# taz.de -- Studie zu ermordeten Umweltschützern: Wo die Welt nicht hinsieht | |
> Hunderte Menschen sterben jährlich gewaltsam, weil sie sich für | |
> Naturschutz einsetzen. Zwei Drittel davon allein in Lateinamerika. | |
Bild: Arbeitet unter großer Gefahr: Die mexikanische Umweltschützerin Isela G… | |
212 Umweltschützer*innen sind im vergangenen Jahr weltweit umgebracht | |
worden, weil sie sich gegen Bergwerke, Abholzung, gegen Wasserkraftwerke | |
oder Großfarmen gewehrt haben. Das geht aus einer am Mittwoch vorgestellten | |
[1][Studie der Nichtregierungsorganisation Global Witness] hervor. Zwei | |
Drittel der Morde geschahen in Lateinamerika, allein in Kolumbien wurden 64 | |
Menschen getötet. Auf den Philippinen kamen 43 Umweltschützer*innen | |
gewaltsam ums Leben. Das sind laut Global Witness mehr registrierte Morde | |
als je zuvor – und vermutlich immer noch nicht alle, weil manche vertuscht | |
werden oder nicht angezeigt wurden. | |
Die Betroffenen stehen in der Regel einem Netz aus Unternehmen, | |
Großgrundbesitzer*innen und staatlichen Sicherheitsorganen gegenüber, | |
womöglich noch unterstützt von paramilitärischen Gruppen und gedeckt von | |
der politischen Klasse ihrer Länder. Sie alle haben ein Ziel: die | |
Aufrechterhaltung eines Profitmodells, das auf dem Extraktivismus beruht. | |
Also der maximalen Ausplünderung natürlicher Ressourcen. | |
Die meisten Morde stehen im Zusammenhang mit Bergbau (50), gefolgt von | |
Landwirtschaft (34) und Forstwirtschaft (24). „Viele der schlimmsten | |
Menschenrechtsverletzungen haben mit der Ausbeutung unserer natürlichen | |
Ressourcen sowie Korruption in Politik und Wirtschaft zu tun“, sagt Rachel | |
Cox von Global Witness. „Umweltschützer sind jene, die dagegen aufstehen.“ | |
Wo diese Konflikte sich abspielen, ist die Weltöffentlichkeit in der Regel | |
abwesend. Dabei geht es um Rohstoffe, die überall gebraucht werden – von | |
bestimmten Metallen über Energie bis zu Lebens- oder Futtermitteln. Der | |
Konsum der einen und das Geschäft, das damit zu machen ist, zerstört die | |
Lebensgrundlage der anderen. | |
Selbst linke Regierungen in Lateinamerika haben es nicht geschafft, aus | |
diesem zerstörerischen Wirtschaftsmodell auszusteigen – sie haben | |
bestenfalls die Erlöse für Sozialprogramme verwendet. Ecuador zur | |
Regierungszeit von Präsident Rafael [2][Correa etwa proklamierte zwar ein | |
nachhaltiges Wirtschaftsmodell] im Einklang mit der Natur, in Wirklichkeit | |
aber ging die Ausbeutung weiter und Umweltschützer*innen wurden staatlich | |
kriminalisiert. | |
Die jährlich steigende Zahl der Ermordeten ist Kollateralschaden eines | |
schon lange nicht mehr tragbaren Modells. Für niemanden. | |
29 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.globalwitness.org/en/press-releases/global-witness-records-the-… | |
[2] /Starke-Worte-bei-Weltsozialforum/!5168688 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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