# taz.de -- Geldnöte beim Hamburger SV: Mehr Macht für Kühne? | |
> Der HSV braucht Geld und überlegt daher, ein No-Go aufzuweichen: die | |
> 24,9-Prozent-Regel, die verhindert, dass Aktionäre eine Sperrminorität | |
> erreichen. | |
Bild: Reißen ein finanzielles Loch in die Taschen des HSV: Spieltage ohne Fans | |
HAMBURG taz | Zwischen dem großen HSV aus Hamburg und dem kleinen aus | |
Hannover gibt es eine bemerkenswerte Parallele. Beide Clubs stecken seit | |
Jahren in einer Abhängigkeit von ihrem Investor. Nur der Umgang mit diesem | |
Streitthema unterscheidet sich erheblich. | |
Im März 2019 haben die Mitglieder von Hannover 96 dem Machtgebahren ihres | |
wichtigsten Geldgebers Martin Kind Grenzen aufgezeigt. [1][Der 74-Jährige | |
wurde als Präsident des Gesamtvereins abgewählt.] Außerdem wird der | |
Aufsichtsrat komplett von Mitgliedern dominiert, die seinem Kurs kritisch | |
gegenüberstehen. Kind war bei dem Versuch gescheitert, den Einfluss von | |
Investoren so weit zu erhöhen, dass die gemeinnützigen Stammvereine mit | |
ihren Mitgliedern im Profifußball nicht mehr mitreden können. | |
Dafür hat er ein extrem kompliziertes und kaum nachvollziehbares | |
Firmenkonstrukt mit mehreren Kapitalgesellschaften bei Hannover 96 | |
aufgebaut. Die Ultras des Clubs protestieren schon lange und ziemlich laut | |
gegen die schrittweise Aushöhlung der Mitgliederrechte. Einen | |
entscheidenden Machtkampf haben sie mit Kinds Abwahl gewonnen. | |
Beim Hamburger SV sieht die Lage anders aus. Hier waren es die Mitglieder | |
selbst, die nach einer groß angelegten Werbekampagne vor sechs Jahren für | |
eine ausgegliederte Profifußballabteilung in eine Aktiengesellschaft | |
gestimmt haben. Ihnen wurde versprochen, dass die Möglichkeit zum Einstieg | |
von „strategischen Partnern“ zu einer Konsolidierung der wirtschaftlich | |
dramatischen Lage beitragen wird. | |
## Abhängigkeit vom Geldgeber | |
Auf solche Partner warten sie in Hamburg allerdings noch heute. Bis auf den | |
[2][Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne] hat sich kein anderer | |
gefunden, der im großen Stil in den HSV investieren wollte. Der 83-Jährige | |
hat die wirtschaftliche Abhängigkeit genutzt, um seine Macht im Club zu | |
vergrößern. | |
Die Mitglieder haben darin lange Zeit kein Problem gesehen. Kühnes | |
Millionen nährten die Hoffnung auf schnellen Erfolg. Selbst als er sich | |
2016 mit dem mächtigen Spielerberater Volker Struth zusammengetan und aktiv | |
die Transferpolitik an den Köpfen der Clubführung vorbei mitbestimmt hat, | |
gab es keinen Protest. | |
Inzwischen ist die Meinung über ihn eine andere. Es gibt eine Fraktion im | |
Club, die keine Vergrößerung seiner Macht zulassen will. [3][Die | |
pandemiebedingten Einnahmeausfälle] aus dem Verkauf von Eintrittskarten und | |
der Vermietung von VIP-Logen zwingen den HSV allerdings dazu, über eine | |
Option nachzudenken, die die Mitglieder bisher abgelehnt haben. | |
## Weniger Mitbestimmung durch Mitglieder | |
In der Satzung des Stammvereins und Mehrheitsgesellschafters der | |
Fußballabteilung ist fest verankert, dass Aktien über die Grenze von | |
24,9-Prozent hinaus nur mit Zustimmung verkauft werden können. Diese Hürde | |
ist wichtig, weil sie eine Sperrminorität durch kleinere Gesellschafter | |
verhindert. Zum Beispiel von Kühne. Er hält derzeit 20,6 Prozent der Aktien | |
und ist zweitgrößter Eigentümer der Fußballabteilung. Wenn er seine Anteile | |
erhöhen darf, sinkt die Mitbestimmungsmöglichkeit der Mitglieder. | |
Die Clubführung hat schon mal vorsichtig vorgefühlt, ob sich dafür eine | |
Mehrheit findet. Zumindest aber wurden die Mitglieder vorgewarnt. | |
Finanzvorstand Frank Wettstein hat in einem Interview mit dem Hamburger | |
Abendblatt angedeutet, dass über die 24,9-Prozent-Klausel diskutiert werden | |
muss. | |
Wie alle anderen Proficlubs bricht dem HSV wegen der Pandemie ein Großteil | |
seines Umsatzes weg. Bis mindestens Ende Oktober dürfen keine Fans ins | |
Stadion, wahrscheinlich sogar deutlich länger nicht. Das reißt in den | |
Kassen pro Heimspiel ein riesiges Millionen-Loch. Neue Anteile zu | |
verkaufen, könnte deshalb eine Option werden, um dem HSV finanziell durch | |
die Krise zu helfen. | |
Dazu müssten die Mitglieder auf einer Jahreshauptversammlung mit einer | |
Dreiviertelmehrheit zustimmen. Bislang reagieren sie auf diese Idee eher | |
zurückhaltend. | |
Wir haben die Quellenangabe Hamburger Abendblatt nachträglich eingefügt. | |
23 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Vereinspraesident-Martin-Kind-abgewaehlt/!5579816 | |
[2] /Machtkampf-beim-HSV/!5673348 | |
[3] /Machtkampf-und-Coronakrise-beim-HSV/!5670401 | |
## AUTOREN | |
Daniel Jovanov | |
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