# taz.de -- Typologie der Bäuche: Ein jeder hat seine Fasson | |
> Fast ein Drittel der Deutschen hat in der Coronazeit zugenommen. | |
> Statistisch ist jede zweite Person unglücklich mit ihrem Bauch. Eine | |
> Sachkunde. | |
Bild: Von wegen Problemzone | |
## Der Stressbauch | |
Bauchschmerzen, Verstopfung, Übelkeit. Bei Aufregung und Stress leidet | |
unser Bauch mit. Wir vergessen Mahlzeiten oder schlingen sie hinunter. Der | |
Bauch bläht sich auf (siehe Blähbauch). Bei Stress schüttet der Körper | |
außerdem Kortisol aus. Das Hormon hemmt den Appetit, damit der gestresste | |
Körper sich nicht noch um die Verdauung kümmern muss. Und weil er trotzdem | |
Energie braucht, erhöht es den Blutzucker und lässt das viszerale Fett im | |
Bauch wachsen. Stress führt also auch zu Fett (siehe Fettbauch). | |
„Der Stressbauch ist ein gutes Beispiel dafür, dass am Bauch immer auch | |
gesamtgesellschaftliche Themen verhandelt werden“, sagt | |
Kulturwissenschaftlerin Tina Ebbing. Sie hat ein Buch über den Bauch | |
geschrieben. „Vielleicht war schon der Fettbauch vor 75 Jahren ein | |
Stressbauch, aber erst in den letzten Jahren werden Stress und seine | |
Auswirkungen auf den Körper in unserer Gesellschaft thematisiert.“ Es | |
verwundert kaum, dass genau die Dinge gegen den Stressbauch helfen, die | |
heute angesagt sind: Achtsamkeit, Entspannung und Yoga. | |
## Der Blähbauch | |
Wenn die Luft im Bauch nicht entweichen kann, bläht sich ein flacher Bauch | |
im Laufe des Tages zu einem steinharten Ballon auf. Beim Draufklopfen | |
klingt er hohl. | |
Das kann an Stress liegen. Lebensmittelunverträglichkeiten. Erkrankungen. | |
Ein Reizdarmsyndrom etwa, bei dem die Funktionsfähigkeit des Darms | |
eingeschränkt ist. Und: an ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Gemüse, | |
Obst, Nüsse, Getreide und Hülsenfrüchte. Ihre Ballaststoffe verdauen wir | |
nicht selbst, das tun die Bakterien in unserem Darm für uns. Dabei | |
entstehen Gase, die in Form von Pupsen den Körper verlassen oder den Bauch | |
aufblähen. Wie ein Hefeteig quasi. | |
„Auf welches Nahrungsmittel die einzelne Person stärker oder schwächer | |
reagiert, ist sehr verschieden und hängt von der individuellen | |
Zusammensetzung des Darmmikrobioms ab. Ein Patentrezept für alle gibt es | |
nicht“, sagt Ernährungsmediziner Stefan Kabisch. Er rät, mit der Ernährung | |
zu experimentieren, jedoch niemals auf Ballaststoffe zu verzichten. Sie | |
helfen bei der Verdauung und reduzieren das Risiko für Krebs und Diabetes. | |
## Der Fettbauch | |
Mal ragt er prall hervor. Mal hängt eine Wulst auf die nächste fallend | |
herunter. Das [1][Prachtexemplar] unter den Bäuchen trägt kolossale Namen | |
wie Plauze, Fass, Ranzen, Trommel, Wampe oder Schwarte. | |
Grund für den riesigen Bauchumfang ist Fett. Nicht ungefährliches | |
subkutanes Fett unter der Haut (siehe Rettungsring). Sondern viszerales | |
Fett, das sich in Form von Fettdepots um die Organe legt und den Bauchraum | |
ausfüllt. Menschen, die sich von viel Zucker, Weißmehl, Milch und Fleisch | |
ernähren, haben davon besonders viel. Der Körper weiß nicht wohin mit der | |
überschüssigen Energie und produziert immer mehr Fett, das sich bei | |
mangelnder Bewegung weiter ansammelt. | |
Ab einem Bauchumfang von 88 Zentimetern bei Frauen und 102 Zentimetern bei | |
Männern ist der Anteil des viszeralen Fetts, laut | |
Weltgesundheitsorganisation, gefährlich hoch. Denn es ist aktiv wie ein | |
Organ und produziert eifrig entzündungsfördernde Botenstoffe. So ist das | |
