# taz.de -- Nachruf auf Diana Rigg: Frau mit Prinzipien | |
> Die Älteren kennen sie als Agentin Emma Peel, die Jüngeren aus „Game of | |
> Thrones“. Die Schauspielerin Diana Rigg ist mit 82 Jahren gestorben. | |
Bild: Diana Rigg als Emma Peel in „Mit Schirm, Charme und Melone“ | |
Man sollte denken, dass sie für den Charme zuständig war, im etwas | |
sperrigen deutschen Titel der britischen Fernsehserie „The Avengers“, die | |
[1][Diana Rigg] bekannt machte: „Mit Schirm, Charme und Melone“. Dabei | |
stand sie vor allem für den Mut. | |
Die Film-, Fernseh- und Theaterschauspielerin, die am Donnerstag, 10. | |
September, im Alter von 82 Jahren starb, gab ihrer Serienrolle Emma Peel | |
eine Furchtlosigkeit mit, wie sie zuvor im Fernsehen – und im Kino – bei | |
Frauen selten zu finden war. | |
Neben dem chevaleresken Agenten John Steed (Patrick Macnee), der als | |
klassischer britischer Dandy den Champagnerkühler auch zur Observierung von | |
Missetätern mitnahm, gab sie zwischen 1965 und 1967 die engagierte | |
Amateurin, die von Steed vermutlich vor allem wegen ihrer Unerschrockenheit | |
zum Tatort geholt wurde (ihre Eleganz und Karatekenntnisse nahm er dabei | |
gern mit): In keiner der 51 Episoden, für die Rigg sich in die modisch | |
beeindruckende Hobbyagentin verwandelte, zeigt sie auch nur eine Spur von | |
Angst. | |
Selbst schmerzhafte Stromschläge bei einem frisierten Autorenn-Spiel, bei | |
dem ihre überragenden Fahrkenntnisse sie vor dem Tod bewahrten, versetzten | |
sie nur vorübergehend in (verständliche) Spannung – nachdem die Gefahr | |
vorbei war, zog Peel, die Steed genauso oft aus bedrohlichen Situationen | |
rettete wie umgekehrt, kurz die Augenbraue hoch. Und ließ in der letzten | |
Szene, die von den [2][Serienmacher*innen] stets zur Entspannung als | |
Abschluss des Abenteuer inszeniert wurde, schon wieder mit ihrem | |
platonischen Freund Steed die Gläser klingen. | |
## Die Fähigkeit, sich einen Mann über die Schulter zu werfen | |
Richtig glücklich war die aus Yorkshire stammende Tochter eines | |
Eisenbahningenieurs, die einige Jahre ihrer Kindheit in Indien verbrachte, | |
mit ihrer (Vorreiterinnen)-Rolle als Heldin im Leder-Jumpsuit aber nicht: | |
Sie hatte ihr Handwerk in den 50ern an der renommierten Royal Academy of | |
Dramatic Arts in London gelernt, und war danach Mitglied der Royal | |
Shakespeare Company geworden. | |
Als sie (neben über 60 weiteren Schauspielerinnen) für „The Avengers“ | |
gecastet wurde, hatten die TV-Produzent*innen die Losung ausgegeben, man | |
suche „an English rose with the ability to toss a man over her shoulder as | |
if he were a sack of feathers“ (dt. „Eine englische Rose, mit der | |
Fähigkeit, sich einen Mann wie einen Sack Federn über die Schulter zu | |
werfen“). Und so kam man, nachdem bereits Probeaufnahmen mit einer anderen | |
gemacht worden waren, auf die damals 28-jährige Theaterfrau, die sich | |
selbst äußerst unpassend für die Rolle empfand: „Ich hab nur aus Quatsch | |
mitgemacht“, sagte sie über den Screentest. | |
Rigg machte die Serie zu einem Hit – geliebt und bewundert wurde sie von | |
sehnsüchtigen Männern und Jungen genauso wie von Frauen und Mädchen, die | |
von John Bates alias Jean Varon designten Overalls fanden zudem eine solide | |
Fetisch-Fangemeinde. Doch Rigg ärgerte sich über die niedrigen | |
schauspielerischen Ansprüche und über eine ebensolche Bezahlung – sie bekam | |
trotz gleich viel „Screentime“ weit weniger Geld als Macnee. | |
Sie erkämpfte sich ein höhere Gage, stieg jedoch entnervt nach zwei Jahren | |
aus der Serie aus und gab 1969 im James-Bond-Film “Im Geheimdienst Ihrer | |
Majestät“ Bonds Ehefrau Tracy. Neben George C. Scott spielte sie 1971 in | |
der Satire „The Hospital“, und in den 70er, 80er und 90er Jahren in einigen | |
weiteren Kino- und vielen Fernsehfilmen. Bis 2018 spielte sie auch immer | |
wieder Theater, als Letztes in George Bernard Shaws „My Fair Lady“ am | |
Broadway die Rolle der Mrs. Higgins. Und in den 2010ern war sie neben ihrer | |
Tochter Rachael Stirling, die 1977 in einer inzwischen geschiedenen Ehe mit | |
einem Gutsherren geboren wurde, in einer britischen Fernsehsitcom zu sehen. | |
## Sein Gift selbst wählen | |
Als Lady Oleanna Tyrell in [3][„Game of Thrones]“ konnte sie ihre | |
Ambivalenz jedoch noch einmal vor einem großen internationalen Publikum | |
ausleben: In der Bitterkeit und dem Sarkasmus, mit dem sie sehenden Auges | |
in der siebten Staffel der Serie ihren Tod durch vergifteten Wein wählt und | |
dabei nonchalant einen Mord gesteht, erkennt man die Wandlungsfähigkeit der | |
Schauspielerin. Und es mag sein, dass, wie die „Avengers“-Legende es will, | |
der Name Emma Peel einst in Anlehnung an Man-Appeal gewählt wurde. Er | |
klingt aber genauso stark nach „Emanzipation“. | |
11 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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