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# taz.de -- Ende der Corona-Maßnahmen: Thüringer Alleingang
> Bodo Ramelow kündigt ein Ende der Corona-Schutzmaßnahmen an – und erntet
> Widerspruch. Wie fragil die Lage ist, zeigen zwei lokale Ausbrüche.
Bild: Bodo Ramelow (l.) will das Ende der Corona-Maßnahmen
BERLIN taz/dpa | Mit aktuell rund 2.800 bestätigten Sars-CoV-2-Fällen
gehört Thüringen zu jenen Bundesländern, die von der Pandemie bisher am
wenigsten betroffen sind. Ministerpräsident Bodo Ramelow hat diese Zahlen
und das allgemein sinkende Infektionsgeschehen nun zum Anlass genommen,
[1][die baldige Aufhebung der allgemeinen Corona-Beschränkungen] in seinem
Bundesland anzukündigen.
„Wir haben im März auf der Grundlage von Schätzungen von 60.000 Infizierten
entschieden – jetzt haben wir aktuell 245 Infizierte“, sagte der
Linken-Politiker der Bild am Sonntag. „Der Erfolg gibt uns mit den harten
Maßnahmen recht – zwingt uns nun aber auch zu realistischen Konsequenzen
und zum Handeln. Und das heißt: Für Thüringen empfehle ich die Aufhebung
der Maßnahmen.“
Konkret will Ramelow vom 6. Juni an auf allgemeine, landesweit gültige
Corona-Schutzvorschriften verzichten. Damit würden die Regeln zu
Mindestabständen, dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz sowie
Kontaktbeschränkungen nicht mehr gelten. Anstatt dieser Vorgaben soll es
dann regionale Maßnahmen abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort geben.
Dafür ist ein Grenzwert von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner
innerhalb einer Woche im Gespräch.
Auch wenn [2][einzelne Länderchefs immer mal wieder mit bestimmten
Lockerungen vorpreschen,] stellt Ramelows Vorstoß ein Novum dar. An den
seit zwei Monaten bundesweit geltenden Kontaktbeschränkungen wagte sich
bislang kein Ministerpräsident zwischen Kiel und München zu rütteln – zu
zerbrechlich ist die Lage.
Gegenwind auch vom Koalitionspartner
Die von Bund und Ländern vereinbarten Regelungen gelten noch bis 5. Juni –
danach will Ramelow in Thüringen nun also umsteuern. „Von Ver- zu Geboten,
von staatlichem Zwang hin zu selbstverantwortetem Maßhalten“, [3][schrieb
Ramelow auf seiner Internetseite.]
Aus anderen Bundesländern erntete Ramelow Widerspruch. „Ich halte eine
komplette schnelle Lockerung für verfrüht“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns
Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU). Baden-Württembergs Innenminister
Thomas Strobl (CDU) warnte ebenfalls vor einem zu fahrlässigen Umgang mit
dem Virus. Auch Virologen und Epidemiologen warnen immer wieder vor einer
zu frühen Aufhebung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen.
Gegenwind bekommt Ramelow auch in seinem eigenem Bundesland. So etwa aus
seiner eigenen rot-rot-grünen Koalition: „Das hat überall große
Irritationen ausgelöst“, sagte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion,
Matthias Hey.
Auch Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitsche (FDP), der im März als eines
der ersten Stadtoberhäupter eine Maskenpflicht in seiner Kommune eingeführt
hatte, kritisierte: „Mir scheint das ein Gang aufs Minenfeld“, schrieb er
auf Facebook. „Wo's kracht, da gibt's halt lokal einen zweiten Lockdown.
Soll das wirklich unsere Strategie sein in Thüringen?“
Unverändert fragiles Infektionsgeschehen
Zwei am Wochenende bekannt gewordene Corona-Ausbrüche in Hessen und
Niedersachsen offenbaren, wie unverändert fragil das Infektionsgeschehen
ist. Nach einem Gottesdienst in einer Kirchengemeinde der Baptisten in
Frankfurt am Main infizierten sich mehr als 40 Menschen mit Sars-CoV-2. In
deren Folge musste ein bereits genehmigter Stadion-Gottesdienst zum Ende
des Ramadan mit bis zu 1.000 Besuchern in Hanau abgesagt werden.
In einem zweiten Fall sind nach nach einem Restaurantbesuch in Ostfriesland
mindestens zehn Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden –
offenbar durch bewusstes Verletzen der Abstandsregeln.
„Nach ersten Erkenntnissen ist das Infektionsgeschehen vor Ort nicht auf
einen normalen Restaurantbesuch zurückzuführen“, erklärte Niedersachsens
Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD). „Stattdessen wurde dort
offenbar eine private Party gefeiert.“ Zeugen sollen ausgesagt haben, dass
Gäste Hände schüttelten und Mindestabstände nicht eingehalten wurden. Dem
Betreiber droht nun eine Strafe.
Mit Blick auf die beiden Fälle rief Grünen-Bundestagsfraktionschefin Katrin
Göring-Eckardt die Länder auf, ihre Regeln zum Schutz vor dem Coronavirus
immer wieder auf die Wirksamkeit hin zu überprüfen. „Viele von ihnen haben
die Lockerungen vorangetrieben“, sagte sie den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. „Sie müssen jetzt aufpassen, dass uns die Situation nicht
entgleitet.“ Die Fälle zeigten: „Wir müssen weiterhin wachsam sein“, sa…
die Grünen-Politikerin.
24 May 2020
## LINKS
[1] /Thueringen-plant-Lockdown-Ende/!5687606
[2] /Weitgehende-Corona-Lockerungen/!5681159
[3] https://www.bodo-ramelow.de/aktuell/article/2020/05/23/verantwortungsbewuss…
## AUTOREN
Daniel Godeck
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Horst Seehofer
Kolumne Macht
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