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# taz.de -- Verdoppelung der Fläche: Mauerpark ohne Mauer
> Seit dem Wochenende ist der Mauerpark von acht auf 15 Hektar gewachsen.
> Nun gibt es auch eine Verbindung vom Wedding in den Prenzlauer Berg.
Bild: Blick in den Süden. Der neue Mauerpark ist rechts
Dies ist kein Pop-up-Park. Keine pandemieresiliente Infrastruktur, die mal
flugs mit Hütchen erweitert und abgesteckt wurde. Der von 8 auf 15 Hektar
vergrößerte Mauerpark, der am Freitag dem Publikum übergeben wurde, ist das
Ergebnis einer dreißig Jahre währenden Planung und eines erbitterten
Streits. Ein Ergebnis, das sich in weiten Teilen freilich sehen lassen
kann. Denn der Mauerpark baut keine neuen Mauern auf, sondern reißt viele
alte ein.
Beispielhaft dafür steht der Steinkreis im neuen Parkteil, der ein
Scharnier sein soll für das Zusammenwachsen der beiden Stadtteile
Prenzlauer Berg und Wedding. Ursprüngliche Befürchtungen, dass die lange
Zeit geplanten Neubauten auf den ehemaligen Bahnflächen eine neue Barriere
zwischen den ungleichen Vierteln errichten könnte, haben sich als
gegenstandslos erwiesen. Denn die Neubauten, die die Groth-Gruppe im
Gegenzug für die 7 Hektar neuer Parkfläche bauen durfte, sind
ausschließlich nördlich der Gleimstraße entstanden. Freie Fahrt gibt es
also nun von der Lortzingstraße im Weddinger Brunnenviertel über den
Steinkreis zum Falkplatz in Prenzlauer Berg.
Mit dieser neuen Ost-West-Verbindung spielt der Mauerpark seit Freitag in
einer anderen Liga, darf sich messen lassen mit dem Gleisdreieckpark, der
ebenfalls zwei ungleiche Viertel, Tiergarten-Süd und Kreuzberg miteinander
verbindet und auch von der landeseigenen Grün Berlin GmbH betreut wird.
Auch die Nutzungsvielfalt hat sich mit der Erweiterung deutlich vergrößert.
War der alte Mauerpark bislang eine vor allem von Touristen genutzte
schmale Nord-Süd-Verbindung, bietet die neue Fläche mit Spielplatz,
Birkenwäldchen, Urban Gardening, Sportflächen und einem festen Platz für
den Flohmarkt auch Angebote für Anwohnerinnen und Anwohner.
Am Sonntag jedenfalls war der Park gut gefüllt, auch wenn es am Freitag
keine Feierlichkeiten gegeben hat und einfach nur der Bauzaun abgebaut
wurde. Einzig der Verein der Freunde des Mauerparks hat zu einem kleinen
Sektumtrunk am Steinkreis eingeladen. Gegenüber der „Abendschau“ erinnerte
dessen Vorsitzender, Alexander Puell, an die Entstehungsgeschichte des
Parks. „Ursprünglich sollten hier Townhouses entstehen, aber nach vielen
Jahren Kampf ist es nun zum Park gekommen.“
Die vielen Jahre Kampf haben bei den Beteiligten bis heute Spuren
hinterlassen. Heiner Funken zum Beispiel hat sich zusammen mit der Stiftung
Welt-Bürger-Park dafür eingesetzt, dass es auf dem ehemaligen Mauerstreifen
und Bahngelände überhaupt keine Bebauung gibt. Dafür hätte der Senat das
gesamte Gelände von der Bahntochter Vivico oder deren Nachfolgerin CA Immo
kaufen müssen. „Da war der politische Wille nicht vorhanden“, sagt Funken
der taz. Zwar hätte die Bebauung südlich der Gleimstraße bei der
Bürgerbeteiligung verhindert werden können. „Doch dann hat der Senat das
Genehmigungsverfahren an sich gezogen.“ Er wollte damit einem
Bürgerbegehren in Mitte zuvorkommen.
Für Heiner Funken ist das Ergebnis „kein Grund zum Feiern“. „Als das
Gewerbe wegzog, hat sich die Natur das Gelände zurückgeholt, da hätten
minimalinvasive Eingriffe genügt“, sagt er. „Aber damit können Beamte und
Landschaftsplaner nicht leben, die müssen immer nur asphaltieren und Wege
bauen.“
Tatsächlich ist der südliche Teil der Erweiterungsfläche versiegelt. Die
Besucherinnen und Besucher des Flohmarkts sollten nicht immer nur im Matsch
stehen, hieß es zur Begründung. Lange Zeit waren dort aber auch Parkplätze
im Gespräch.
Nach Norden hin aber wird der Park grüner. Die Öffnung zum Wedding wird
genutzt. Wer in den Neubauten des Brunnenviertels beengt wohnt, kann mit
den Kindern nun in den Mauerpark zum Spielen gehen. Mit der Öffnung,
befürchtet Heiner Funken, könnte aber auch eine neue Welle der
Gentrifizierung auf den Wedding zurollen. „Jeder, der dort neu baut, wird
die Preise in die Höhe treiben“, sagt er.
Das sieht Andreas Otto nicht so. „Auf der Weddinger Seite gibt es mit der
landeseigenen Degewo einen Player, der dafür sorgt, dass das kein
Schickimicki wird“, ist er überzeugt.
Zur Eröffnung der Parkerweiterung hat Otto, der die Entwicklung des
Mauerparks als Anwohner, aber auch als Mitglied der Grünen-Fraktion im
Berliner Abgeordnetenhaus verfolgt hat, auf Facebook seinen Antrag vom 27.
Juli 1990 an die Stadtbezirksversammlung Berlin-Prenzlauer Berg gepostet:
„Der ehemalige Grenzstreifen“, heißt es da, „wird als durchgängige Grü…
unter ökologischen Gesichtspunkten gestaltet.“
Im Rückblick, räumt Otto heute ein, habe es in den vergangenen dreißig
Jahren auch Niederlagen gegeben. „Natürlich ist es bedauerlich, dass wir
nicht die ganze Fläche bekommen haben“, sagt er. Aber das sei Geschichte.
„Für mich ist die Erweiterung wie ein zweiter Start“, freut sich der Grün…
„Neben dem Weltbürgerplatz ist die Erweiterung die Chance, dass daraus auch
ein Platz für die Anwohner wird.“ Otto wünscht sich deshalb, dass auch die
Weddinger den Platz annehmen.
Eines übrigens unterscheidet den Mauerpark von dem am Gleisdreieck. Dort
musste die Gastronomie erst in den Park „gepflanzt“ werden. An der Bernauer
Straße umschließt der Mauerpark dagegen die „wilden Pflanzungen“, die es
schon vor der Erweiterung gegeben hat – die Cafés Mauersegler und das
Schönwetter. Aber das ist dann wieder eher was für die Touristen.
28 Jun 2020
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Mauerpark
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Bürgerbegehren
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