |
| Über die Anti-Rassismus- und Anti-Polizeigewalt-Demos, die seit dem Tod von | |
| George Floyd in den USA verstärkt auch in Frankreich stattfinden, sagt | |
| Sriti, dessen Vorfahren aus Marokko kommen: „Endlich bleiben wir nicht | |
| unter uns, endlich protestieren auch immer mehr Leute, die es auf den | |
| ersten Blick nicht nötig hätten. Weil sie weiß sind und ihnen das erst mal | |
| das Leben erleichtert.“ Er selbst sei bei den großen Demonstrationen in | |
| Paris im Juni dennoch nicht dabei gewesen, sagt Sriti. Er meide | |
| Menschenansammlungen, nicht nur wegen Corona. Denn als 16-Jähriger ist er | |
| Ende 2018 in eine erniedrigende, auf Video dokumentierte Polizeifalle | |
| geraten: Die Polizei ließ in seinem Viertel über 150 Schüler*innen am Rande | |
| einer Demonstration stundenlang niederknien, gefesselt mit Handschellen | |
| oder Kabelbindern. Yasser Sriti war einer von ihnen. | |
| Die taz schrieb damals [1][über ihn und seine Mutter Rachida.] Sie gründete | |
| danach ein „Kollektiv zur Verteidigung junger Menschen“ mit. Erst jetzt, im | |
| Mai 2020, begann nach diversen Vorermittlungen endlich eine staatliche | |
| Untersuchungskommission mit ihrer Arbeit. Sie prüft, ob bei dem erzwungenen | |
| Kniefall der Tatbestand der Folter vorliegt – ein erster großer Erfolg für | |
| das Kollektiv. Doch nur zu selten werden bis jetzt Fälle von Polizeigewalt | |
| von französischen Gerichten verurteilt. Oft werden die Untersuchungen | |
| vorher eingestellt, weil die Gewalt angeblich nicht zwingend dokumentiert | |
| ist. | |
| Vor drei Wochen allerdings kamen vier Beamte einer Spezialeinheit in | |
| Untersuchungshaft, weil sie eine Gruppe von Gelbwesten und Journalisten | |
| zusammengeschlagen hatten. Die Menschen waren Ende 2018 während einer | |
| Demonstration in ein Pariser Schnellrestaurant geflüchtet. | |
| Am Parkplatz berichtet Yasser Sriti derweil, und die getigerte Katze sitzt | |
| noch immer auf der bröckelnden Balkonbrüstung, dass er schon längst | |
| aufgehört habe zu zählen, wie oft er seit seinem 13. Geburtstag von der | |
| Polizei ohne Grund auf der Straße oder vor einem Geschäft kontrolliert | |
| wurde. Mit seinen fünf jüngeren Geschwistern lebt er „gern hier im Val – | |
| dort, wo die ‚echten Franzosen‘ fast nie einen Fuß reinsetzen“. Doch oft, | |
| sagt er, „oft fühle ich mich wie in einem Zoo mit brutalen Wärtern“. Die | |
| Wärter, das sind für Sriti Polizisten, „ich sage nicht: die Polizei“. Es | |
| gebe einige hier, die seien verständnisvoll und freundlich. Aber sie | |
| wechselten ständig, „und auch das macht die Atmosphäre so angespannt“. | |
| Sritis Viertel Le Val Fourré ist ein sogenanntes „quartier sensible“, die | |
| Arbeitslosigkeit ist hoch, die Armuts- und Kriminalitätsrate auch. Fast | |
| 30.000 Menschen lebten hier in den 1990er Jahren auf engem Raum, es war | |
| eins der am dichtesten besiedelten Viertel Europas. Viele Hochhaustürme | |
| sind seitdem eingerissen worden, die Bebauung zum Teil humaner geworden. | |
| Die Probleme aber seien fast alle geblieben, meint Sriti. | |
| Was die Situation für viele Menschen nicht leichter macht: Kontrollen, | |
| meist anhaltslos, sind anstrengender Alltag. Sie betreffen überproportional | |
