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# taz.de -- Klöckner, Gipfel und Corona-Sorgen: Die Ministerin flüstert
> Ein Fleischwunder wird es wohl nicht geben. Aber Gütersloh wird dafür
> vielleicht Urlaubsziel. Diese und weitere Themen – hier frisch auf den
> Tisch.
Bild: Julia Klöckner wollte stets „Freiwilligkeit“ – damit alle weiter r…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Stones untersagen der Trump-Kampagne den Song
„You can’t allways get what you want“.
Und was wird besser in dieser?
Ausgerechnet den hätte man ihm lassen können.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erntet Kritik für ihren
[1][„Fleischgipfel“], ein Treffen mit Branchenvertretern aus der
Fleischindustrie. Alles nur Show, sagen die Grünen. Konnten Sie dem Ganzen
etwas Gutes abgewinnen?
Sonntagsbraten, freitags Fischtag, dazwischen fliegen gebratene Täubchen in
den Mund: Mahlzeit! Unsere Sprache weht noch herüber aus einer Welt voller
Hirsepampe. Fleisch war rar und besonders. Jetzt also Schlachtfest: Tiere,
Arbeiter, Verbraucher, Erzeuger – die Fleischproduktion erweist sich als
fein austariertes System, wirklich allen Beteiligten zu schaden. Das
blamiert die Politik. Vorneweg eine Ministerin, die bisher das Wörtchen
„freiwillig“ im ASMR-Style flüsterte, damit alle wieder gut einschlafen
können. Nun ist die Schweinerei zerlegt, und die Innereien werden sortiert
nach Werkvertrag, Dumpingpreis, Qualzucht und Konzernwillkür. Alles
praktische Hebel und die Niederungen der Politik; ein Fleischwunder ist
nicht zu erwarten. Doch das Thema liegt jetzt dampfend auf dem festlich
gedeckten Tisch, und wir schließen die Augen zum Gebet: „Herr, die Zukunft
des Koteletts liegt in seiner Vergangenheit.“
Nach einem Corona-Ausbruch im Kreis Gütersloh haben Bayern, Niedersachsen,
Meck-Pomm und Ba-Wü Beherbergungsverbote für Urlauber aus dem Risikogebiet
verhängt. Und nu ’, wohin?
GT – Gran Tourismo! Gott Tönnies! Oder eben [2][Kreis GüTersloh] – heillos
unterschätzt. Miele, Miele, sagt die Tante, die alle Waschmaschinen kannte!
Also ab ins Firmenmuseum, dann – ordentlich den örtlichen „Steinhäger“
verkostet. Schließlich Gruselspaß bei einer „virtuellen Führung durch den
Traditionsraum der Firma Bertelsmann“. Da dürften die Mumien der untoten
Hartz-Gesetze herumkompostieren. 1.000 Kilometer Radweg und -loh, also
Wald, reichlich. Wieso wollte da überhaupt jemand weg?
Laut Deutschlandtrend macht sich trotz jüngster Corona-Ausbrüche nur ein
Viertel der Bürger wirklich Sorgen über eine Ansteckung. Ist das dieser
sommerliche Leichtsinn?
War Anfang März ähnlich, sprang dann auf über 50 Prozent. Wäre nicht
unsympathisch, wenn die Befragten unterschieden zwischen persönlicher Angst
und der Sorge um andere. Auch die leicht Gesinnten tragen die
Schutzmaßnahmen meist mit.
Aus einer Anfrage der Linken geht hervor, dass 2,4 Millionen Rentner:innen,
die 40 Jahre oder länger in die Rentenkasse eingezahlt haben, trotzdem
weniger als 1.000 Euro Rente im Monat herausbekommen. Das trifft vor allem
Frauen. Müsste mehr Werbung für die Grundrente gemacht werden?
Das Wort „[3][Grundrente]“ täuscht, es stammt aus der grassierenden Serie
„Schöne-Schwurbel-Gesetzesnamen“. Die Grundrente ist keine, sondern ein
Pflaster für einen Teilbereich der gesetzlichen Rente. Deshalb wollte die
SPD es viel breiter anlegen, die Union nicht und die Linke lieber gleich
eine grundlegende Reform. Nun hat sie aus Versehen bewiesen, dass besonders
westdeutsche Frauen mit 693 Euro Rente durchschnittlich unter der
Grundversorgungsgrenze landen. Das liegt an Teilzeit, Auszeit und
moribunden Löhnen in Berufen, zu denen bevorzugt Frauen verurteilt werden.
Mindestlohn rauf, Selbstständige und Beamte als potente Beitragszahler in
die Gesetzliche hinein – und dann jäh aus schönen Träumen erwachen. Weil
die Zahl der Älteren unaufhaltsam steigt, bleibt die Überschrift der
Rentenpolitik: Dann geh doch zu netto.
Nach dem Bilanzskandal von Wirecard stehen auch die Finanzaufsicht BaFin
und die Prüfungsgesellschaft EY in der Kritik – was ist da falsch gelaufen?
Nichts. „Anleihe-Investoren“ haben auf ein unseriöses Unternehmen gewettet
und nun sind ihre Aktien Ramsch.
Diese Woche, ab dem 1. Juli, übernimmt Deutschland für sechs Monate die
Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union – worauf dürfen wir uns
freuen?
Hochlastbetrieb im Regierungshangar in Tegel.
Und was machen die Borussen?
Sportliche Ziele waren nicht mehr zu erreichen, der Wettbewerb nicht mehr
zu verzerren und keine Fans zum Begeistern da. Dann verliert man 0:4 und
das geht schon in Ordnung. Das ist eine Mentalitätsantwort auf die
Mentalitätsfrage.
Fragen: hdl, krt
28 Jun 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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