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# taz.de -- Black-Lives-Matter-Protest in England: Bristol und London gehen vor…
> Erst die Statue eines Sklavenhändler, nun die eines Plantagenbesitzers in
> der Kolonie: In Großbritannien lebt eine alte Debatte neu auf.
Bild: Da liegt sie: Am Sonntag wurde in Bristol die Statue des Sklavenhänders …
London taz | Da waren es schon zwei. Erst versenkten Aktivist*innen am
Sonntag die Statue [1][des englischen Sklavenhändlers Edward Colston] im
Hafenbecken. Am Montag dann wurde die des Sklavenbesitzers Robert Milligan
in den Londoner Docklands entfernt. Der Ort ist bezeichnend für die
Geschichte des Mannes: Am ehemaligen „West India“-Hafen legten die
Zuckerfrachter aus der Karibik an. Ein Handel, der das Resultat brutalster
Sklaverei war. Milligan, dessen Statue hier über 200 Jahre stand,
„gehörten“ 526 Sklav*innen in Jamaika und zwei Plantagen.
Die Entscheidung, die Statue entfernen zu lassen, traf am Montag die Canal
& River Trust, eine Stiftung, die das Gelände an Flüssen und Kanälen in
England und Wales verwaltet. Das [2][Londoner Dockland Museum], vor dem die
Statue stand – und in dem es im dritten Stock die einzige permanente
Ausstellung in London zum Thema Sklaverei gibt –, bezeichnete die Statue
als Versuch, sich von der Geschichte reinzuwaschen, „ohne dabei die
Schmerzen über die Verbrechen Mlligans anzuerkennen“.
Dieses „whitewashing“ war bisher ein elementarer Teil des kollektiven
britischen Bewusstseins. So gedachten die Brit*innen im Jahr 2007 zwar der
Abschaffung des Sklavenhandels vor 200 Jahren. Dass Großbritannien jedoch
zunächst die Sklaverei eingeführt hatte und im 18. Jahrhundert Menschen
afrikanischer Herkunft gegen das Joch der Sklaverei rebellierten, war bei
offiziellen Zeremonien kein Thema.
In Bristol wird nun diskutiert, was mit dem Ort passiert, an dem die Statue
des Sklavenhändlers Colston stand. Inzwischen wurde sie vom Boden des
Hafenbeckens geborgen. Offiziell, um nicht den Schiffsverkehr zu gefährden.
Die Statue befinde sich nun einen sicheren Ort und lande wahrscheinlich im
Museum, teilte die Stadt mit.
## Umstrittene Statue auch in Oxford
Ein ähnliches Schicksal könnte die Statue von Cecil Rhodes am Oriel College
der University of Oxford nehmen. Da Rhodes als Architekt des
[3][Apartheidsystems in Südafrika] angesehen wird, sehen viele die Statue
als entwürdigend an. Seit 2016 werden die Forderungen, sie entfernen zu
lassen, immer wieder laut. Am Dienstag versammelten sich nun Hunderte vor
dem College und riefen lautstark: „Bring it down“ – Stürzt sie!
Sowohl der Stadtrat als auch die beiden Parlamentsabgeordneten aus Oxford
unterstützen das Anliegen. Auch in anderen britischen Städten, etwa in
Edinburgh und Cardiff, reichten Bürger*innen Petitionen ein, um Statuen von
Sklavenhändlern oder Sklavenhaltern zu entfernen.
Schon im Jahr 2002 Jahr startete eine Kampagne zur Errichtung eines
angemesseneren Denkmals im Londoner Hydepark, um der versklavten
Afrikaner*innen und ihres Freiheitskampfes zu gedenken. Weil die dafür
notwendige Summe von umgerechnet 4,5 Millionen Euro nicht zusammenkam,
steht das Denkmal bis heute nicht. Dabei konnte es auf das Wohlwollen des
damaligen Londoner Bürgermeisters zählen, der sogar der Enthüllung des
Modells beiwohnte: Boris Johnson, der aktuelle Premierminister.
Nun, da die Statue in Bristol von Black-Lives-Matter-Aktivist:innen zu Fall
gebracht wurde, bekommt auch das Denkmal im Hydepark plötzlich wieder
Aufmerksamkeit, erzählt die Mitgründerin der Kampagne Oku Ekpenyon der taz.
In einem Brief, den Premier Johnson ihr vergangenes Jahr geschrieben hat,
habe dieser staatliche Fördermittel noch ausgeschlossen. Dennoch habe die
britische Regierung im Januar angekündigt, eine Million Pfund für eine neue
Holocaust-Gedenkstätte bereitzustellen, erzählt Ekpenyon.
## Wann kommt Sklaverei-Denkmal?
Zudem sei in den letzten Jahren dem Vorhaben einer Gedenkstätte neben dem
Parlament zur Erinnerung an den Holocaust zugestimmt worden – nicht
Großbritanniens Verbrechen, sondern das der Deutschen, betont Ekpenyon –
mit ungerechnet 100 Millionen Euro Staatsgeldern. „Die Steuergelder
Schwarzer Briten finanzieren dies mit, ohne dass es ein einziges Denkmal in
London, geschweige denn Großbritannien gibt, das an die Opfer der Sklaverei
erinnert.“
Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan sagte der taz, dass er so ein Museum
oder ein Denkmal in London für richtig halte.
11 Jun 2020
## LINKS
[1] /Black-Lives-Matter-Protest-in-England/!5687866
[2] /Londoner-Sklavenhandel-Museum/!5190158
[3] /Apartheid/!t5016937
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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