| Nichtweiße, Menschen aus der Türkei, Afrika und arabischen Ländern. Die | |
| allermeisten im Viertel zählen zu diesen Gruppen. Brutale Übergriffe durch | |
| die Polizei sind allerdings selten filmisch so gut dokumentiert worden wie | |
| im Fall der niederknienden Schüler*innen von Mantes-la-Jolie. | |
| Yasser Sriti, der diese entwürdigende Situation „niemals vergessen“ wird, | |
| wie er sagt, will kein Foto von sich machen lassen. Dann stimmt er doch | |
| einer Aufnahme zu, einer, die sein Gesicht nicht zeigt. Einen Wunsch will | |
| er noch loswerden: „Wir brauchen in den Vorstädten unbedingt mehr Polizei, | |
| die nicht ‚typisch weiß französisch ist‘. Die gibt es, aber ich kann mich | |
| nicht erinnern, jemals von einer solchen kontrolliert worden zu sein.“ | |
| ## Der französische George Floyd heißt Adama Traoré | |
| Diese Aussage deckt sich mit Untersuchungen von Sébastian Roché, einem | |
| Soziologen aus Grenoble. Zahlen zum ethnischen Hintergrund der Polizei | |
| fehlten; immer noch seien Minderheiten dort zu wenig vertreten. | |
| „Transparenz in den französischen Sicherheitsorganen gibt es nicht“, es | |
| fehle auch eine Dokumentation der ständigen Kontrollen. Und Bewusstsein für | |
| die Brisanz von Racial Profiling „existiert dort immer noch selten“, | |
| erklärt Roché am Telefon. Junge Menschen würden in französischen Vorstädten | |
| bereits bisweilen schon ab dem elften Lebensjahr kontrolliert. Roché sagt: | |
| „Immer noch fehlt es der organisatorisch kompliziert aufgestellten Behörde | |
| an einer grundlegenden und wertschätzenden Strategie im Kontakt mit den | |
| Menschen.“ | |
| Durch den Mord an George Floyd ist auch der Fall von Adama Traoré wieder in | |
| die französische Öffentlichkeit getragen worden. Im Juli 2016 starb der | |
| damals 24-Jährige, dessen Eltern aus Mali stammen, bei einer Festnahme | |
| durch die Gendarmerie, rund 60 Kilometer nördlich von Paris. Assa, die | |
| Schwester von Traoré, ist seit Ende Mai zu einer Art Ikone der | |
| französischen Anti-Rassismus-Bewegung geworden. Dutzende Zeitungen | |
| porträtierten sie, die Illustrierte Paris Match widmete ihr und dem Comité | |
| Adama eine mehrseitige Fotostrecke. | |
| Die Beweislage ist in seinem Fall kompliziert. Es existieren mehrere | |
| widersprüchliche medizinische Expertisen zu seinem Atemstillstand; ein | |
| Video des Tathergangs auf der Polizeiwache gibt es nicht. Anders liegen die | |
| Dinge beim Tod des Kurierfahrers Cédric Chouviat im Pariser Zentrum, an dem | |
| Polizisten wohl maßgeblich beteiligt waren. Chouviat hatte den Beginn der | |
| Polizeikontrolle am 3. Januar dieses Jahres noch selbst auf seinem Handy | |
| gefilmt. Die Ermittlungen laufen. | |
| ## Auch die Polizei protestiert – gegen die Proteste | |
| Und dann sind da noch ganz andere Bilder aus Frankreich zu sehen, die um | |
| die Welt gegangen sind. Sie zeigen das Pariser Vergnügungsetablissement | |
| Bataclan im Dunkeln. Nur Straßenlichter und der Schein von Mobiltelefonen | |
| erhellen die Gesichter Hunderter Polizist*innen, die demonstrativ ihre | |
| Handschellen auf den Asphalt werfen. Sie legen symbolisch ihre Arbeit | |
| nieder. | |
| Solche Protestaktionen finden sich viele im ganzen Land. Am Bataclan ist es | |
