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# taz.de -- Geflüchtete in Griechenland: Gewolltes Elend auf den Inseln
> Viele Kommunen wollen Geflüchtete aufnehmen, dürfen aber nicht, weil
> Bundesinnenminister Seehofer blockt. Das Grundrecht auf Asyl ist
> gefährdet.
Bild: Ein Geflüchteter in seinem selbstgebauten Zelt neben dem Flüchtlingslag…
Es könnte so einfach sein. Tausende Geflüchtete, die in den Elendslagern
auf den griechischen Inseln ausharren, könnten von deutschen Kommunen
aufgenommen werden. Städte und Gemeinden hierzulande sind dazu bereit und
auch Aufnahmekapazitäten sind reichlich vorhanden, denn die meisten
Unterkünfte sind nicht einmal annähernd ausgelastet.
Aber das Bundesinnenministerium mauert. Es mauert und mauert. Es stimmt
zwar, dass es im Juni schon mal ein kleines Zugeständnis gab: 928
Schutzsuchende dürfen von Seehofers Gnaden nun aus den griechischen
Elendslagern nach Deutschland kommen. Aber ansonsten bewegt sich wenig in
puncto Aufnahme von Geflüchteten von den griechischen Inseln. 30.000
Menschen müssen dort unter den widrigsten Bedingungen ausharren, darunter
mehrere Tausend mit Familienangehörigen in Deutschland.
Dabei haben viele Kommunen schon ihre Hilfe angeboten – lange bevor die
Coronapandemie begann. 151 Städte und Gemeinden haben sich inzwischen zu
[1][„Sicheren Häfen“] erklärt und sind bereit, mehr Geflüchtete
aufzunehmen, als ihnen nach dem Verteilungsschlüssel üblicherweise
zugewiesen werden. Auch die Bundesländer dringen beim Innenministerium auf
mehr Flexibilität. Berlin und Thüringen haben Landesaufnahmeanordnungen
vorgelegt, mit denen sie selbstständig Schutzsuchende in ihre Bundesländer
holen wollen. In Erfurt und Berlin wartet man auf Antwort. Doch bisher
hüllt sich Innenminister Horst Seehofer (CSU) in Schweigen.
So weit, so menschenverachtend. Doch was derzeit auf dem Spiel steht, ist
weitaus existenzieller, denn mit ihren Plänen für die EU-Asylreform sägen
die Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen selbst an den
Grundfesten der europäischen Idee. Denn was bleibt vom [2][Grundrecht auf
Asyl,] wenn die EU-Innenkommissarin mit ihrer Ankündigung Ernst macht, in
Zukunft stärker mit Herkunfts- und Transitländern zusammenzuarbeiten?
Werden individuelle Fluchtgründe noch geprüft, wenn, wie es Innenminister
Seehofer will, bald an den EU-Außengrenzen in einem Zulässigkeitsverfahren
entschieden wird, wer überhaupt einen Asylantrag in der EU stellen darf?
Wie steht es um das Recht auf Familie, wenn Anträge auf Familiennachzug der
engsten Verwandten immer wieder abgelehnt werden? [3][Werden willkürlich
festgelegte Quoten das Grundrecht auf Asyl ersetzen?]
Als Trägerin der EU-Ratspräsidentschaft hätte Deutschland gerade jetzt die
Möglichkeit, die europäische Asylpolitik in einem Sinn voranzubringen, der
des zweiten Artikels des Vertrags über die Europäische Union würdig ist. Da
heißt es: „Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der
Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und
die Wahrung der Menschenrechte“. Schaut man auf die aktuellen Pläne,
scheinen diese in weite Ferne gerückt zu sein.
15 Jul 2020
## LINKS
[1] /Fluechtlingspolitik-von-unten/!5570118
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[3] /Kommentar-Verteilung-von-Gefluechteten/!5606092
## AUTOREN
Franziska Schindler
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