# taz.de -- Datenschützer über US-Datentransfers: „Sie können jeden nachve… | |
> Auch nach dem EuGH-Urteil zum Datenschutz liefern Internetkonzerne weiter | |
> Nutzer-Informationen in die USA. Alan Dahi hat ihnen den Kampf angesagt. | |
Bild: Google und Facebook können Profile über die Nutzer*innen erstellen | |
taz: Herr Dahi, Sie haben mit dem Datenschutzverein noyb 101 Beschwerden | |
gegen Unternehmen eingereicht, die auf Ihren Webseiten Dienste von Google | |
und Facebook einbinden. Was ist Ihr Ziel? | |
Alan Dahi: Wir wollen einfach nur, dass das Recht durchgesetzt wird. Vor | |
einem Monat hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die | |
allermeisten Datentransfers in die USA illegal sind. Nur: Daran hält sich | |
praktisch niemand. | |
Welche Elemente von Google und Facebook sind denn besonders weit | |
verbreitet? | |
Ganz vorne ist natürlich Google Analytics. Das ist ein Werkzeug, um zu | |
analysieren, welche Personen eine Webseite besuchen und wie sie sich darauf | |
bewegen. Bei Facebook gibt es verschiedene Tools. Den Like Button zum | |
Beispiel, den kennt ja mittlerweile jeder. Facebook hat auch | |
Tracking-Pixel, die Nutzer über verschiedene Webseiten hinweg verfolgen. | |
Welche Daten werden über eine Person gesammelt? | |
Das sind zum Beispiel die IP-Adresse, mit der ein Nutzer oder eine Nutzerin | |
unterwegs ist, dazu Informationen etwa über den genutzten Browser oder | |
andere Merkmale des Systems, das auf dem Computer oder dem Smartphone | |
läuft. | |
Das klingt jetzt nicht so, als seien das wahnsinnig persönliche Daten. | |
Das werden sie aber dadurch, dass diese Daten einen persönlichen | |
Fingerabdruck des Nutzers im Netz bilden. Die Technik dahinter heißt | |
tatsächlich Browser Fingerprinting, und mit diesem eigenen, eindeutigen | |
Fingerabdruck lässt sich fast jeder Nutzer identifizieren. | |
Warum ist das schlimm? | |
Dadurch, dass Google und Facebook auf fast allen Webseiten zu finden sind, | |
können sie Profile über die Nutzer erstellen. Und sie können jeden | |
nachverfolgen und sehen: Aha, der besucht erst diese Seite und dann diese | |
und dann eine dritte und kauft dort das. Und das wird sehr schnell sehr | |
persönlich. Wenn zum Beispiel jemand Gartenmöbel kauft oder Naturkosmetik, | |
Medikamente oder Kinderkleidung oder auch nur entsprechende Informationen | |
sucht – das verrät viel über die Person dahinter. Das funktioniert | |
natürlich auch mit politischen Vorlieben. Etwa bei der Trump-Wahl oder der | |
Brexit-Abstimmung wurden solche Profile genutzt, um Menschen politisch zu | |
beeinflussen. | |
Verstehen Sie, warum die Betreiber der Seiten die Werkzeuge von Google und | |
Facebook nutzen? | |
Vermutlich ist es einfach Bequemlichkeit. Und Google und Facebook sind die | |
Platzhirsche. Aber es ist wichtig zu wissen: Für alle diese Werkzeuge gibt | |
es Alternativen, die besser sind für die Privatsphäre der Nutzer. Statt | |
Google Analytics ließe sich zum Beispiel Matomo einsetzen. | |
Was müssen die Aufsichtsbehörden jetzt machen? | |
Die müssen die Datenweitergabe untersagen. | |
Erwarten Sie, dass das auch passieren wird? Es haben sich ja doch in der | |
Vergangenheit nicht alle Aufsichtsbehörden sonderlich engagiert gezeigt – | |
Irland als prominentestes Beispiel. | |
Wir sind da guter Hoffnung. Nicht zuletzt, weil wir davon ausgehen, dass | |
sich die Aufsichtsbehörden hier abstimmen werden – schließlich haben alle | |
etwas zu tun gekriegt, und es geht immer um die gleiche Frage. | |
Die Auswahl der Unternehmen, gegen die Sie Beschwerden eingereicht haben, | |
mutet einigermaßen willkürlich an – wie haben Sie ausgewählt, gegen wen Sie | |
vorgehen? | |
Uns ist wichtig, dass wir nicht gegen die Kleinen vorgehen, sondern gegen | |
die Großen. Denn damit lässt sich deutlich mehr bewegen. Wir haben eine | |
spezielle Suchmaschine verwendet, mit der man nach Bestandteilen des | |
Programmiercodes suchen kann. Da haben wir nach den Codeschnipseln gesucht, | |
die auf die Google- oder Facebook-Elemente hinweisen. Die Suchmaschine | |
sortiert die Ergebnisse gleich nach Beliebtheit der Seite, und da haben wir | |
bevorzugt die ersten Treffer genommen. | |
Wirtschaftsverbände klagen seit dem EuGH-Urteil über Rechtsunsicherheit und | |
jammern, dass es ohne Datenexporte nicht gehe. Was sagen Sie denen? | |
Datentransfers, die notwendig sind, sind ja weiterhin erlaubt. Wir sehen | |
allerdings, dass sehr viele Unternehmen einfach aus Bequemlichkeit | |
persönliche Daten von Nutzern in die USA übermitteln – und das, obwohl das | |
Datenschutzniveau in den USA inkompatibel ist mit den europäischen | |
Vorgaben. Und obwohl es hierzulande Alternativen gibt. Doch diese | |
Alternativen werden vermutlich erst dann eine Chance bekommen, wenn die | |
Unternehmen gezwungen werden, Google und Facebook nicht mehr zu verwenden. | |
2 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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