# taz.de -- Schauspieler Birol Ünel ist tot: Eine große Präsenz | |
> Als exzentrischer Koch aus „Soul Kitchen“ bleibt er in Erinnerung. Der | |
> Schauspieler Birol Ünel ist nach schwerer Krankheit im Alter von 59 | |
> Jahren gestorben. | |
Bild: Der Schauspieler Birol Ünel bei den Dreharbeiten zum Kinofilm „August�… | |
Berlin taz/dpa | Der Schauspieler Birol Ünel ist tot. Die Intendantin des | |
Berliner [1][Maxim-Gorki-Theaters], Shermin Langhoff, bestätigte, dass Ünel | |
nach schwerer Krankheit in einem Berliner Krankenhaus gestorben ist. Er | |
wurde 59 Jahre alt. | |
Birol Ünel kam am 18. August 1961 in der türkischen Stadt Silifke zur Welt. | |
Als er sieben Jahre alt war, zog er mit seinen Eltern in ein Dorf bei | |
Bremen. Nach seinem Abschluss an der Hauptschule machte er eine Ausbildung | |
zum Parkettleger. 1982 wurde er dann an der Schauspielschule von Hannover | |
angenommen und studierte dort intensiv Method-Acting. | |
Immer wieder übernahm Birol Ünel größere Rollen in den Filmen des Hamburger | |
Regisseurs Fatih Akin. Für dessen Kinofilm „Gegen die Wand“ gewann er 2004 | |
den Deutschen Filmpreis als bester Hauptdarsteller. Darin spielte er an der | |
Seite von Schauspielerin Sibel Kekilli den alkoholkranken und | |
drogensüchtigen Deutschtürken Cahit Tomruk, der mit Sibel Güner, einer in | |
Deutschland geborenen und aufgewachsenen Türkin, eine Scheinehe eingeht. | |
Güner will dadurch den Moralvorstellungen ihrer Eltern entgehen, | |
schließlich verlieben sich die beiden ineinander. Der Film erhielt | |
zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem gewann er den Goldenen Bären der | |
Berlinale 2004. | |
„Ruhe in Frieden, mein Freund“, schrieb [2][Fatih Akin] am Freitag auf | |
seinem Instagram-Account. „Du hattest ein Licht in Dir, das mich immer | |
überwältigt hat.“ Schauspieler Lars Eidinger schließt sich der Bekundung | |
des Regisseurs an: „Nicht zu fassen. Der Beste!“ | |
Bekannt ist Birol Ünel einem größeren Publikum auch durch seine Rolle in | |
der Filmkomödie [3][„Soul Kitchen“] geworden, ebenfalls ein Film von Fatih | |
Akin, aus dem Jahr 2009. Ünel spielt darin die Rolle des [4][exzentrischen | |
Kochs Shayn Weiss], der „keinen Mist“ kochen will, sondern in dem von | |
Schließung bedrohten Restaurant eines chaotischen Besitzers mit viel Pathos | |
nur kulinarischen Raffinessen zaubern möchte: „Ich weiß so viel von | |
Restaurants, dass ich weiß, dass ich kein eigenes haben will.“ Im Streit | |
mit dem Besitzer Zinos Kazantsakis (Adam Bousdoukos) rammt er schon mal | |
theatralisch ein Messer in die Wand. | |
## Ruf, Inszenierung, Wirklichkeit als Enfant terrible | |
In dem Film „Die Unerzogenen“, aus dem Jahr 2007 in der Regie von Pia | |
Marais, spielte Birol Ünel die Rolle des Vaters Axel: „Ich hatte einen | |
Heidenrespekt vor Birol Ünel“, sagte Pia Marais 2009 [5][gegenüber der | |
taz]: „Er ist ein so toller Schauspieler. Er hat eine so große Präsenz.“ | |
Ünel war alkoholsüchtig und galt an Filmsets hinsichtlich seiner | |
Zuverlässigkeit als schwierig. In einem taz-Interview sagte er 2009: „Ich | |
liebe diesen schlechten Ruf. Er ist wie ein Sieb, das Menschen von mir | |
fernhält, die mit mir nicht arbeiten können und mit denen ich nicht | |
arbeiten möchte.“ Pia Marais kommentierte damals: „Er spielt mit diesem | |
Bild, er ist schon auch ein Rebell. Das ist vielleicht nicht immer sehr | |
klug, aber das ist ihm dann auch egal.“ | |
Sein Kinodebüt hatte Ünel 1988 in dem letzten Spielfilm unter der Regie des | |
Dramatikers Thomas Brasch „Der Passagier – Welcome to Germany“ an der Sei… | |
von Tony Curtis. Auch am Theater war Ünel tätig und war unter anderem | |
1992/93 in „Bericht an die Akademie“ zu sehen, einer Inszenierung der | |
Erzählung von Franz Kafka. An der Volksbühne trat er in Frank Castorfs „Die | |
Nibelungen – Born Bad“ (1994) auf und am Berliner Ensemble in Thomas Heises | |
Inszenierung von Heiner Müllers Stück „Der Bau“ (1994). Zuletzt wirkte | |
Birol Ünel in mehreren türkischen Filmen mit. | |
Über seine Tätigkeit vor der Kamera und auf der Theaterbühne sagte Ünel | |
2009: „Schauspieler werden diejenigen, die einen Drang verspüren, aus ihrem | |
Leben eine Quintessenz zu ziehen, und sagen: Das möchte ich in einer | |
künstlerischen Form vermitteln an andere. Ich möchte, dass Menschen, die | |
ich nicht kenne, daran teilhaben – natürlich aus einem gewissen Narzissmus | |
heraus. Ich bin gerne eine Rampensau.“ | |
4 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Spielzeit-am-Maxim-Gorki-Theater/!5706378 | |
[2] /Fatih-Akin-zum-Film-Aus-dem-Nichts/!5460666 | |
[3] /Fatih-Akin-Film-Soul-Kitchen/!5150589 | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=T2-s6UWDWA0 | |
[5] /Archiv-Suche/!516605&s=birol+%C3%BCnel&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Linda Gerner | |
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