| # taz.de -- GroKo einigt sich auf Wahlrechtsreform: Der XXL-Bundestag rückt n�… | |
| > Union und SPD haben sich auf eine Wahlrechtsreform geeinigt, die aber | |
| > erst ab der übernächsten Wahl wirklich greifen soll. Die Opposition ist | |
| > empört. | |
| Bild: Der zukünftige XXL-Bundestag: Leider passt er nicht mehr ganz aufs Bild | |
| Berlin taz | Das deutsche Wahlrecht ist eine vertrackte Angelegenheit. Aber | |
| auch wieder nicht so vertrackt, dass nicht zu verstehen wäre, was der | |
| Koalitionsausschuss der interessierten Öffentlichkeit nun als | |
| Wahlrechtsreform vorgelegt hat. Nämlich [1][so gut wie nichts]. | |
| Nach sieben Jahren Debatte darüber, wie der Deutsche Bundestag seine eigene | |
| personelle und verwalterische Überdehnung verhindern kann, legten die | |
| Parteivorsitzenden nach ihrem [2][Koalitionsgipfel in der Nacht zum | |
| Mittwoch] einen windelweichen Kompromiss vor. Um das Hohe Haus spürbar zu | |
| verschlanken, müsste die Zahl der Überhang- und Ausgleichsmandate deutlich | |
| gesenkt werden. | |
| Doch für die Bundestagswahl 2021 sollen laut CDU, CSU und SPD alle 299 | |
| Wahlkreise erhalten bleiben. Erst danach sollen sie bei der planmäßigen | |
| Wahl im Jahr 2025 auf 280 reduziert werden. Schon 2021 sollen aber nicht | |
| mehr alle Überhangmandate ausgeglichen werden; die Großkoalitionäre nennen | |
| dies „Dämpfungsmaßnahme“. Details soll nun eine Reformkommission klären. | |
| Zur Erinnerung: Die Sollgröße des Parlaments liegt bei 598 Sitzen. Nach der | |
| Bundestagswahl 2017 war diese Zahl sprunghaft auf 709 angestiegen; für 2021 | |
| wird mit einer weiteren Vergrößerung auf mehr als 800 gerechnet. JedeR | |
| Abgeordnete mehr bedeutet zugleich noch mehr MitarbeiterInnen, zusätzliche | |
| Logistik und Verwaltung des Bundestags. | |
| Die parlamentarischen GeschäftsführerInnen der demokratischen Opposition | |
| machten am Mittwochmorgen keinen Hehl aus ihrer Entrüstung. Grüne, FDP und | |
| Linkspartei hatten im Herbst 2019 einen gemeinsamen Gesetzentwurf | |
| vorgelegt. Darin schlugen sie vor, einerseits den Bundestag auf eine | |
| Sollgröße von 630 Abgeordneten zu erhöhen und andererseits die Wahlkreise | |
| von 299 auf 250 zu reduzieren. | |
| An diesem Mittwochmorgen nennt Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta | |
| Haßelmann den Groko-Kompromiss kraftlos und unambitioniert. „So was | |
| Mickriges hab ich nicht kommen sehen.“ Indem Union und SPD jetzt so täten, | |
| als hätten sie ein Ergebnis erzielt, verkauften sie die Öffentlichkeit für | |
| blöd. | |
| Auch Marco Buschmann von den Liberalen ist empört. Er sieht für 2021 einen | |
| „XXL-Bundestag“ kommen. Die CSU habe sich als „erster Sieger“ damit | |
| durchgesetzt, dass sich bei den Wahlkreisen nichts ändere. Die CDU bekomme | |
| als „zweiter Sieger“ einen Bonus von drei unausgeglichenen | |
| Überhangmandaten. „Und der Rest dient nur der Vernebelung.“ Verliererin sei | |
| die SPD – und der Hauptverlierer sei das Ansehen der Politik, kritisiert | |
| Buschmann. | |
| Jan Korte, sein Pendant aus der Linksfraktion, sieht gar ein System | |
| dahinter. „Bei der Wahlrechtsreform läuft es so, wie es meistens läuft in | |
| der Großen Koalition: im Endeffekt wirkungslos, bei Vorteilen für die | |
| CDU/CSU oder ihre Klientel.“ Korte hält es für „demokratisch fragwürdig�… | |
| dass der Wegfall von Ausgleichsmandaten dazu führen könne, dass eine | |
| Fraktion mehr Sitze bekommt, als ihr nach ihrem Zweitstimmenanteil | |
| zustehen würden. | |
| Die Groko bemühte sich am Mittwoch, die geballte Empörung abzuschwächen. | |
| Annegret Kramp-Karrenbauer sagte im ZDF, die Chance, dass der nächste | |
| Bundestag jedenfalls nicht größer werde, sei „relativ groß“. CSU-Chef | |
| Markus Söder sprach von einer seriösen Debatte im Ausschuss. Jede Seite | |
| habe sich bewegt und etwas abgegeben. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans | |
| erklärte gar, der Kompromiss stelle sicher, dass bereits nach 2021 „der | |
| Bundestag kleiner wird als bisher“. Diese Sicht hat er allerdings ziemlich | |
| exklusiv. | |
| 26 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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