viszerale Fett längst kein Notfalllager für schlechte Zeiten mehr, sondern | |
fordert das Immunsystem heraus und kann Diabetes, | |
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkte auslösen. | |
Was ungesund ist, muss deshalb aber nicht gesellschaftlich verpönt sein. Im | |
Deutschland des 17. Jahrhunderts, Zeitalter des prunkvollen Barock, stand | |
ein dicker Bauch für Lebensgenuss. Wer so vermögend war, es sich gut gehen | |
zu lassen, trug stolz einen Bauch vor sich her. | |
Ab dem 19. Jahrhundert fiel der gleiche Bauch in Ungnade. Als | |
Kartoffelbauch repräsentierte er eine einseitige Ernährung. Als Kummerspeck | |
das Essen und Trinken aus Sorge. Im Ersten Weltkrieg, wo der Tod | |
allgegenwärtig war, gab man ihm Namen wie Kotelettfriedhof oder Grabhügel. | |
Erst in den 50er Jahren, dem Jahrzehnt des deutschen Wirtschaftswunders, | |
wurde er wieder zum erstrebenswerten Statussymbol. Er stand für Erneuerung | |
und Aufschwung. Man hatte es wieder zu etwas gebracht. Und das durfte sich | |
am Bauch zeigen. Erst mit der [2][neoliberalen] Wende in den 80er Jahren | |
verblasste der bewundernde Blick auf den Fettbauch wieder. Aus dem positiv | |
konnotierten Wohlstandsbäuchlein wird das, was als Zeichen für die | |
Unfähigkeit der Person gelesen wird, sich unter Kontrolle zu haben. „Die | |
Körperform hat nichts mit realer Leistungsfähigkeit zu tun“, sagt | |
Soziologie Thomas Alkemeyer. Wie hätte sonst Gewichtheber Matthias | |
[3][Steiner] mit ganzen 150 Kilo* die Olympischen Spiele, die Europa- und | |
die Weltmeisterschaft gewinnen können? Krankheiten, Gene, Süchte, Leben in | |
einer Überflussgesellschaft – es gibt viele Gründe dafür, wie ein Körper | |
aussieht. „Dennoch werden am Aussehen des Körpers Leistungsfähigkeit und | |
soziale Unterschiede festgemacht“, bedauert Alkemeyer. „Dicken Körpern wird | |
zugeschrieben, nicht fit zu sein, und sie gelten oft als ein Anzeichen | |
dafür, ‚unten‘ in der gesellschaftlichen Hierarchie zu stehen.“ | |
## Der Bierbauch | |
„Bier formte diesen Körper“, steht auf dem T-Shirt, unter dem sich eine | |
runde Bauchkugel spannt. Der Bierbauch ist nichts anderes als ein Fettbauch | |
(siehe Fettbauch), der durch enorme Kalorienzufuhr – Alkohol – entsteht. | |
Während auf den einen hingegen mit dem Zeigefinger gedeutet würde, werden | |
am Bierbauch das Lustvolle und der Normverstoß zelebriert. | |
„Der dicke Bauch kann von außen betrachtet auch als Provokation gesehen | |
werden. Wir erwarten, dass die Menschen ihren aus der Form geratenen Bauch | |
verstecken, nicht so viel Raum mit ihm einnehmen. Im Gegenzug kann das auch | |
eine Chance sein, den nichtperfekten Körper zu emanzipieren“, sagt Tina | |
Ebbing. Ohne Scham, vielleicht mit einem kleinen Zwinkern, wird in | |
verschiedenen Regionen in Bayern jährlich der schönste [4][Bierbauch] | |
gekürt. | |
## Der Waschbrettbauch | |
Der Porsche unter den Bäuchen hat es geschafft. Die vollkommene | |
Beherrschung des Körpers tritt mit jedem hart definierten Muskel hervor. | |
Sechs oder acht an der Zahl. Six- oder Eightpack. Die Assoziation zum Bier | |
bleibt. Doch der Bierbauch ist bezwungen. Wie schnell dieser Idealzustand | |
des Bauchs erreicht werden kann, hängt von der individuellen Konstitution | |
ab. Doch Training allein genügt nicht. Auch der Fettanteil, vor allem das | |
viszerale Fett, muss reduziert werden. | |
Zunächst Accessoire der Athleten und Soldaten, hielt der Waschbrettbauch | |
Einzug ins bürgerliche Leben. Während in der Industrialisierung die | |
