# taz.de -- Parteitage in Pandemie-Zeiten: Gewählt bis nach Corona | |
> Die steigende Zahl von Corona-Infektionen macht CDU und Linke nervös. | |
> Beide Parteien schließen eine erneute Verschiebung ihrer Parteitage nicht | |
> aus. | |
Bild: Katja Kipping und Bernd Riexinger auf dem Parteitag 2018. Für 2020 ist a… | |
Hunderte Menschen in einem Raum, die stundenlang beraten: Ein Parteitag | |
nach diesem Muster kann in Coronazeiten schnell zum Hotspot werden. Doch | |
genau solche Events planen CDU und Linke. Bislang. Nach der CDU schließt | |
nun auch die Linkspartei eine Verschiebung ihres für Oktober geplanten | |
Parteitages nicht mehr gänzlich aus. „Wir hoffen natürlich, dass der | |
Parteitag wie geplant stattfinden kann“, so Parteichef Bernd Riexinger zur | |
taz. Das Hygienekonzept sei an die derzeit geltenden Regelungen angepasst. | |
Sollten die Infektionszahlen allerdings weiter steigen und die Auflagen | |
verschärft werden, „dann kriegen wir ein Problem“. | |
Seine Partei würde in diesem Fall auf eine Änderung des Parteiengesetzes | |
dringen, sagt Riexinger. Das schreibt allen Parteien vor, dass der Vorstand | |
mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr neu gewählt werden müsse (§ 11). | |
„Im Zweifelsfall gibt es eine Verlängerung des bestehenden Vorstands“, so | |
Riexinger zur taz. | |
Von der theoretischen Möglichkeit, das Parteiengesetz zu öffnen, damit | |
Parteitage auch virtuell zusammentreten und Vorstände online gewählt werden | |
könnten, ist er nicht überzeugt. „Ich sehe nicht, wie die Geheimhaltung der | |
Wahlen sichergestellt werden soll.“ | |
In der Welt am Sonntag hatte zuvor die CDU-Vorsitzende Annegret | |
Kramp-Karrenbauer angekündigt, dass ihre Partei plane, den für Dezember | |
geplanten Parteitag wegen Corona zu verkürzen und notfalls auf die | |
Vorstandswahlen zu beschränken. „Im schlimmsten Fall einer zweiten großen | |
Pandemiewelle bleibt der Vorstand geschäftsführend so lange im Amt, bis der | |
Parteitag einberufen werden kann“, so Kramp-Karrenbauer. | |
## CDU und Linke geraten in Zeitnot | |
Was pragmatisch klingt, bringt beide Parteien in die Bredouille. Wegen der | |
Pandemie und des Lockdowns haben beide Parteien ihre für April und Juni | |
geplanten Wahlparteitage [1][bereits einmal verschoben.] Eine Verschiebung | |
ins nächste Jahr wäre formal vom Parteienrecht nicht gedeckt. Denn sowohl | |
CDU als auch Linke haben zuletzt 2018 Vorstandswahlen abgehalten, müssten | |
also in diesem Jahr neu wählen. Es würde die Parteien aber auch im Hinblick | |
auf die Bundestagswahl im Herbst 2021 allmählich in Zeitnot bringen. | |
Denn bei CDU und Linken geht es vor allem auch um eine inhaltliche | |
Kursbestimmung und eine personelle Neuaufstellung. Bei der CDU buhlen | |
derzeit drei Männer – Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen – | |
um die [2][Nachfolge von Kramp-Karrenbauer], die bereits zu Jahresbeginn | |
erklärt hatte, sie werde den Vorsitz abgeben. Der Gewinner würde sich wohl | |
auch als Kanzlerkandidat präsentieren. Nun droht eine weitere Hängepartie. | |
Da ist die SPD plötzlich fein raus, die ihren Kanzlerkandidaten bereits | |
nominiert hat und auf aufwändige Präsenzveranstaltungen zur Not verzichten | |
kann. | |
## Erklärung erwartet | |
Die Linke, die derzeit stabil einstellig ist, will mit einem frischen | |
Vorstand und einer neugewählten Doppelspitze in den Wahlkampf ziehen und | |
endlich die 10-Prozent-Hürde nehmen. Die beiden amtierenden Vorsitzenden | |
Bernd Riexinger und Katja Kipping haben sich bislang nicht dazu geäußert, | |
ob sie wieder antreten wollen. Laut Parteisatzung sollten Vorsitzende nicht | |
länger als acht Jahre amtieren – das wäre bei beiden der Fall. | |
Erwartet wird nun, dass sich Kipping und Riexinger am kommenden Wochenende | |
erklären. Dann treffen sich die Mitglieder des 44-köpfigen Parteivorstands | |
erstmals wieder physisch in Berlin. Auf der zweitägigen Tagung geht es | |
zunächst um den Leitantrag für den Parteitag. Eine persönliche Erklärung | |
der beiden Vorsitzenden ist aber sehr wahrscheinlich. | |
In der Linken hat bislang niemand offiziell Ambitionen auf das Amt | |
angekündigt. Die inoffiziellen Kandidat:innen, deren Namen im Raum stehen – | |
der stellvertretende Parteichef Ali Al-Dailami, [3][die Thüringer | |
Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow] und ihre Kollegin Janine Wissler, die | |
die Stellung in Hessen hält –, halten sich bedeckt. | |
Die Zurückhaltung der potenziellen Kandidat:innen hängt auch mit der neuen, | |
starken Stellung von Partei-Chefin Kipping zusammen. Seitdem der Zwist mit | |
der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht beigelegt ist, hat | |
Kipping die Drähte zur Fraktionsführung neu gespannt. Sie ist nun die | |
starke Frau in der Partei, an der niemand vorbeikommt. Es sei denn, sie | |
will es. | |
23 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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