| aber etwas ganz Besonderes: Der legendäre Konzertsaal war einer der | |
| Anschlagsorte der Terroranschläge vom 13. November 2015. Die Polizisten | |
| protestieren gegen die Vorwürfe der rassistischen Gewalt und das Verbot des | |
| Innenministers, bei Festnahmen mit dem Arm auf die Luftröhre von | |
| Festgenommenen zu pressen. | |
| Damals, im Winter 2015, lobte Frankreich seine Polizei für ihren Mut und | |
| Einsatz. Fast fünf Jahre später sieht ein wachsender Teil der Franzosen die | |
| Polizei als Befeuerer der Hölle. Fünf Jahre sind vergangen, in denen es zu | |
| heftiger, erschütternder Gewalt von Ordnungshütern an ihren Bürger*innen | |
| kam. Viele Menschen haben Anzeigen erstattet, die allermeisten Ermittlungen | |
| verlaufen nach Aussagen von Anwälten aber im Sande. Fünf Jahre sind | |
| vergangen, in denen nicht wenige Demonstrant*innen rabiat auch mit den | |
| Ordnungshütern umgingen. | |
| Der gesellschaftliche Diskurs in Frankreich war immer schon rauflustiger | |
| und aggressiver als anderswo. Das Problem aber ist, dass die sozialen | |
| Gräben stetig tiefer und tiefer werden, der Frust noch größer – auf beiden | |
| Seiten. Wer darüber mit Polizeivertreter*innen sprechen will, stößt | |
| allerdings auf eine Mauer des Schweigens. | |
| ## Der Ruf nach dem starken Staat bleibt aus | |
| Was jetzt hoffen lässt, ist, dass nicht wenige Franzosen nicht mehr | |
| reflexartig nach dem starken Staat oder gleich dem starken Mann oder der | |
| starken Frau rufen, sondern den zivilen Staat und dessen Bürger*innen in | |
| der Pflicht sehen. Solidarität ist gefragt, die niemanden ausschließt und | |
| für alle Hautfarben und sexuellen Orientierungen ihren sicheren Platz im | |
| Gemeinwesen Frankreich bietet. | |
| Diesen Gedanken, der sich durch die aktuellen Demonstrationen gegen | |
| Rassismus und Polizeigewalt zieht, will Staatspräsident Emmanuel Macron | |
| nicht akzeptieren. Er sagte in seiner Fernsehansprache vom 14. Juni, einen | |
| Tag nach der zweiten großen Pariser Demonstration: „Dieser Kampf ist nicht | |
| hinnehmbar, wenn er von Separatisten gekapert wird.“ Gegen Rassismus, | |
| Antisemitismus und Diskriminierung müsse selbstverständlich angegangen | |
| werden, aber bitte nicht so. Wie dann? Die Französische Republik hat | |
| erkennbar Probleme mit der Akzeptanz ihrer staatlichen Organe – und | |
| Menschen, die das thematisieren, werden an den Pranger gestellt. | |
| Erst kürzlich hat der machtlose Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, | |
| Jacques Toubon, daran erinnert, dass das „System Frankreich“ als Ganzes in | |
| Frage stehen müsse: „ein System, das Ungleichheiten schafft und erhält“. | |
| Für Menschen, die nicht französisch aussähen und materiell nicht gut | |
| gestellt seien, „hält die Republik nicht ihre Versprechungen“, schreibt | |
| Toubon in seinem jüngsten Bericht. | |
| Dass zumeist friedliche Menschen, die sich um ihre Republik sorgen, von | |
| ihrem Staatsoberhaupt als Separatisten und Querulanten bezichtigt werden, | |
| ist ein trauriges Stück Geschichte. Dass sowohl auf den Anti-Rassismus- und | |
| Anti-Polizeigewalt-Demos als auch auf den Demos der Polizei jeweils die | |