Bevölkerung von außen zu maximal produktiven Körpern diszipliniert worden | |
war, der Philosoph Michel [5][Foucault] nennt das „Biopolitik“, vollzog | |
sich diese Maximierung im Neoliberalismus von innen. Auf einmal | |
konditionierte sich die Bevölkerung von selbst. Es war nichts Besonderes | |
mehr, keine körperliche Arbeit tun zu müssen, ein genussvolles Leben zu | |
pflegen und es als Bauch vor sich her zu tragen (siehe Fettbauch). Wer es | |
sich jetzt leisten konnte, zelebrierte die an die Maschinen verloren | |
gegangene Körperkraft im Sport und investierte Geld und Zeit in einen | |
Körper, der zeigen sollte, wie leistungsfähig man war und wie gut man sich | |
auf dem Markt durchsetzen konnte. Ultimativer Demonstrator dafür: der | |
Waschbrettbauch. | |
Bis heute ist der neoliberale Kapitalismus auf Subjekte angewiesen, die | |
ihren Körper als Kapital ihrer Leistungsfähigkeit fit und gesund halten. | |
„Wir wollen vor anderen nicht undiszipliniert erscheinen, als Menschen, die | |
ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen. Also versuchen wir, ein möglichst | |
vorteilhaftes Bild von uns vor anderen, aber auch vor uns selbst | |
abzugeben“, beschreibt Soziologe Thomas Alkemeyer. „Wir bezwingen den | |
Bauch, um nicht schwach und willenlos zu erscheinen.“ | |
Die Übertreibung und Perfektionierung des muskulösen Bauchs in den letzten | |
zwanzig Jahren hat den Waschbrettbauch als Wohlstandsbauch jedoch auch | |
schon wieder in Verruf gebracht. „Sich nur mit seinen eigenen Bauchmuskeln | |
zu beschäftigen, ist auch Ausdruck für Selbstbezogenheit. Der Hang zu | |
Narzissmus liegt nahe“, so der Soziologe. Ein [6][aufgepumpter], | |
bodygebuildeter Körper ist kein Potenzial für Anerkennung mehr, sondern | |
mehr ein Attribut des Angebers und Machos. Der bürgerliche Körper ist | |
deshalb schlank, trainiert und fit. Wie er sich wohl weiter verändern wird, | |
jetzt, wo Historiker Rutger Bregman in der Coronakrise das Ende des | |
Neoliberalismus sieht? | |
## Der Rettungsring | |
Wie Eichhörnchen vorm Wintereinbruch legt unser Körper Reserven für | |
schlechtere Zeiten an. Nicht benötigte Energie aus der Nahrung, Zucker von | |
Süßigkeiten zum Beispiel, lagert er als Fett ein. In einem kleinen | |
Pölsterchen unterhalb, manchmal auch oberhalb der Taille. Es liegt direkt | |
unter der Haut und lässt sich gut greifen. Dieses subkutane Fett ist | |
ungefährlich, es schützt uns sogar. Seine weiche Schicht bewahrt unseren | |
Körper vor Auskühlung und die Organe vor Stößen und Erschütterungen. Und | |
wird der kleine Energiespeicher nicht zu groß, hilft er dem Immunsystem, | |
Krankheiten wegzustecken. Dafür ist allerdings auch Bewegung sehr wichtig, | |
die der Körper mit Rettungsring vermisst. | |
## Das Bäuchlein | |
Ein flacher Oberbauch. Darunter eine kleine weiche Kugel. Die | |
Verniedlichungsform verrät: Das ist noch kein ganzer Bauch. Nur ein ganz | |
kleiner und deshalb okay. Sogar Barbie, gemeinhin nicht für ihr positives | |
Körperbild bekannt, bekam 2016 einen verpasst. Er ist keine Folge von | |
mangelnder Bewegung. Er ist auch nicht gefährlich. Seine Trägerin hat eher | |
einen stressigen Alltag, eine falsche Körperhaltung und nascht eben mal | |
gerne (siehe Rettungsring). | |
Vor allem aber ist das Bäuchlein sexy. Ein Coussin d’amour, ein | |
Liebeskissen, wie es in Frankreich heißt. Schon in der Renaissance stand es | |
für Fruchtbarkeit, weil es an eine Schwangerschaft erinnerte. Doch nicht zu | |
früh gefreut. Das Bäuchlein darf in seiner Natürlichkeit und Weichheit nur | |
