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# taz.de -- Streit um Nawalny und Nord Stream 2: Russisches Gas nicht alternati…
> Die Bundesregierung diskutiert, Nord Stream 2 auf Eis zu legen.
> Energieexpert:innen sind sich uneins, ob Deutschland sich das leisten
> kann.
Bild: Nur noch wenige Kilometer fehlen: Nord Stream 2, hier zu Beginn der Verle…
Im Januar 2009 fehlte mitten im kalten Winter in Europa russisches Gas.
[1][Bis hin nach Österreich brach die Versorgung ein,] in den Medien
kursierten Berechnungen, wie lange die Speicher wohl noch ausreichen
würden, bis Heizungen teilweise ausfallen.
Solche Streite gab es in der Vergangenheit immer wieder, doch Europa hat
daraus gelernt: Durch den Ausbau von Flüssiggasterminals und der
Speicherkapazität könne heute selbst ein kompletter Ausfall russischer
Lieferungen kompensiert werden, sagt [2][Claudia Kemfert, Energieexpertin
am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung].
Versorgungssicherheit ist eine der Hauptargumente für Nord Stream 2, der
fast fertigen Erdgaspipeline durch die Ostsee. Europa sollte damit bei
einem erneuten Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine nicht mehr um
seine Raumwärme bangen müssen. „Die Hauptmotivation für Russland zum Bau
von Nord Stream 2 kann nur geostrategisch sein, man will offenbar die
Pipelines durch die Ukraine umgehen“, sagt Kemfert.
Man brauche keinen zusätzlichen Strang durch die Ostsee, da der Gasbedarf
in Europa nicht steigen werde und die existierende Gasinfrastruktur
ausreiche, so Kemfert. Betriebswirtschaftlich mache das Projekt ebenso
wenig Sinn.
## Gaspreise könnten steigen
Tatsächlich hängt die Wirtschaftlichkeit der Pipeline maßgeblich an der
Klimapolitik der EU: Sollte vor allem im Gebäudesektor kräftig investiert
werden und die Nachfrage nach Gas zum Heizen sinken, würde auch die
Wirtschaftlichkeit der Pipeline leiden.
Kaum einen Effekt dürfte dagegen die geplante Wasserstoffstrategie der EU
und der Bundesregierung haben. Die sieht vor, Erdgas oder Kohle in der
Industrie durch regenerativ erzeugten Wasserstoff zu ersetzen. Allerdings
mit nur 5 Gigawatt bis 2030. Das entspricht weniger als einem Zehntel der
Leistung, die Nord Stream 2 abdecken kann.
Dennoch hält der Energieexperte Vitaly Yermakov vom britischen [3][Oxford
Institute for Energy] Nord Stream 2 nicht für nutzlos. Zunächst hält er den
wirtschaftlichen Verlust für Russland bei einem Aus der Pipeline, sieht man
von den Investitionskosten ab, für überschaubar: Das geringere Angebot an
Erdgas in Europa würde perspektivisch auch die Preise steigen lassen, also
die Erlöse erhöhen, die Russland mit seinen anderen Pipelines erzielt.
Auch der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft schreibt: Mögliche
Alternativen für das russische Gas wären Fracking-Gas aus den USA,
Flüssiggas aus Russland und Katar oder weiteres Pipelinegas aus Algerien,
Libyen sowie Aserbaidschan. „Das Gasangebot auf dem Markt wäre aber in
jedem Fall geringer als erhofft, die Preise wären für Erdgaskunden höher“,
schreibt der Ostausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes. Auch Kemfert sieht in
ihren Modellen entsprechende Ersatzlieferungen aus anderen Länder zu
höheren Preisen vor.
## Ende der Lebensspanne
Yermakov kritisiert zudem: „Der Fehler, den jeder zu machen scheint, ist,
dass russisches Gas an jedem beliebigen Exportpunkt erhältlich ist“, sagt
er. Das sei aber nicht der Fall: Die Pipelines durch die Ukraine würden mit
Gas aus Feldern beliefert, die allmählich an Leistungsfähigkeit verlieren,
auch die Leitungen selbst seien am Ende ihrer Lebensspanne.
Nord Stream 1 und 2 dagegen würden Gas aus den neuen Felder auf der
Jamal-Halbinsel transportieren – und da seien die neuen Ostsee-Pipelines
wesentlich kürzere Transportrouten.
7 Sep 2020
## LINKS
[1] /Russlandexperte-ueber-ewigen-Gasstreit/!5169920/
[2] https://www.diw.de/de/diw_01.c.10839.de/personen/kemfert__claudia.html
[3] https://www.oxfordenergy.org/
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Nordstream
Russland
Alexei Nawalny
Diplomatie
Energie
Schwerpunkt Klimawandel
Alexei Nawalny
Alexei Nawalny
Schröder
fossile Energien
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