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# taz.de -- Diskriminierung in Edeka-Markt: Job nur ohne Kopftuch
> Der Geschäftsführer eines Hamburger Edeka verbot Meriam B., mit Kopftuch
> zu arbeiten. B. machte den Fall öffentlich – und bekam eine
> Entschuldigung.
Bild: In einem Video auf Instagram hat Meriam B. ihre Vorwürfe veröffentlicht
Hamburg taz | Meriam B. kenne es gut, dass Leute hinter ihrem Rücken über
ihr Kopftuch lästern, aber noch nie habe ihr jemand das direkt ins Gesicht
gesagt, sagt sie. Die Schülerin schildert in einem [1][Instagram-Video],
das inzwischen mehr als eine Million Aufrufe hat, wie der Geschäftsführer
und der Personalabteilungschef eines Edeka-Markts im Hamburger Stadtteil
Langenhorn sie während eines Probetags für einen Sommerjob in einer
diskriminierenden Art auf ihr Kopftuch angesprochen hätten. Im Video macht
sie ihre Vorwürfe konkret.
„Ich hatte die ganze Zeit im Hinterkopf: Irgendwie werde ich nicht
angenommen“, sagt B. Als sie mit ihren zwei Freundinnen an der Kasse
eingearbeitet wurde, kam der Geschäftsführer des Edekas hinzu und fragte,
was los sei. Eine Freundin von B. antwortete ihm, dass sie die neuen
Aushilfen seien. Er habe daraufhin verächtlich mit dem Finger an der
16-jährigen Meriam B. herunter gezeigt, während er „Nimm dein Kopftuch ab,
sonst kannst du hier nicht arbeiten“, sagte. Als sie daraufhin zum
Personalabteilungschef geschickt wurde, meinte dieser, dass er sehe, „was
das Problem“ sei.
„Wir bedauern den geschilderten Vorfall sehr“, sagt Helene Dahlke,
Sprecherin der Edeka Handelsgesellschaft Nord mit Sitz in Neumünster. Man
habe sich dafür öffentlich auf Instagram entschuldigt. „Wir lehnen jede
Form der Diskriminierung entschieden ab“, teilt sie in einer schriftlichen
Stellungnahme mit. Über Instagram habe man die deutsche Schülerin zu einem
klärenden Gespräch mit dem Geschäftsführer der Edeka-Filiale eingeladen.
„Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen aus zahlreichen Nationen und
tragen zur kulturellen Vielfalt bei Edeka Märkl bei“, ließ er mitteilen.
Die „Kritik“ der Schülerin nehme er „gerne an“. Für eine taz-Anfrage …
weder der Geschäftsführer Bernd Märkl noch sein Kollege von der
Personalabteilung persönlich erreichbar.
Welche grundsätzliche Haltung der Lebensmittelriese gegenüber Frauen mit
religiöser Kopfbedeckung hat, will Dahlke trotz mehrfachen Nachfragen nicht
beantworten. Die Schülerin wurde jedoch zu einem Vorstellungsgespräch in
einer anderen Filiale eingeladen. Eine formelle Entschuldigung, wie sie der
Anwalt der Schülerin verlangt, kam aber noch nicht an.
„Meine Mandantin will natürlich nicht mehr in einem Edeka arbeiten“, sagt
Meriams Anwalt. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung sehen; er
vertritt Menschen mit Migrationsgeschichte, die diskriminiert oder
rassistisch angegriffen wurden.
„Wir werden jetzt eine Beschwerde an mehreren Antidiskriminierungsstellen
zur Dokumentation einreichen“, sagt er. Eine Anzeige werde aber nicht nötig
sein. „Man wird sich außergerichtlich einigen“, sagt er.
Was der Hamburgerin passierte, sei kein Einzelfall, sagt Eliza-Maimouna
Sarr. Sie arbeitet für „Beratung bei Diskriminierung wegen
(zugeschriebener) Herkunft und Religion“, kurz „amira“, in Hamburg.
„Insbesondere im Arbeitsleben berichten Betroffene von Ausschlüssen,
Herabwürdigungen, unrechtmäßigen Kündigungen“, sagt sie. Gerade Frauen mit
religiöser Kopfbedeckung würden solche Diskriminierungen den Zugang zu
Arbeit erschweren – auch in Supermärkten.
„Der Job darf nicht wegen eines Kopftuchs verwehrt werden“, sagt auch
Sebastian Bickerich, Sprecher der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Das verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip, das im Grundgesetz
verankert ist und in dem es unter anderem heißt, dass niemand wegen seines
Glaubens benachteiligt werden dürfe. Bickerich rät der Schülerin, die
Beschwerde auf jeden Fall einzureichen.
Meriam B. sagt, es sei für sie „eine Realitätsklatsche“ gewesen, dass sie
durch erwachsene Männer Erfahrungen mit Rassismus machen musste. Sie will
sich zukünftig noch mehr gegen jeden Rassismus engagieren. Menschen, die
sie aufgrund ihres Kopftuchs ablehnen, nennt sie dumm. „Die wissen es nicht
besser“, sagt sie. Die Kommentarspalte unter ihrem Video ist voller
Solidaritätsbekundungen. Zu ihrem Kopftuch sagt die selbstbewusste
Schülerin am Ende ihres Videos: „Ich liebe es und lege es auch nicht ab“.
23 Jun 2020
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/tv/CBgPXkSF5RF/?igshid=1vcosv4ttntis
## AUTOREN
Yasemin Fusco
## TAGS
Diskriminierung
Hamburg
Kopftuch
Edeka
Muslime in Deutschland
Schwerpunkt Rassismus
Kopftuch
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