# taz.de -- Streit um Linkspartei-Kooperation mit AfD: Grenzverletzung in Brand… | |
> Der Konflikt um eine Zusammenarbeit mit der AfD in der Stadt Forst | |
> schwelt weiter. Die Auflösung des Ortsverbandes der Linkspartei ist | |
> gescheitert. | |
Bild: Will „Sachpolitik“ mit der AfD: Ingo Paeschke, umstrittener Fraktions… | |
Forst (Lausitz) taz | Umgeben von Wäldern und Braunkohlegruben, direkt am | |
Grenzfluss Neiße gelegen, ist Forst mit seinen nicht mal 18.000 Einwohnern | |
die Verkörperung der Peripherie. Am rotverklinkerten Bahnhof ist nicht viel | |
los, aus dem Wasser der Neiße ragen die Reste der 1945 gesprengten Brücke | |
hinüber zum polnischen Ufer. | |
Die Heimatstadt [1][des brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar | |
Woidke] (SPD) bekommt gewöhnlich nur überregionale Aufmerksamkeit, wenn in | |
der Nähe [2][ein großer Waldbrand] ausbricht. Dabei ist das Städtchen | |
politisch ziemlich interessant. Immerhin schon zwei Mal wurde seit der | |
Wiedervereinigung ein Bürgermeister vorzeitig aus dem Amt gedrängt. | |
Auf die aktuelle Aufmerksamkeit hätten viele jedoch gern verzichtet – | |
besonders in der Lausitzer Linken. Denn seit Wochen tobt ein Konflikt, den | |
es laut Beschlusslage der Bundespartei eigentlich gar nicht geben dürfte: | |
Es geht um die Zusammenarbeit mit der AfD. Anlass war ein Antrag der | |
Fraktion „Gemeinsam für Forst“ in der Stadtverordnetenversammlung zum Bau | |
eines Jugendclubs. Den unterstützen die Linke – und die AfD. | |
Ende Mai stellten sie ihr Konzept auf einer Pressekonferenz gemeinsam vor. | |
Es sei dabei um „Sachpolitik“ gegangen, rechtfertigte sich | |
Linke-Fraktionschef Ingo Paeschke. Auf Kreis-, Landes- und Bundesebene | |
seiner Partei war man entsetzt. Rücktritts- und Austrittsforderungen lehnt | |
er seitdem ab und verweist auf den Rückhalt unter den Mitgliedern vor Ort. | |
## Auflösung von Ortsverband scheitert knapp | |
Der Konflikt erreichte am Samstag seinen vorläufigen Höhepunkt. Auf einem | |
Sonderparteitag des Kreisverbands Lausitz, zu dem Forst gehört, sollte die | |
Auflösung des Ortsverbands beschlossen werden. Doch der entsprechende | |
Antrag verfehlte die nötige Zweidrittel-Mehrheit knapp. Kreischef Matthias | |
Loehr sprach dennoch von einem starken politischen Signal der Mehrheit in | |
der Partei. | |
„Wir werden nicht akzeptieren, dass mit der AfD zusammengearbeitet wird“, | |
sagte er der taz. Loehr hatte am Samstag zunächst angeboten, den | |
Auflösungsantrag zurückzuziehen, falls Paeschke abtritt und Ortsverband | |
sowie Fraktion in Forst erklären, [3][künftig nicht mit der AfD | |
zusammenzuarbeiten]. Doch dazu sei es nicht gekommen. | |
Daher ist der Streit immer noch nicht gelöst. Die Brandenburger | |
Parteichefinnen Anja Mayer und Katharina Slanina hatten von Paeschke | |
gefordert, persönliche Konsequenzen zu ziehen. „Es darf und es kann | |
keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD geben“. Dazu gebe es eine klare | |
Beschlusslage in der Partei, die auch für alle kommunalen | |
Mandatsträgerinnen und Mandatsträger gilt. | |
Die Linke steht nun unter Druck, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. | |
„Wir müssen das weitere Vorgehen in den Gremien diskutieren,“, sagte Loehr | |
auf die Frage nach einem möglichen Parteiausschluss der Forster | |
Fraktionäre. Ein solches Verfahren hatte bereits der Vorstand der | |
Linksjugend Brandenburg gefordert. | |
## Die Lausitz, eine Hochburg der „AfD“ | |
Immerhin mit einem zweiten Antrag hatte der Lausitzer Kreisvorstand Erfolg: | |
Der Sonderparteitag forderte die Forster Fraktion auf, künftig nicht mehr | |
unter dem Namen Die Linke aufzutreten. Durchsetzen kann die Partei die | |
Forderung allerdings nicht. Möglicherweise muss sie noch jahrelang mit | |
einer Fraktion in Forst leben, die nichts dabei findet, mit der AfD | |
zusammenzuarbeiten. Die nächste Kommunalwahl steht erst im Jahr 2024 an. | |
Die Auseinandersetzung steht auch für ein größeres Problem: Die Lausitz im | |
Süden Brandenburgs [4][ist eine Hochburg der AfD]. Bei der Landtagswahl | |
2019 holte sie dort die meisten Stimmen. Auch in Forst war sie [5][mit 30 | |
Prozent die stärkste Partei]. Dementsprechend kompliziert ist es, | |
Mehrheiten jenseits der Rechten zu finden. Loehr lehnt das als | |
Rechtfertigung jedoch ab. „Handunsgfähigkeit darf nicht heißen, mit dieser | |
Partei zu kooperieren. Da muss man andere Lösungen finden“, sagte er der | |
taz. Jede Form von Zusammenarbeit legitimiere die rechtsextremistische AfD. | |
Er plädiert stattdessen weiter für eine klare Abgrenzung und verweist auf | |
Erfolge: In Cottbus ist die AfD-Fraktion im Stadtparlament seit der Wahl im | |
Mai 2019 von elf auf sechs Mitglieder geschrumpft. Gemäßigte und parteilose | |
Mandatsträger hatten die Fraktion verlassen. Erst vor zwei Wochen hatte der | |
Brandenburger Verfassungsschutz den Landesverband [6][als Verdachtsfall | |
eingestuft]. | |
27 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Marco Zschieck | |
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