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# taz.de -- AfD-Migliedschaft von Andreas Kalbitz: Highnoon in Stuttgart
> Ab Samstagmittag tagt das Schiedsgericht der AfD. Es verhandelt, ob der
> rechtsextreme Brandenburger Landeschef die Partei verlassen muss.
Bild: Sollte Kalbitz auch am Samstag gewinnen, wird es für Meuthen eng
Berlin taz | Wenn am Samstag [1][AfD]-Chef Jörg Meuthen und [2][Andreas
Kalbitz], einer der Köpfe des rechtsextremen „Flügels“ in der Partei, zur
Verhandlung des Bundesschiedsgerichts nach Stuttgart fahren, könnte man
meinen, dass Meuthen einen Heimvorteil hat, atmosphärisch zumindest.
Meuthen kommt aus Baden-Württemberg, Kalbitz muss aus Brandenburg anreisen,
wo er derzeit wieder Landes- und Fraktionschef ist. Doch Kalbitz hat auch
im Südwesten Fans und Meuthen ist in seinem Landesverband durchaus
umstritten.
Die AfD, das sieht man auch hier, ist [3][tief gespalten]. Am Samstag nun
kommt das Bundesschiedsgericht der Partei zusammen, um über eine Frage zu
verhandeln, die wichtig für diese Spaltung ist – auch weil das Bundesamt
für Verfassungsschutz eine Überwachung der Gesamtpartei prüft: Wie viel
Platz haben ausgewiesene Rechtsextremisten, wie es der 47-jährige Kalbitz
nicht nur aus der Sicht des Verfassungsschutzes ist, in der AfD?
Doch das gilt nur im weiteren Sinne. Konkret geht es um eine Formalie: Hat
die Entscheidung des Bundesvorstands, der im Mai mit knapper Mehrheit und
sofortiger Wirkung die Mitgliedschaft von Kalbitz annulliert hat, Bestand?
Er habe, so die Begründung, bei seinem Parteieintritt frühere
Mitgliedschaften bei den Republikanern und in der „Heimattreuen deutschen
Jugend“ (HDJ), einer inzwischen verbotenen Neonaziorganisation,
verheimlicht. Kalbitz hat dagegen geklagt.
Vor dem Berliner Landgericht hat er bereits einen kleinen Sieg
davongetragen, das Gericht hat seinen Antrag auf eine einstweilige
Verfügung positiv beschieden. Einer der Gründe: Der Bundesvorstand sei gar
nicht befugt, über einen Parteiausschluss zu entscheiden, dies sei Aufgabe
eines Parteigerichts. Deshalb kann Kalbitz nun wieder Landes- und
Fraktionschef in Brandenburg und Beisitzer im Bundesvorstand sein.
## Für Meuthen steht viel auf dem Spiel
Die Mitgliedschaft gilt, bis das Bundesschiedsgericht in der Hauptsache
eine Entscheidung fällt. Um dies zu verhandeln, kommen die
ParteirichterInnen am Samstag um 12 Uhr zusammen. Und zwar nicht nur eine
der Kammern, sondern wegen der Bedeutung des Falls alle drei, insgesamt
neun RichterInnen. Meuthen, Kalbitz und ihre Anwälte werden gehört.
Sollte Kalbitz auch hier gewinnen, wird es für Meuthen eng. Zwar ist er bis
Ende 2021 als Parteichef gewählt, eine Zweidrittelmehrheit zur Abwahl
dürfte schwer zu organisieren sein. Aber Meuthen, ohnehin nicht nur auch
wegen seiner Spendenaffäre umstritten, wäre entscheidend geschwächt,
Kalbitz, Björn Höcke und Co. könnten sich in der AfD weiter breitmachen.
Hört man sich in der Partei um, überwiegt aber eine andere Prognose. Denn
auch das Bundesschiedsgericht hatte sich bereits mit dem Fall Kalbitz
beschäftigt und im Juni einen Eilantrag von ihm abgelehnt – weil
„gewichtige Umstände“ dafür sprächen, dass die Annullierung der
Mitgliedschaft wirksam erfolgt sein dürfte.
Unterliegt Kalbitz, wäre das nicht nur ein großer Erfolg für Meuthen,
sondern eine derbe Niederlage für Kalbitz und seine
„Flügel“-MitstreiterInnen – und auch für Meuthens Co-Parteichef Tino
Chrupalla und Fraktionschefin Alice Weidel. Beide hatten nicht nur gegen
den Antrag gestimmt, sondern auch danach massiv Front gegen Meuthen
gemacht. Mit formalen Argumenten allerdings – inhaltlich zu Kalbitz’
Rechtsextremismus hatte sich keine der beiden Seiten positioniert.
## „Selbstzerfleischung“ geht wohl weiter
Geschwächt wäre auch Alexander Gauland, der für den Zusammenhalt der Partei
extrem wichtig ist. Der AfD-Ehrenvorsitzende und Co-Vorsitzende der
Bundestagsfraktion hatte Kalbitz’ Aufstieg in der AfD erst möglich gemacht
und dann stets seine Hand über ihn gehalten.
Ob das Bundesschiedsgericht schon am Samstag eine Entscheidung fällt, ist
offen. Ohnehin wird es nicht das letzte Wort in dieser Sache sein. Kalbitz
hat bereits angekündigt, bei einer Niederlage erneut vor ein ziviles
Gericht zu ziehen. Und das könnte zu einer anderen Entscheidung kommen.
Denn fraglich ist, ob das von Meuthen und seinen MitstreiterInnen im
Bundesvorstand gewählte Verfahren des Rausschmisses – also die Annullierung
der Mitgliedschaft – überhaupt zulässig ist. Oder ob es nicht ein
ordentliches Parteiausschlussverfahren braucht. Das aber kann, im Gegensatz
zur Annullierung, nur mit einer Zweidrittelmehrheit auf den Weg gebracht
werden. Im Mai gab es diese nicht.
Bis zu einer erneuten Gerichtsentscheidung dürfte es dauern. Die
„Selbstzerfleischung“ der AfD, wie Co-Parteichef Chrupalla es nannte, wird
also weitergehen.
25 Jul 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Sabine am Orde
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