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# taz.de -- Grüne gegen Grünen: Grenzen für Boris Palmer
> LGBTIQ-Aktivistin Maike Pfuderer wurde von ihrem Parteikollegen Boris
> Palmer transfeindlich angegriffen. Jetzt wehrt sie sich mit einer
> Strafanzeige.
Bild: Muss sich schon lange mit Palmers Entgleisungen herumschlagen: Maike Pfud…
Berlin taz | Sie bezeichnet [1][Boris Palmer] auch mal als „moralisch
verrotteten Populisten“ – und steht dazu: „Ich nenne die Dinge beim Namen…
sagt Maike Pfuderer, LGBTIQ-Aktivistin mit transsexueller Vergangenheit bei
den Grünen in Baden-Württemberg. Im politischen Nahkampf mit ihrem
Parteikollegen dürften gerne die Fetzen fliegen, so Pfuderer, schließlich
seien sie beide „geerdete Schwaben“.
Trotzdem hat sich die Politikerin nun entschlossen, Strafanzeige gegen
Palmer zu stellen. Denn was dieser am Sonntagabend auf ihren
Facebook-Kommentar antwortete, sei kein harter politischer Diskurs, sondern
ein persönlicher Angriff.
Palmer hatte auf seinem Profil einen Gastbeitrag über Political Correctness
geteilt, den er 2015 für die FAZ geschrieben hatte. Pfuderer bezeichnete
den Text in ihrem Kommentar als „alten Käse“. Ein dritter User erkundigte
sich nach dem Verhältnis der beiden. Der Tübinger Oberbürgermeister
antworte daraufhin über Pfuderer: „Ich kenne ihn gar nicht“ und fragte
weiter: „Wie spricht man Pfuderer korrekt an?“
Auch den Vornamen Maike Pfuderers, den sie vor ihrer Geschlechtsangleichung
trug, nannte Palmer – für die Politikerin eine bewusste Provokation, wenn
nicht gar eine Beleidigung. Die Ansprache mit dem falschen Pronomen und das
sogenannte [2][„Deadnaming“], bei dem der ehemalige Name einer Transperson
genannt wird, gilt als Angriff auf die Persönlichkeit. Das Gegenüber soll
damit bewusst verletzt werden.
Vornamen dürfen nicht „offenbart und ausgeforscht“ werden
Das erkennt auch der Gesetzgeber an. Im Transsexuellengesetz schreibt er
fest, dass frühere Vornamen nicht ohne Zustimmung „offenbart und
ausgeforscht“ werden dürfen. Dass Palmer es trotzdem tut, obwohl Maike
Pfuderers Name klar und deutlich über ihren Kommentaren steht, sieht sie
als Teil seiner Strategie. Er versuche, bewusst zu provozieren und so die
Grenzen des Diskurses zu verschieben.
Als politische Aktivistin in Baden-Württemberg müsse sie sich schon seit
Jahren mit Palmers Entgleisungen herumschlagen, so Pfuderer. Jüngst
erklärte Palmer zum Beispiel über coronabedingte Todesfälle: „Wir retten
möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“ Die
Ausschreitungen in Stuttgart kommentierte er damit, dass er auf Bildern nur
„südländische“ und „dunkelhäutige“ Verdächtige ausmachen könne.
Pfuderer will ihm diese Äußerungen nicht durchgehen lassen und widerspricht
Palmer lautstark, vor allem auf Facebook. Jetzt nicht Strafanzeige zu
stellen, wäre Verrat an all der Arbeit, die sie als LGBTIQ-Aktivistin gegen
Diskriminierung geleistet habe. Ob Pfuderer mit ihrer Anzeige Erfolg haben
wird, ist offen.
Das Transsexuellengesetz ist nicht Teil des Strafgesetzbuchs und
„Deadnaming“ kein Straftatbestand. Trotzdem scheint ihre Sache nicht
aussichtslos. Anwältin Jessica Heun, die transidente Menschen vertritt,
sagt: „Eine Anzeige wegen Beleidigung ist durchaus nachvollziehbar. Palmers
Äußerungen sind insbesondere im Lichte des Offenbarungsverbots herabsetzend
und ehrverletzend im Sinne des Strafrechts.“
14 Jul 2020
## LINKS
[1] /Corona-Aeusserungen-von-Boris-Palmer/!5682855
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## AUTOREN
Mitsuo Iwamoto
## TAGS
Transgender
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt LGBTQIA
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