# taz.de -- Notorischer Holocaustleugner: Horst Mahler kommt frei | |
> Zehn Jahre saß der Rechtsextreme im Gefängnis, nun wird er aus der Haft | |
> entlassen. Die Behörden aber wollen dem 84-Jährigen strenge Auflagen | |
> erteilen. | |
Bild: Rechtsextremer und notorischer Holocaustleugner: Horst Mahler 2017 im Kna… | |
Berlin taz | Gut zehn Jahre hat es gedauert, nun wird Horst Mahler wieder | |
in Freiheit kommen. Dann wird der einstige RAF-Kämpfer und heutige | |
Holocaustleugner mit 84 Jahren die Mauern der JVA Brandenburg an der Havel | |
hinter sich lassen. In vier Wochen, am 27. Oktober. | |
Den Termin teilte Mahler seinen Unterstützer*innen in einem aktuellen | |
Schreiben mit. „So nah ist also der Tag, an dem ich meinen Haftraum hier | |
verlassen werde“, schreibt er. Die JVA Brandenburg bestätigte der taz den | |
Termin. Gestritten wird indes noch über Führungsauflagen, die Mahler | |
erhalten soll, wenn er wieder in Freiheit ist – denn der Rechtsextremist | |
ließ in der Haft [1][keinen Verdacht aufkommen, geläutert zu sein]. | |
Noch in den Siebzigern ging der Anwalt mit der RAF in den Untergrund, wurde | |
festgenommen und zu einer 14-jährigen Haftstrafe wegen Bildung einer | |
kriminellen Vereinigung und Bankraubs verurteilt. Nach seiner Entlassung | |
begann Mahlers Weg in den Rechtsextremismus, der ihm eine ganze Reihe an | |
Verurteilungen einbrachte: Immer wieder leugnete er den Holocaust, zeigte | |
einen Hitlergruß oder begrüßte den Journalisten und ehemaligen | |
Vize-Vorsitzenden des Zentralrats der Juden Michel Friedman mit „Heil | |
Hitler“. Am Ende summierte sich eine Haftstrafe von zehn Jahren und zwei | |
Monaten, die Mahler seit 2009 in der JVA Brandenburg absitzt. Zuvor wohnte | |
er nicht weit entfernt, in Kleinmachnow bei Berlin. | |
Aber auch in Haft veröffentlichte Mahler antisemitische Traktate, die ihm | |
neue Anklagen einhandelten. Eine vorzeitige Haftentlassung schied deshalb | |
aus. 2015 aber erhielt Mahler einen Strafausstand wegen Haftunfähigkeit: | |
Aufgrund einer Diabetes-Erkrankung und Wundentzündung musste ihm ein | |
Unterschenkel amputiert werden. Als Mahler seine Tiraden fortsetzte, sollte | |
er 2017 wieder in Haft, [2][setzte sich aber nach Ungarn ab] – um dort 27 | |
Tage später festgenommen und wieder inhaftiert zu werden. | |
## Das LKA will mitlesen | |
Nun hat Mahler seine Strafe komplett abgesessen. Die Justiz aber vertraut | |
dem 84-Jährigen weiter nicht. So pocht die wegen der letzten Verurteilung | |
zuständige Staatsanwaltschaft München auf eine fünfjährige Führungsaufsicht | |
für Mahler. Die Behörde äußert sich dazu nicht, aber dies geht aus einer | |
Verfügung hervor, die der taz vorliegt. Mahler müsse sich demnach | |
spätestens drei Tage nach Haftentlassung bei einem Bewährungshelfer melden, | |
diesen mindestens einmal im Quartal treffen. | |
Einschneidender noch: Ihm sei „die Veröffentlichung von Text- und | |
Sprachbeiträgen im Internet oder in sonstigen Medien verboten“ – es sei | |
denn, er lege seine Beiträge eine Woche vor Erscheinen dem Staatsschutz | |
beim LKA Brandenburg vor, unter Nennung des Erscheinungsortes. Auf seiner | |
bis heute bestehenden Website seien ihm Veröffentlichungen dagegen gänzlich | |
zu verbieten. | |
Für die Staatsanwaltschaft ist das Ziel, „den Verurteilten an der | |
Verbreitung von Texten zu hindern, die den Tatbestand strafbarer | |
Äußerungsdelikte erfüllen“. Denn, so die Verfügung: „Der Verurteilte hat | |
sich durch die verhängten Strafen nicht beeindrucken lassen.“ Es bestehe | |
„die konkrete Gefahr“, dass Mahler weiter „antisemitisches Gedankengut | |
verbreiten wird“. „Zahlreiche“ seiner jüngsten Texte erfüllen den | |
Tatbestand der Volksverhetzung. | |
Mahler weist dies in seinem Schreiben als „verleumderische | |
Falschbehauptung“ zurück – und reagiert erneut mit antisemitischen | |
Ausfällen. Es bestehe eine „jüdische Fremdherrschaft über das deutsche | |
Volk“, ätzt er. „Deutschwillige Deutsche“ wie er seien „im jüdischen | |
Machtbereich vogelfrei“. | |
## Null Kooperationsbereitschaft | |
Die Staatsanwaltschaft hält die Weisungen dagegen für „verfassungsgemäß�… | |
Es bestehe ja „kein allgemeines Publikationsverbot“, die Meinungsfreiheit | |
sei weiter gewahrt. Und die Textvorlagen beim LKA seien eine „reine | |
Anzeigepflicht“, um Straftaten zu verhindern, keine inhaltliche staatliche | |
Kontrolle. | |
Nun muss das Landgericht Potsdam über die Auflagen entscheiden. Laut einer | |
Sprecherin wurde dazu ein nichtöffentlicher Anhörungstermin am 8. Oktober | |
anberaumt. Auch der steht allerdings auf der Kippe – weil sich Mahler | |
bisher weigert, daran teilzunehmen. Bereits in der Haft war er laut | |
Justizunterlagen ein Einzelgänger, verweigerte eine „Mitarbeit am | |
Vollzugsziel“. Eine Zusammenarbeit mit Sozialarbeiter*innen lehnte er | |
gänzlich ab. | |
In seiner Szene dürfte Mahler jedoch wieder Anschluss finden. | |
Unterstützer*innen hielten seine Webseite aufrecht und schickten ihm Briefe | |
in die JVA, es gab Kundgebungen für seine Freilassung. Auch wenn es zuletzt | |
stiller um ihn geworden war, behalten die Sicherheitsbehörden Mahlers | |
Haftentlassung im Blick. Die JVA Brandenburg teilte indes mit, Erkenntnisse | |
„über etwaige Aktionen“ anlässlich der Entlassung lägen derzeit nicht vo… | |
29 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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