| Nationalhymne, die Marseillaise aus französischen Revolutionstagen, | |
| gesungen wird, ist aufschlussreich. Frankreich stellt sich derzeit große | |
| Fragen: Was ist das – die Republik? Was sind ihre Werte? Und wer verteidigt | |
| wie militant diese Republik? | |
| ## Fragile Proteste | |
| Der Druck von Aktionsgruppen gegen Polizeigewalt und Rassismus nimmt zu. So | |
| sieht es auch Dominique Sopo, Pariser Gymnasiallehrer, Präsident von SOS | |
| Racisme und Sohn französisch-togolesischer Eltern. „Doch, auch wenn ich | |
| dafür kritisiert werde: ein großer Teil dieses wichtigen Protestes wird | |
| leider fragil sein. Denn er geht wegen der Flüchtigkeit und Emotionalität | |
| sozialer Medien oft nicht in die Tiefe.“ | |
| Es sei leicht, sagt Sopo am Telefon, mal eben seinen Instagram-Account für | |
| ein paar Tage aus Solidarität schwarz einzufärben. Viel schwerer sei es, | |
| dauerhaft niemanden mehr auszugrenzen und dafür zu kämpfen, dass es Bildung | |
| und soziale Sicherheit für ausnahmslos alle Menschen in dieser Republik | |
| gibt. Der 43-Jährige sieht seine Heimat auf einem konfliktreichen Weg „in | |
| eine postrassistische Gesellschaft“. Ob er gelingt? „Lassen Sie uns im | |
| Gespräch bleiben“, sagt Sopo. „Mit der Polizei, wie sie jetzt aufgestellt | |
| ist, wird der Weg in Zukunft noch unwegbarer.“ | |
| Wer einmal auf der Île de la Cité, nahe der Kathedrale von Notre-Dame, den | |
| prächtigen, grell in Landesfarben angestrahlten Sitz der mächtigen Pariser | |
| Polizeipräfektur gesehen hat, fühlt sich bestätigt in dem, was nicht wenige | |
| französische Wissenschaftler*innen und Jurist*innen konstatieren: Die | |
| Polizei mit ihren komplizierten Hierarchien und Dienstgraden sei eine Art | |
| Staat im französischen Staat, hochgerüstet und extrem autoritär geführt. | |
| Ihre Kontrolle funktioniere nur sehr begrenzt durch das Innen- und | |
| Justizministerium sowie die Nationalversammlung. | |
| „Dabei sollte genau das in einer echten Demokratie der Fall sein“, fordert | |
| Polizeiexperte Sébastian Roché. Und die Juristin Magali Lafourcade, | |
| spezialisiert auf Menschenrechte, plädierte jüngst in einem Essay für Le | |
| Monde, die Polizei als Institution dringend abzurüsten, dafür endlich | |
| besser zu bezahlen und sinnvoll auszustatten. Die Bürger*innen sollten ins | |
| Zentrum rücken und ein Recht auf eine serviceorientierte Behörde haben, die | |
| für Freiheitsrechte einstehe. Diese sollte aber ebenso geachtet werden. | |
| „Menschenrechte sind nicht als pure Deko gedacht. Sie erhalten unseren | |
| republikanischen Pakt am Leben“, schrieb Magali Lafourcade. | |
| Gespannt warten die Franzosen darauf, wie sich der neu ernannte, von | |
| Feministinnen stark kritisierte Justiziminister Éric Dupond-Moretti | |
| positionieren wird. „Mein Ministerium wird auch das des Antirassismus und | |
| der Menschenrechte sein“, sagte der 59-Jährige bei seinem Amtsantritt. | |
| Zuvor hatte er als bekannter Strafverteidiger unter anderem Opfer von | |
| Polizeigewalt vertreten – so auch die [2][Familie Luhaka] aus der Pariser | |
| Vorstadt Aulnay-sous-Bois. | |
| ## Der Fall Théo Luhaka | |
| Dort leidet der Schwarze Théo Luhaka, 25, seit einer brutalen | |
