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# taz.de -- Black-Lives-Matter-Demo in Frankreich: Polizei blockiert BLM-Demo
> 20.000 Menschen wurden in Paris davon abgehalten, zu demonstrieren.
> Gründe: eine fehlende Genehmigung sowie rechtsextreme Gegendemonstranten.
Bild: Antira-Demo in Paris: Der Fall George Floyd hat etwas in Frankreich losge…
Paris taz | Am Samstag wurden in Paris und anderen französischen Städten
trotz Versammlungsverbot zahlreiche [1][Kundgebungen gegen Rassismus und
Polizeigewalt] organisiert. In Paris hinderte aber die Polizei rund 20.000
Personen daran, wie angekündigt friedlich von der Place de la République
zur Place de l'Opéra zu marschieren. Die Begründung war, dass für die
Kundgebung keine Bewilligung erteilt worden sei.
Einen zusätzlichen Anlass lieferte den Behörden Provokationen von
rechtsradikalen Gegendemonstranten der Gruppe „Génération identitaire“.
Nach etwas mehr als zwei Stunden begannen die Ordnungtruppen, die den
großen Platz abgeriegelt hatten, die antirassistische Kundgebung mit
Tränengaseinsatz zu räumen. Zur Rechtfertigung erklärte ein Polizeisprecher
den Medien, unter den friedlich Versammelten habe es aggressive Gruppen von
„Ultralinken“ gegeben.
Der auf dem Platz anwesende [2][Chef der Linkspartei La France insoumise,
Jean-Luc Mélenchon], beschuldigte den Pariser Polizeichef, mit seinem
Vorgehen nicht nur das Demonstrationsrecht zu missachten, sondern mutwillig
gewaltsame Zusammenstöße in Kauf zu nehmen. Wegen der Gefahr von
Ausschreitungen mussten die Geschäfte entlang der Pariser Demoroute von der
Place de la République zum Opernplatz im Stadtzentrum auf Anordnung der
Polizeibehörden schließen. Dies empörte besonders die Inhaber der Cafés und
Restaurants, die nach den Covid-Restriktionen seit Kurzem gerade ihre
Terrassen öffnen durften.
## Adama Traoré – gestorben wie George Floyd
Anlass der Demonstrationen an diesem Samstag ist der Fall von Adama Traoré,
der aufgrund von Parallelen zu George Floyd als französisches Exempel
betrachtet werden kann. Im Unterschied zu Minneapolis, wo ein Polizist
minutenlang auf dem Nacken des mit Handschellen gefesselten Floyd kniete,
existiert von der Festnahme des 24-jährigen Traoré im Juli 2016 kein Video.
Zum Ablauf der Festnahme in einem Vorort im Norden von Paris und zu den
Ursachen von Traorés Tod gibt es widersprüchliche Gutachten. Drei
Angehörige der Gendarmerie sollen zu dritt Traorés Oberkörper zu Boden
gedrückt haben. Ein erster Untersuchungsbericht hatte als Todesursache ein
Herzversagen wegen eines Ödems angegeben. Traorés Angehörige und Freunde
haben an dieser Version gezweifelt. Sie [3][organisierten mit der Forderung
nach „Wahrheit und Sühne“] eine öffentliche Kampagne und verlangten ein
unabhängiges Gutachten. Dieses kommt nun zum Schluss, dass der junge Mann
erstickt worden sei.
## Polizei schmeißt Handschellen zu Boden
Wütend sind auch viele Polizisten. Sie fühlen sich durch die Gewalt- und
Rassismusvorwürfe der Demonstrierenden und Medien pauschal „beschmutzt und
verunglimpft“, wie ein Polizeigewerkschaftssprecher sagte. Vor zahlreichen
Kommissariaten protestierten Polizeibeamte in Uniform und Zivil, indem sie
demonstrativ ihre Handschellen zu Boden schmissen.
Innenminister Christophe Castaner hatte zu Wochenbeginn angeordnet, dass
der potenziell tödliche Würgegriff bei Festnahmen in Zukunft nicht mehr
praktiziert und auch in der Polizeiausbildung nicht gelehrt werden solle.
Auch drohte Castaner Polizeibeamten künftig mit „sofortiger Suspendierung
vom Dienst“ bei „bestätigtem Verdacht von Rassismus“ – unabhängig von
eventuellen Strafverfahren oder Disziplinarmaßnahmen.
Französische Kolonialgeschichte
Die Solidarität mit schwarzen Opfern von Polizeigewalt und den
antirassistischen Protesten in den USA nach dem Tod von George Floyd in
Minneapolis hat in Frankreich etwas in Gang gebracht. So werden auch andere
Fälle neu aufgerollt. Etwa der Fall von Théo, der als 27-Jähriger 2017 in
Aulnay-sous-Bois mit einem Polizeischlagstock anal schwer verletzt worden
war. Trotz historischer Differenzen zu den USA ist die Polizeigewalt und
Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe auch in Frankreich ein
wiederkehrendes Thema.
Bei der Debatte über Polizeigewalt und Racial Profiling geht es auch um die
Verdrängung der französische Kolonialgeschichte in Afrika. Das erklärt auch
die scharfen Reaktionen von ganz rechts. Diese vertauscht die historischen
Rollen, wenn sie heutigen Antirassismus als Form von „Rassismus gegen
Weiße“ darstellen will. So fühlt sich beispielsweise die Rechtsextremistin
Marion Maréchal Le Pen, die Nichte der Parteichefin des Rassemblement
national, von den Antirassisten persönlich angegriffen: „Als Weiße und
Französin muss ich mich mich nicht für den Tod eines Afroamerikaners
entschuldigen.“ Später verurteilte sie namentlich alle Formen von (später)
Reue für die Verbrechen der Sklavenhändler und kolonialistischen
Ausbeutung.
13 Jun 2020
## LINKS
[1] /Proteste-gegen-Polizeigewalt-in-Paris/!5687912
[2] /Franzoesischer-Kandidat-Melenchon/!5398995
[3] /Demo-gegen-rassistische-Polizeigewalt/!5690393
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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