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# taz.de -- Die AfD in der Krise: Das Rezept ist abgelaufen
> Das Nebeneinander der unterschiedlichen Strömungen hat maßgeblich zum
> Erfolg der AfD beigetragen. Jetzt ist es das Kernproblem der Partei.
Bild: Björn Höcke und Andreas Kalbitz auf einer AfD-Kundgebung unter dem Tite…
Das Erfolgsrezept der AfD ging bislang so: Die Partei hatte für Rechte mit
Abneigung gegen Geflüchtete, die EU, die 68er und die Kanzlerin je nach
Bedarf Unterschiedliches im Angebot. Die einen orientierten sich erst an
dem Wirtschaftsliberalen Bernd Lucke, später an Jörg Meuthen und blendeten
den unappetitlichen rechten Rand aus. Die anderen machten den
rechtsextremen Björn Höcke zu ihrer Lichtgestalt und nahmen die „Luschen“
am anderen Ende nicht so wichtig.
Der Traum der Neuen Rechten von einer Sammlungsbewegung schien wahr zu
werden: Die AfD hat von der bürgerlichen Mitte bis ins rechtsextreme Lager
Diskurse beeinflusst, WählerInnen mobilisiert und so die Grenze zwischen
demokratischen und antidemokratischen Rechten verwischt. Erfolg folgte auf
Erfolg, zusammen zog das eigentlich fragile Bündnis mit einem zweistelligen
Ergebnis in den Bundestag.
Doch dieses [1][Erfolgsrezept funktioniert nicht mehr]. Mehr noch: Es ist
zum Kernproblem der AfD geworden. Der Machtkampf, der um den
[2][Rausschmiss des rechtsextremen Drahtziehers Andreas Kalbitz] tobt, geht
weit tiefer als die Frage, ob sich Parteichef Meuthen oder Kalbitz
durchsetzen wird. Es geht um die inneren Widersprüche der Partei.
Die AfD hat grundlegende Fragen nicht geklärt: Will sie in die Regierung
oder Fundamentalopposition bleiben? Setzt sie auf Reform oder Sturz des
Systems? Soll der Sozialstaat ab- oder völkisch umgebaut werden? Und wie
viel Einfluss räumt man überzeugten Rechtsextremisten ein? Jede dieser
Fragen ist ein Grundsatzkonflikt.
Berauscht vom Erfolg, konnte die AfD dies immer wieder beiseiteschieben, ab
und zu wurde einE ParteichefIn ausgewechselt, einige Mitglieder gingen.
Dann machte man, weiter nach rechts gerückt und mit einem neuen,
vermeintlich moderatem Feigenblatt an der Spitze, weiter wie zuvor. Hatte
wieder Erfolg und neue Posten zu verteilen.
## Der interne Machtkampf tobt heftig
Doch damit ist erst mal Schluss. Die AfD steckt – nicht nur coronabedingt –
in der Krise. Die Umfragewerte sinken, die Partei dringt mit ihrem alten
Thema nicht mehr durch und findet kein neues. Der interne Machtkampf tobt
so heftig wie vielleicht noch nie.Das liegt auch am Verfassungsschutz, der
prüft, ob nach dem „Flügel“ auch die Gesamtpartei beobachtet werden soll.
Wollen die, die sich für gemäßigt halten, eine Beobachtung verhindern, dann
müssen sie jetzt an Kalbitz, Höcke und Co ran. Oder ihr Traum von einer
Regierungsbeteiligung ist ausgeträumt, möglicherweise auch der
Beamtenstatus dahin. Einfach weitermachen geht nicht mehr.
Die Ausgangslage ist zudem anders als bei vorherigen AfD-Machtkonflikten.
Mehrheiten im Bundesvorstand und im Schiedsgericht der Partei haben Kalbitz
vor die Tür gesetzt. Damit ist der vielleicht einflussreichste
Rechtsextremist der AfD derzeit kein Parteimitglied mehr. Die Gremien haben
den „Flügel“ geschwächt. Die Lage kann sich allerdings wieder ändern, we…
das Berliner Landgericht über Kalbitz’ Klage gegen die Annullierung seiner
Mitgliedschaft entscheidet.
Der Konflikt tobt inzwischen selbst in der Bundestagsfraktion, die sich
bislang rühmte, ganz ohne Flügelkämpfe auszukommen – und keiner kann ihn
mehr so richtig einhegen. Alexander Gauland, der die Partei bislang
zusammenhielt, hat diese Rolle verspielt. Gauland, ohnehin alt und müde,
hat sich auf Kalbitz’ Seite gestellt und ist durch das Urteil des
Schiedsgerichts nun geschwächt. Dann attackierte er, zum Entsetzen mancher
Mitglieder, das Gericht, immerhin das höchste Parteigremium.
[3][Steht also eine Spaltung an?] Auch wenn alles darauf zuzusteuern
scheint: Ausgemacht ist das nicht. Freiwillig wird keine der beiden Seiten
auf Namen und Strukturen der AfD verzichten. Auch will der „Flügel“ nicht
zur Lega Ost schrumpfen, die Gemäßigteren wollen auf die Höhenflüge der
Ostverbände und Stimmen von Rechtsradikalen nicht verzichten. Die AfD
steckt in einem fast ausweglosen Dilemma.
1 Aug 2020
## LINKS
[1] /AfD-Migliedschaft-von-Andreas-Kalbitz/!5703617
[2] /Streit-um-Mitgliedschaft-in-der-AfD/!5699190
[3] /Streit-in-der-AfD/!5689724
## AUTOREN
Sabine am Orde
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