Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mit Giffey durchs Schwule Museum: Braves Fremdeln
> Die Familienministerin und Anwärterin als Berliner Regierungschefin tut
> sich schwer mit der queeren Geschichte und Familienpolitik.
Bild: Brigitte Oytoy (links) und Birgit Bosold (rechts) vom SMU im Gespräch mi…
Für Politiker*innen, die die sogenannte bürgerliche Mitte vertreten
möchten, ist es entscheidend, die richtige Balance zu halten zwischen
konservativen und progressiven Signalen. Franziska Giffey, [1][Neuköllner
Ex-Bürgermeisterin, aktuelle Bundesfamilienministerin und Anwärterin auf
den Berliner Bürgermeister*innenstuhl], weiß das natürlich. Schließlich ist
sie eine Sozialdemokratin vom alten Schlag.
Und so meldete sie sich am Freitagmorgen – zwei Wochen, nachdem sie
gemeinsam mit dem Berliner Innensenator Andreas Geisel (ebenfalls SPD) eine
Berliner Polizeischule besucht hatte – für eine Führung durchs
traditionsreiche Schwule Museum (SMU) in Tiergarten an. Ein solches
queerpolitisches Signal war auch dringend nötig geworden, weil Giffey
mitverantwortlich gemacht wird für den Entwurf des
[2][„Adoptionshilfegesetzes“, das die Diskriminierung lesbischer Mütter
fortgeschrieben hätte.] Unter anderem auf die Initiative von Berliner
Linken und Grünen hin versagte Anfang Juli der Bundesrat dem Gesetz seine
Zustimmung.
Das teils ehrenamtlich gestemmte Museum wiederum, [3][das für seinen
geplanten Neubau] auf Senatsmittel hofft, freute der Besuch der
potentiellen Landeschefin natürlich. „Wir müssen uns mit unserer
Einzigartigkeit ins Gespräch bringen in der Bundes- und Landespolitik“,
sagte SMU-Vorständin Birgit Bosold vor Giffeys Eintreffen der taz.
Doch zum Rundgang durch die aktuellen Ausstellungen und das überquellende
Archiv im Keller kam keine Queerministerin. Eine Bürgermeisterin, von der
queerpolitisch viel zu erwarten wäre, blitze am Freitag auch nicht auf.
Denn Giffey blieb ganz bürgerliche Karrierefrau im violetten Kostüm und
fremdelte sichtlich mit der oft schmutzigen und radikalen deutsch-deutschen
Bewegungs- und Gefühlsgeschichte, die gerade im SMU erzählt wird.
## „Das sieht ja eigentlich ganz brav aus.“
Das Exponat „Fenster zum Klo“, das die Berliner Klappensexkultur zum Thema
macht, entlockt Giffey nur ein verschämtes „Ja“. Schnell wendet sie sich
daraufhin einem ausgestellten Kleid zu: „Das sieht ja eigentlich ganz brav
aus.“ Ein SMU-Mitarbeiter kommentiert: „Aber was man darin machen kann, ist
alles andere als brav“, und erklärt, warum das Kostüm aus dem Kultfilm
„Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“
von 1971 in der Kategorie „Wut“ gezeigt wird. Auch als Bosold von den
mutigen Lesben und Schwulen erzählt, die 1973 bei den DDR-Weltfestspielen
erstmals öffentlich auftraten, bleibt Giffey brav bürgerlich: „Meine Mutter
war damals auch bei dem Festival. Das war eine Auszeichnung für gute
Schüler.“
Am Ende des Besuchs möchte sich Giffey wenigstens ein wenig kämpferisch
geben: Sie verstoße mit dem Hissen der Regenbogenfahne vor ihrem
Ministerium jedes Jahr zum Pride-Monat gegen die Flaggenordnung. Wer für
Queers, insbesondere Lesben etwas verändern möchte, muss sich für
Progessivität entscheiden und mehr als das riskieren.
28 Aug 2020
## LINKS
[1] /Neues-Amt-fuer-Franziska-Giffey/!5657031
[2] /Adoptionen-in-Regenbogenfamilien/!5686809
[3] /Schwules-Museum-hat-Umzugsplaene/!5689736
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
Schwules Museum
Queer
Franziska Giffey
Schwerpunkt LGBTQIA
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
IG
Franziska Giffey
Bundestagswahlkampf
Polizei Berlin
Schwules Museum
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ehrenamtlich im Sonntags-Club aktiv: „Es gibt nur Unikate auf der Welt“
Justine Wodtke betreut den Dienstagstreff für trans* Menschen. Ein Gespräch
über die Zumutungen der Pandemie, deutsche Arroganz und den Sonntags-Club.
Aufwachsen in Regenbogenfamilien: „Wir sind kein Experiment“
Es gibt immer mehr Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern. Wie lebt es
sich als Regenbogenfamilie? Drei Kinder und ihre Eltern erzählen.
Doktorarbeit von Familienministerin Giffey: Objektiv getäuscht
Ein geheimes Gutachten zur Doktorarbeit der SPD-Politikerin Franziska
Giffey ist öffentlich geworden. Sie plagiierte demnach an 27 Stellen.
Bundestagskandidaten der Berliner SPD: Viele Männer, wenig Zukunft
Kungelei, Postengeschacher: Die Berliner SPD hat gute KandidatInnen, gibt
aber kein gutes Bild ab, wie der Streit um die Bundestagsmandate zeigt.
Interkulturelle Kompetenz der Polizei: Politiker geben Rückendeckung
Bei einem Besuch der Berliner Polizeiakademie stellt
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey fest, Prügel-Polizisten seien
„Einzelfälle“.
Schwules Museum hat Umzugspläne: Neues Haus in Kreuzberg gesucht
Im Tiergarten werden die Räume für das Museum zu eng. Die Grünen in
Kreuzberg wünschen sich die Rückkehr in ihren Bezirk.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.