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# taz.de -- Demo gegen rassistische Polizeigewalt: Rund 20.000 in Paris auf der…
> Neue medizinische Befunde zum Tod von Adama Traoré haben Proteste in
> Paris ausgelöst. Der 24-Jährige war 2016 bei einer Festnahme gestorben
Bild: Demonstrantin in Paris
Paris taz | Rund 20.000 Personen haben am Dienstagabend in Paris gegen
Polizeigewalt demonstriert. Die Kundgebung war von der Polizeipräfektur
unter Hinweis auf die Corona-Sicherheitsbestimmungen verboten worden. Beim
Einsatz der Polizei, die diese Proteste vor dem Justizpalast nahe der Porte
de Clichy auflösen wollte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen.
Der eigentliche Anlass der Demonstration war ein Untersuchungsbericht und
ein neuer Autopsiebericht zu einer Festnahme mit tödlichen Folgen für einen
schwarzen jungen Mann in der französischen Hauptstadt. Der Vorfall weist
durchaus Analogien zum Tod von George Floyd in den USA auf, der zu den
derzeitigen Protesten in den USA geführt hat. Seit vier Jahren bereits
fordern die Angehörigen und Freunde von Adama Traoré, der 2016 bei seiner
Festnahme durch die Polizei in Persan im Nordwesten von Paris gestorben
ist, die volle Wahrheit und Gerechtigkeit.
Ein erster Untersuchungsbericht hatte als Todesursache ein Herzversagen
wegen eines Ödems angegeben. Demnach hätten die drei an der gewaltsamen
Festnahme beteiligten Beamten den 24-jährigen Traoré nicht erstickt, indem
sie auf seinen Oberkörper sitzend die Atmung verunmöglichten, wie dies von
seiner Familie vermutet wird. Wie die amerikanischen Kollegen praktizieren
auch französische Polizisten diese gefährliche und brutale Methode zur
Überwältigung und Kontrolle, eine Person bäuchlings auf den Boden zu
drücken.
Die Familie Traoré verlangte in der Folge eine neue und von den Behörden
unabhängige Expertise. Diese kommt nun zum Schluss, dass der junge Mann
erstickt worden sei. Das müsste nach Meinung der Familie und der
Demonstrierenden logischerweise einen Prozess und eine Verurteilung des
beteiligten Polizeibeamten nach sich ziehen.
## „Ohne Gerechtigkeit für Adama gibt es keinen Frieden“
Viele der Demonstrierenden sind überzeugt, dass in [1][Frankreich unzählige
Fälle von Polizeigewalt, namentlich gegen Jugendliche in den
Vorstadtsiedlungen], systematisch ungestraft geblieben sind. Auf T-Shirts
der Protestierenden stand zu lesen: „Ohne Gerechtigkeit für Adama gibt es
keinen Frieden“. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer zogen mit Schildern
auch die Verbindung zum Protest in den USA. Auf ihnen war auf Englisch zu
lesen: „I can't breathe!“ „Ich kann nicht atmen“, hatte George Floyd
vergeblich gestöhnt, während ein weißer Polizist ihm fast neun Minuten lang
sein Knie in den Nacken drückte.
Assa Traoré, die Schwester des Opfers, führt seit Jahren den Kampf gegen
den beispielhaft gewordenen Fall vermutlicher Polizeigewalt ihres Bruders
an. Vor dem Gerichtsgebäude rief sie den DemonstrantInnen zu: „Alle, die
wir heute hier versammelt sind, werden in die Geschichte eingehen. Ihr
werdet sagen können, dass ihr bei dieser Umwälzung dabei wart. Und das ist
erst der Anfang. Wir haben vor ein paar Tagen zu dieser Kundgebung
aufgerufen, das nächste Mal werden wir besser organisiert sein.“ Auch in
Lille, Marseille und Lyon haben jeweils mehrere hundert Personen
demonstriert.
Der französische Innenminister Christoph Castaner erklärte auf Twitter: „In
einer Demokratie hat die Gewalt keinen Platz. Nichts rechtfertigt die
Ausschreitungen, die sich in Paris ereignet haben, obwohl Ansammlungen in
der Öffentlichkeit zum Schutz der Gesundheit aller verboten sind.“ Er
betonte, die Regierung bekämpfe „den Rassismus mit Entschlossenheit überall
und jedes Mal, wenn dies notwendig ist“.
Kürzlich hatte auch die [2][Sängerin und Schauspielerin Camélia Jordana auf
eine systematische Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe bei polizeilichen
Personenkontrollen hingewiesen], weil nichtweiße Menschen viel häufiger
angehalten oder gar verdächtigt würden. Da Castaner dies leugnete, forderte
sie den Minister zu einer öffentlichen Fernsehdebatte heraus – bisher ohne
Antwort. Die in Toulon geborene Jordana, deren Eltern aus Algerien
eingewandert waren, sagte am 23. Mai, was viele andere empfinden: „Die
Polizisten sind da, um uns zu schützen, aber es gibt Tausende, die sich in
Gegenwart von ‚Flics‘ nicht in Sicherheit fühlen, und ich gehöre zu ihnen…
## Protest gegen ungesühnte rassistische Brutalität
Ohne Adama Traorés Namen zu nennen, protestierte sie gegen eine ungesühnte
rassistische Brutalität und sprach über den Hass vieler Jugendlicher gegen
die Polizei: „Wenn nicht jedes Mal, wenn ein schwarzer, arabischer oder
schlicht nichtweißer Mann oder auch eine Frau getötet wird, das Verfahren
(ohne Prozess) eingestellt würde, gäbe es vielleicht nicht diese
Ressentiments gegen die ‚Flics‘“, die in vielen Quartieren existieren.
3 Jun 2020
## LINKS
[1] /Polizeigewalt-im-Pariser-Vorort/!5382324
[2] https://www.huffingtonpost.fr/entry/camelia-jordan-violences-policieres-onp…
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
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