| # taz.de -- Corona-Lockerungen in Thüringen: Ramelow bleibt doch auf Abstand | |
| > Bodo Ramelow will nun doch nicht alle Schutzvorschriften streichen. Fürs | |
| > Abstandhalten und Maskentragen soll es weiter Landesregeln geben. | |
| Bild: Bodo Ramelow im April 2020 | |
| Berlin taz | Thüringens Minsterpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) will | |
| nun doch nicht sämtliche coronabedingten Beschränkungen in seinem | |
| Bundesland zurücknehmen. Das geht aus der Vorlage der Staatskanzlei für die | |
| Kabinettssitzung der rot-rot-grünen Landesregierung am Dienstag hervor. | |
| Danach sollen auch weiterhin ein Mindestabstand von 1,5 Meter und die | |
| Verwendung einer Mund-Nasen-Schutz bei bestimmten Gelegenheiten in einer | |
| Landesverordnung geregelt werden. | |
| Noch am Wochenende hatte Ramelow angekündigt, seinem Kabinett einen | |
| Vorschlag zu unterbreiten, [1][„wie wir ab dem 6. Juni auf allgemeine | |
| Schutzvorschriften verzichten können“]. Diese sollten ersetzt werden durch | |
| ein „Konzept des Empfehlens“. Sein Vorstoß hatte nicht nur, aber auch bei | |
| den Koalitionspartner:innen von der SPD und den Grünen für einige | |
| Irritationen gesorgt. Vertreter beider Parteien gaben in der Thüringer | |
| Allgemeinen zu Protokoll, sie seien von der Ankündigung „eiskalt“ erwischt | |
| worden. | |
| Nun hat Ramelow sein Vorhaben relativiert. Wie aus dem „Entwurf einer | |
| Verständigung des Kabinetts“, der der taz vorliegt, hervorgeht, sollen zwar | |
| zahlreiche „Regeltatbestände“ wegfallen, beispielsweise die | |
| Kontakbeschränkungen. Aber doch nicht alle. So soll es neben der | |
| Abstandsregel und dem Mund-Nasen-Schutz auch weiter landesweit verordnete | |
| allgemeine und besondere Infektionsschutzregeln sowie | |
| Infektionsschutzkonzepte geben. | |
| Auch dürften ab dem 6. Juni wohl Konzerthäuser, Schwimmbäder, Kinos, | |
| Messen, Diskos oder Bordelle wieder für den Publikumsverkehr öffnen dürfen. | |
| Großveranstaltungen bleiben allerdings noch bis zum 31. August landesweit | |
| verboten. | |
| ## Schulöffnungen nach sächsischem Vorbild | |
| Im Kern geht es Ramelow um die Verlagerung der Bekämpfung der | |
| Corona-Pandemie auf die lokale Ebene. Bei dem Erreichen eines Grenzwertes | |
| von 30 oder 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner:innen sollen umgehend | |
| Notfallmaßnahmen zur Eindämmung eingeleitet werden – wenn es sein muss, | |
| auch gegen den Willen der örtlichen Behörden. Dafür soll das | |
| Landesgesundheitsministerium die Kompetenz erhalten, „unmittelbar gegenüber | |
| den betreffenden Gebietskörperschaften die unmittelbare Fachaufsicht durch | |
| Weisung auszuüben“. | |
| Noch nicht ganz klar ist, wie es in Thüringen nun genau mit den Schulen und | |
| Kitas weitergeht. In dem Kabinettsentwurf heißt es dazu nur, dass | |
| Bildungsminister Helmut Holter (Linkspartei) gebeten werde, „dem Kabinett | |
| darzulegen, unter welchen Rahmenbedingungen das sächsische Modell der | |
| Schul- und Kitaöffnungen adaptiert und eine Testung des Personals der | |
| Bildungseinrichtungen auf Wunsch und bei Bedarf gewährleistet werden kann“. | |
| Eindringlich wird in dem Papier der Thüringer Staatskanzlei davor gewarnt, | |
| den Coronavirus nicht mehr ernstzunehmen. „Es ist und bleibt festzuhalten, | |
| dass die Pandemie nicht überwunden ist“, heisst es darin. „Es steht bislang | |
| weder ein Impfstoff noch ein Medikament zur Behandlung der | |
| Corona-Erkrankung zur Verfügung.“ | |
| ## Gegen den Rat der Linken-Parteispitze | |
| Die Linke hatte bislang immer vor schnellen Lockerungen gewarnt, ja | |
| Parteichefin [2][Katja Kipping die „Lockerungslobby“] in einem | |
| Diskussionsbeitrag heftig attackiert. Ein Kurs, den die Thüringer | |
| Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow grundsätzlich begrüßt hatte. Nun, da | |
| sich Ministerpräsident Ramelow selbst an die Spitze jener „Lockerungslobby“ | |
| stellt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihn zu verteidigen. | |
| Sie finde Ramelows Vorschläge nicht falsch, sagt sie der taz. „Wir haben | |
| hier in Thüringen 250 Infizierte auf 2 Millionen Einwohner.“ Von einem | |
| Pandemiegeschehen könne wirklich nicht die Rede sein. „Von daher ist es | |
| richtig, dass wir demokratische Grundsätze wieder herstellen.“ Die | |
| Regierung handele zudem in dem Wissen, dass eine Abstimmung mit den Füßen | |
| bereits stattfinde. „Was hier passiert, ist nicht mehr aufzuhalten.“ | |
| Ramelow hatte sie und Vizechef Steffen Dittes in der Woche zuvor in seine | |
| Pläne eingeweiht – und war auf Skepsis gestoßen. Abbringen ließ er sich | |
| dennoch nicht von dem Weg, Thüringen zum Vorreiter bei der Aufhebung der | |
| coronabedingten Einschränkungen zu machen. Auch die Berliner Parteispitze | |
| wurde lediglich in Kenntnis gesetzt. „Von einer Abstimmung kann man nicht | |
| reden“, sagte Parteichef Bernd Riexinger bei der montäglichen | |
| Pressekonferenz der Partei auf Nachfrage, ob Ramelow sich mit ihm und | |
| Kipping zuvor abgesprochen habe. | |
| 25 May 2020 | |
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| [1] /Thueringen-plant-Lockdown-Ende/!5687606/ | |
| [2] /Die-Linkspartei-in-der-Coronakrise/!5681811 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
| Anna Lehmann | |
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