an den Normen kratzen, solange es straff seine Form behält und nicht | |
herabhängt. | |
## Der Schwangerschaftsbauch | |
Weil der Fötus in ihm mehr Platz braucht, beginnt der Bauch im Laufe des | |
vierten Schwangerschaftsmonats zu wachsen. Dank der Schwangerschaftshormone | |
wird das Bauchgewebe weich und kann sich weiten. Aber nicht ins Unendliche. | |
Der Fötus verdrängt die Organe in den Oberbauch, was ihnen zum Glück nicht | |
viel ausmacht, wie Viszeralchirurg Shueb Mussa versichert, der schon viele | |
Bäuche von innen gesehen hat. Höchstens der Magen ist gegen Ende der | |
Schwangerschaft manchmal bedrückt, was zu Sodbrennen führt. | |
Nach der Geburt hängt der zuvor prall gewölbte Bauch schlaff herunter. Als | |
sogenannte Fettschürze aus überschüssiger Haut. Es dauert, bis er wieder | |
seine alte Größe erreicht hat. | |
Während der schwangere Bauch stolz präsentiert werden darf, ist der Bauch | |
nach der Schwangerschaft nirgendwo zu sehen. Der Bauch muss | |
schnellstmöglich seine ursprüngliche Form zurückerlangen, um wieder | |
vorzeigbar zu sein. Als wäre der Bauch genau für die vom Fötus benötigte | |
Zeit dessen Brutkasten, völlig entkoppelt vom Körper der Schwangeren. Kein | |
Wunder, dass noch Debatten darüber geführt werden, wer über diesen Bauch | |
und den darin wachsenden Fötus bestimmen darf: die, um deren Bauch es geht, | |
oder das Gesetz. | |
## Der Waschbärbauch | |
Behaart, rundlich und weich soll es der Waschbär mit dem stählernen | |
Waschbrett aufnehmen. Wie bei seinem weiblichen Äquivalent, dem Bäuchlein, | |
gilt: „Er ist eine Kunst an sich, muss genau das richtige Maß an kuschelig, | |
gemütlich und niedlich treffen“, beschreibt Tina Ebbing. | |
Genau dann steht er für den modernen Mann, der sich nicht mehr auf den | |
eigenen Körper beschränkt und gestellt durch die Gegend läuft, sondern | |
flexibel ist. Der seine Freizeit nicht schwitzend im Fitnessstudio, sondern | |
spielend mit seinen Kindern verbringt. Der Kosename dieses Bauchs ist | |
deshalb „Dad Bod“, am ehesten zu übersetzen als „Vaterkörper“. Er | |
repräsentiert eine Art intellektuelle Gegenkultur zum allgegenwärtigen | |
Fitnesswahn, in der auch wieder genossen werden darf (siehe Fettbauch). | |
Irgendwie ein neuer Wohlstandsbauch. Aber gezügelt. | |
## Der Hohlbauch | |
Baucheinziehen, sodass der Bauch ausgehöhlt aussieht? Leider auch nicht der | |
Weg zum perfekten Bauch. „Ein eingefallener Bauch ist nicht das Ideal. Er | |
wirkt krank. Es muss schon die goldene Mitte sein“, sagt | |
Kulturwissenschaftlerin Tina Ebbing. Abhilfe versprechen Operationen, die | |
Viszeralchirurg*innen wie Shueb Mussa durchführen. Dabei stellen sie | |
erschlafftes Bindegewebe oder auseinandergegangene Bauchmuskeln kosmetisch | |
wieder her. Zum Beispiel nach Schwangerschaften. | |
## Die Wespentaille | |
Was wir heutzutage von BDSM-Praktiken und Kostümfilmen kennen, hat | |
jahrhundertelang Frauen und manchem Mann Luft und Bauch abgeschnürt: | |
Korsetts. Zuerst gaben sie Halt, wo der Körper nicht selbst trug. Am Bauch. | |
Aber ab den 1820er Jahren galt ein Bauch als unschick und musste verdrängt | |
werden. Der Taillenumfang durfte nicht mehr als 43 bis 53 Zentimeter | |
messen. Anfang des 20. Jahrhunderts dann gar nichts mehr. Sogenannte | |
Sans-Ventre-Korsetts, Ohne-Bauch-Korsetts, pressten den Körper in eine | |
S-Form: eine nach vorne gebeugte Brust, ein bauchloses Hohlkreuz und nach | |
hinten gedrückten Hüften. | |
Die Organe im Bauch sind zwar flexibel und halten viel aus, doch die | |