| Polizeikontrolle einer Spezialeinheit noch immer unter den Folgen seiner | |
| Verletzung. Er sei mit Stöcken attackiert worden, als er gefragt habe, | |
| warum sein Freund kontrolliert werde, lautet der Vorwurf. Einer der | |
| Polizisten soll einen Schlagstock in Théo Luhakas Anus eingeführt haben. | |
| Ein medizinisches Gutachten konstatiert eine dauerhafte Körperbehinderung. | |
| Der Prozess gegen die vier Flics wird wohl im nächsten Jahr beginnen. | |
| „Théo liegt oft auf seinem Bett und sagt nichts“, erzählt sein älterer | |
| Bruder Christopher beim Gespräch in dem kleinen Garten des Elternhauses. | |
| Der 27-jährige Bruder arbeitet als Profifußballer bei einem belgischen | |
| Zweitligisten, er hat während der Coronapandemie häufiger Trainingspausen, | |
| die er zur Unterstützung von Théo nutzt. Er versucht jetzt einen Verein zu | |
| gründen, der Kindern aus benachteiligten Vierteln Sport anbietet, der sie | |
| stärkt. Théo habe Lieder aufgenommen, er versuche einiges, er fühle sich | |
| nur nicht stark genug. Die Lieder klingen nach Rap und nach Blues, sie sind | |
| eingängig und traurig zugleich. Besuch möchte er nicht empfangen. | |
| Im Schatten eines Obstbaumes sitzt neben Christopher die ältere Schwester | |
| Eléonore im Garten. „Ich bin nicht für die Abschaffung der Polizei, ich bin | |
| für das Gewaltmonopol des Staates“, sagt die selbständige Sozialarbeiterin. | |
| „Aber ihr müsst euch ändern, Polizei! Behandelt uns nicht weiter brutal wie | |
| Deppen. Begegnet uns mit Respekt“, verlangt sie. | |
| Eléonore Luhaka kann mit Hass auf „die Polizei“ nichts anfangen, selbst | |
| nach der Tat an ihrem Bruder Théo nicht. Sie plädiert für institutionelle | |
| Ordnung. „Sonst haben wir hier Bürgerwehren und das Recht des Stärkeren – | |
| das geht noch schiefer, als es jetzt schon schiefgeht!“ Dann sei wirklich | |
| Schluss mit „liberté, égalité, fratérnité“. | |
| Sie lacht kehlig. Eléonore Luhaka sieht die aktuellen Demonstrationen als | |
| historische Chance, endlich Rassismus und Polizeigewalt auf Dauer zu | |
| beenden. Aber sie sieht auch die Gefahren: „Mir ist auf allen Ebenen zu | |
| viel Emotion dabei. Wenn wir jetzt bewusst Hass schüren, bekommen wir noch | |
| mehr Hass zurück.“ Die Polizei spiegele die Politik aus Paris, und die sei | |
| auf Härte aus, feiere antiquiertes Heldentum. Definitiv gehe es hier „nicht | |
| um Verständigung oder gar Verständnis.“ | |
| Auch der Anwalt der Familie, Antoine Vey, der frühere Sozius des | |
| Justizministers, hält mit Kritik an Polizei und Regierung nicht hinter dem | |
| Berg: „Die Polizei ist ein Problem. Sie müsste komplett neu organisiert und | |
| ständig sinnvoll kontrolliert werden.“ Im Fall von Théo Luhaka habe ihn von | |
| Anfang an beschäftigt, „wie eine simple Polizeikontrolle in solch | |
| bestialische Gewalt umschlagen kann. Théo hatte keine Vorstrafen, nichts.“ | |
| Am Rande des belebten Marktplatzes von Le Val Fourré verabschiedet sich | |
| höflich der Abiturient Yasser Sriti, den Polizisten vor zwei Jahren mit 150 | |
| anderen Schüler*innen zusammentrieben und niederknien ließen. „ À la | |
| prochaine“ – „bis zum nächsten Mal“, sagt er. | |
| 15 Jul 2020 | |
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