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# taz.de -- Kommunen ignorieren Schrottimmobilien: Nur Nichtstun ist teurer
> Die Kommunen haben bei prekären Wohnverhältnissen weggeschaut, weil sie
> die Kosten eines Eingreifens scheuten. Durch Corona bekommen sie die
> Quittung.
Bild: Einfach weggesperrt: Bewohner*innen der Grohner Landstraße protestieren
Göttingens [1][Oberbürgermeister hat recht]: Mietverträge schließen Mieter
und Vermieter miteinander. Darauf kann die Stadt keinen Einfluss nehmen.
Dass es aber verwahrloste Wohnanlagen wie die an der [2][Groner Landstraße]
und das [3][„Iduna-Zentrum“] in fast jeder Stadt gibt – daran tragen die
Kommunen dennoch eine Mitschuld.
Sie können kontrollieren, ob Wohnungen überbelegt sind. Sie können die
Bewohner*innen beraten, damit sie gegen Mietwucher vorgehen. Sie könnten
die Einhaltung von Hygiene- und Sicherheitsstandards überprüfen und bei
wiederholten Mängeln [4][Wohngebäude sogar sperren]. Lauter Maßnahmen, die
skrupellosen Vermietern ihr Geschäft vermiesen können.
All das tun die meisten Stadtverwaltungen aber nicht. Denn es erfordert
viel Personal und ist damit teuer. Dass Nichtstun am Ende viel teurer wird,
müsste seit der schier endlosen Saga um die [5][Delmenhorster
Wollepark-Wohnblocks] klar sein. Die Coronakrise macht es nun auch in
Göttingen unübersehbar.
Jetzt reagiert die Stadt – leider falsch. Als das Virus im Iduna-Haus
ausbrach, zeigte die Stadtverwaltung [6][mit dem Finger auf muslimische
Bewohner*innen], machte unbelegte Behauptungen über Ramadan-Feierlichkeiten
als Auslöser aus. So fügte sie der sozialen Stigmatisierung der
Bewohner*innen ohne Not eine rassistische hinzu.
Den Komplex an der [7][Groner Landstraße riegelte die Stadt kurzerhand ab],
ohne die Bewohner*innen vorab zu informieren. Tagelang gab's dann nur Essen
aus der Gulaschkanone und „Care-Pakete“ unspezifischen Inhalts. Als einige
Bewohner*innen sich wehrten und Polizisten angriffen, war das Erstaunen
groß.
Es heißt ja derzeit oft, die Coronakrise läute das Comeback des starken
Staats ein. In Göttingen ist das vor allem der Obrigkeitsstaat, der die
Menschen gängelt, statt mit ihnen zu kommunizieren. Gebraucht würde aber
gerade jetzt der fürsorgliche Staat, der die Bedürfnisse des Einzelnen zur
Kenntnis nimmt – und vielleicht einfach mal jemanden abstellt, der eine
Einkaufsliste abarbeitet.
29 Jun 2020
## LINKS
[1] /Quarantaene-im-Hochhaus-in-Goettingen/!5693050
[2] /Wegen-Corona-abgeriegelter-Wohnkomplex/!5696816
[3] /Corona-im-Idunazentrum-Goettingen/!5690591
[4] https://www.hinzundkunzt.de/abzock-vermieterin-vor-gericht/
[5] /Stadtentwicklung-in-Delmenhorst/!5434779
[6] /Corona-Hotspot-Goettingen/!5690836
[7] /Erneuter-Corona-Ausbruch-in-Goettingen/!5690125
## AUTOREN
Jan Kahlcke
## TAGS
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