Schädigungen des Körpers durch die Korsetts waren enorm. Muskeln wurden | |
geschwächt, die Körperhaltung verformt, Bewegung und Körperfunktionen | |
eingeschränkt. Obwohl viele Mediziner*innen und Frauenrechtler*innen für | |
die Abschaffung des Korsetts plädierten, dauerte es damit bis zum Ersten | |
Weltkrieg. Gründe dafür waren weniger feministischer als pragmatischer Art. | |
Die Frauen sollten sich in ihrer plötzlich aus der Not aufkommenden | |
Berufstätigkeit bewegen können und intakte, gesunde Körper für Mutterschaft | |
und Familie bieten. Von da an mussten die Körper selbst in Form gebracht | |
werden. Mithilfe von Diäten. | |
„Es ist immer ein Aushandeln des Verhältnisses zwischen Körper und | |
Außenwelt. Wie weit darf ich meinen Körper für Fremdkörper öffnen, ohne | |
dass der Bauch aus der Form gerät, von sich aus in die Welt hinausragt und | |
uns so als schwach und nicht perfekt verrät?“, erklärt Ebbing. Der Bauch | |
muss sich deshalb normkonform verhalten und gebändigt werden, wenn er das | |
nicht tut. Man aß Seife. Entschlackte. Fraß die Hälfte. Auch heute noch | |
finden sich unzählige Tipps, um den Bauch loszuwerden. Und so manch | |
hochsitzende enge Hose wirft Zweifel auf, inwiefern wir das Zeitalter des | |
Einschneidens von Atmung und Bewegungsfreiheit hinter uns gelassen haben. | |
## Die DIN-A4-Hüfte und Bikini-Brücke | |
Eine Filterblase allein mit Bildern ihrer Bäuche. Was passiert? Es | |
schaukelt sich hoch, und schon kulminiert die Optimierung des Bauchs in | |
Wettbewerben um den allerdünnsten. 2012 #bikinibridge: ein Bauch so flach, | |
dass die Bikinihose ihn im Liegen nicht berührt. 2015 #bellybutton: ein Arm | |
reicht um den Rücken herum bis zum Bauchnabel. 2016 #paperwaist: eine | |
Taille so schmal wie ein DIN-A4-Papier. | |
Soziologe Thomas Alkemeyer sieht diesen Idealbildern auf Instagram und Co. | |
mit großer Sorge entgegen. „Wir erleben seit Jahrzehnten, dass unsere | |
Kultur zunehmend visuell wird, dass sie sich immer stärker an Bildern und | |
Sichtbarkeit ausrichtet. Idealbilder des Selbst, die perfekter sind als | |
wir, werden zum Maßstab, an dem wir uns und andere beurteilen.“ Folgen sind | |
enormes Leid und Krankheiten wie Magersucht. | |
## Der falsche Bauch | |
Wenn der eigene Bauch nicht zum Vorzeigen reichte, griff der Mann der | |
frühen Neuzeit zum Gänsebauch. Das mit Baumwolle und Pferdehaar | |
ausgestopfte Wams reichte vom Hals bis zum Gürtel hinab und verlieh dem | |
Träger eine stattliche Kugel. Damit ließ sich ein Wohlstandsbauch | |
imitieren, der Männlichkeit und Macht symbolisierte und auch Schutz bot. | |
Von gestern? Heute werden Silikonimplantate in die Bauchmuskulatur | |
eingesetzt, die einen perfekten Sixpack versprechen. Ganz ohne Training. | |
* Korrektur: Ursprünglich stand an obiger Stelle, dass Steiners Gewicht | |
eine Folge seines Diabetes gewesen sei. Das trifft nicht zu. Übergewicht | |
tritt häufig zusammen mit Diabetes 2 auf, Matthias Steiner aber hat | |
Diabetes 1, eine Autoimmunerkrankung. | |
8 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://blogs.faz.net/filmfestival/2015/05/22/der-bauch-von-depardieu-487/ | |
[2] https://www.pinterest.at/pin/192388215310917538/ | |
[3] https://www.stern.de/gesundheit/gesund-leben/matthias-steiner-ueber-diabete… | |
[4] https://www.youtube.com/watch?v=JWAHbs_24io | |
[5] https://garage.vice.com/en_us/article/wjwjvx/accidental-style-icon-michel-f… | |
[6] https://www.youtube.com/watch?v=a34qHw5TzEk | |
## AUTOREN | |
Stella Schalamon | |
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