# taz.de -- Interkulturelle Kompetenz der Polizei: Politiker geben Rückendecku… | |
> Bei einem Besuch der Berliner Polizeiakademie stellt | |
> Bundesfamilienministerin Franziska Giffey fest, Prügel-Polizisten seien | |
> „Einzelfälle“. | |
Bild: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zu Besuch bei der Polizei… | |
Wenn PolitikerInnen Schulen besuchen und dazu die Presse einladen, ist das | |
in der Regel PR. So war zu erwarten, dass der Besuch von | |
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Berlins Innensenator Andreas | |
Geisel (beide SPD) bei der Berliner Polizeiakademie am Donnerstag nicht | |
wirklich bedeutete, dass sich die beiden tiefschürfend über die Themen | |
„Interkulturelles Training in der Polizei Berlin“ und | |
„Extremismus-Prävention“ informieren wollten, wie es im Titel der | |
Veranstaltung hieß. Dennoch versprach die Sache interessant zu werden, | |
schließlich wird dieser Tage viel geredet über Rassismus bei der Polizei | |
(und über taz-Kolumnen, die davon handeln). | |
Wie zu erwarten, nutzte die Leiterin der Akademie, Tanja Knapp, das | |
„Gespräch“ vor allem dazu, die Qualität der Polizeiausbildung in Sachen | |
interkultureller Kompetenz zu betonen. Diese beginne bereits damit, dass | |
die AnwärterInnen verschiedenste Religionen, Bildungshintergründe und Alter | |
hätten. Die Polizei sei eben ein „Spiegelbild der Gesellschaft“, lobt | |
Geisel den hohen Anteil von Migrationshintergründlern unter den | |
Polizei-Azubis (38 Prozent). | |
Dann erklären Ausbilder, wie sie den künftigen PolizistInnen „Werte | |
vermitteln“, sprich: Grundgesetz, „FDGO“ (freiheitliche demokratische | |
Grundordnung) und Menschenwürde. Auch Extremismus sei „ein Leitthema“ – | |
insbesondere der von rechts, aber es würden natürlich „alle Ausprägungen | |
thematisiert“. Ein Polizeianwärter ohne Mihigru bestätigt, man habe hier | |
einen Lehrer, der „uns die FDGO eingeprügelt habe“, was seine KollegInnen | |
sehr lustig finden. Ein weiterer mit Mihigru erklärt mit heiligem Ernst, er | |
sei Polizist geworden, weil er „dem deutschen Staat etwas zurückgeben“ | |
wolle. | |
Zum Bedauern der Autorin dieser Zeilen erscheint der Lehrer für | |
„interkulturelle Kompetenz“ nicht. Irgend jemand erklärt aber kurz, dass | |
dieses für die Polizeiarbeit wohl nicht ganz unwichtige Thema in einem | |
3-tägigen Seminar während der 3-jährigen Ausbildung besteht. | |
Nach dem Werbeblock folgt das Wünsch-dir-was. Und natürlich wünschen sich | |
PolizistInnen, „dass die Politik hinter uns steht“, gerade wenn es mal | |
„kritische Artikel“ gebe. Akademiechefin Knapp ergänzt „ganz konkret: Der | |
Artikel in der taz hat uns sehr gekränkt“. Offenbar ist von der | |
„Müllhalden-Kolumne“ die Rede, was alle zu wissen scheinen. Worauf Giffey | |
warmherzig mitteilt, wie gut sie das verstehen könne. Es folgen wortreiche | |
Versicherungen der beiden SPDler, man stehe selbstverständlich hinter der | |
Polizei, die „KollegInnen“ hätten jeden Respekt verdient, wo sie doch | |
täglich Sicherheit und FDGO verteidigen, ihren Einsatz teils mit ihrer | |
Gesundheit bezahlten, bla bla bla. | |
Die Überraschung kommt danach, als G. und G. eine Schulstunde besuchen. Im | |
Fach „Verhaltenstraining“ begegnen sich an diesem Vormittag Polizeianwärter | |
und Geflüchtete, um „den Menschen dahinter“ kennenzulernen, wie der Lehrer | |
erklärt. Die Geflüchteten haben ihm gerade diktiert, wie ihr | |
„Wunsch-Polizist“ aussehen sollte, deshalb stehen die Stichworte „keine | |
Vorurteile“, „kein Racial Profiling“ und „Gleichbehandlung“ am Whiteb… | |
Nun will ein Azubi von den PolitikerInnen wissen, wie es sein könne, dass | |
Geflüchtete zwar einen Ausbildungsplatz hätten, aber keine | |
Arbeitserlaubnis. Laut Geisel kann dies gar nicht sein: „Wer einen | |
Ausbildungsplatz hat, bekommt auch eine Arbeitserlaubnis“, erklärt er. | |
Dummerweise meldet sich einer der Geflüchteten zu Wort, Saher Baso, 19 | |
Jahre, aus dem Irak. Er habe einen Ausbildungsplatz (als KfZ-Mechaniker), | |
aber die Ausländerbehörde gebe ihm keine Erlaubnis zu arbeiten, immer heiße | |
es, er müsse warten. Sichtlich irritiert bittet Giffey, man möge der Sache | |
nachgehen – und Geisel schickt einen Mitarbeiter zu Baso. Der Medientross | |
zieht weiter. | |
Zum Schluss ein paar vorbereitete warme Worte für die Kameras. Geisel: „Die | |
Polizei muss über jeden Verdacht erhaben sein.“ Ein Journalist fragt ihn, | |
was er dann zu dem Polizisten sage, [1][der gerade wegen eines | |
rassistischen Angriffs auf einen Afghanen vor Gericht steht] (der bereits | |
gesetzeswidrig abgeschoben wurde). Geisel kryptisch: „Das ist nicht die | |
Polizei von heute.“ Die Ermittlungsgruppe Rex, zu der der Beamte gehörte, | |
sei schon „vom Vorgänger-Senat“ aufgelöst worden. Das erlösende Wort, das | |
bei solchen Gelegenheiten immer fällt, fällt Giffey ein. Der | |
Prügel-Polizist sei... na?: „Ein Einzelfall“. | |
13 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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