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# taz.de -- Thüringens Vorstoß bei Corona-Öffnungen: Als Signal fatal
> Bodo Ramelow wollte sich mit radikalen Lockerungen vor den Landtagswahlen
> 2021 profilieren. Das war unklug.
Bild: Bunte Masken zum Kauf in einem Laden an der Erfurter Krämerbrücke
Es ist nicht einfach, gleichzeitig die CDU, die Grünen, die SPD, die
Bayerische wie die Bremische Landesregierung, Armin Laschet und Markus
Söder, Jens Spahn und stillschweigend auch Teile der eigenen Partei mit ein
paar Sätzen gegen sich aufzubringen. Das ist zielsicher Bodo Ramelow
gelungen, dem thüringischen Ministerpräsidenten, bei dem sich abwägende
Vernunft mitunter auf etwas verwirrende Weise mit erratischem Verhalten
mischt.
Ramelow hat den Sound in Sachen Corona am Samstag radikal umgestellt.
[1][Der staatliche Zwang müsse aufhören, man müsse Verbote beenden und auf
Gebote setzen.] Es gibt zwar in jedem zweiten Landkreis in Thüringen seit
drei Wochen keine neue Infektion mehr. Doch diese Art der Ankündigung war
unklug im Stil, aber auch in der Sache. Was bedeutet keine Verbote – keine
Maskenpflicht und kein Social Distancing – mehr? Damit sendet man das
Signal, dass die Gefahr vorbei ist – das ist sie nicht.
Ramelow beteuert, die Maskenpflicht in Bus, Bahn und Geschäften bleibe, und
fühlt sich missverstanden. Doch das Missverständnis geht auf sein Konto. Es
ist fahrlässig, als Ministerpräsident wolkig die Aufhebung aller Verbote
zur Debatte zu stellen – und grob gegenüber den Koalitionspartnern SPD und
Grüne, die von diesem Schwenk nichts wussten.
Ramelow ist noch Ministerpräsident, weil er politisch weitblickend sein
kann. Er hat fünf Jahre lang mit einer knappen rot-rot-grünen Mehrheit
regiert, SPD und Grünen oft den Vortritt gelassen und interne Zwistigkeiten
elegant vermieden. Dieser verbindliche Stil mochte auch der Rolle als
erstem Ministerpräsidenten der Linkspartei geschuldet sein – aber es
braucht immer jemanden, der es tut und kann.
## Ramelow kann auch anders
Aber Ramelow kann eben auch anders, [2][impulsiv und hochfahrend], sein.
Dieses Manöver schielt auch auf Profilierung bei den Neuwahlen im nächsten
Jahr. Solche taktisch gezielten Soloauftritte sind gerade in der Frage,
wann was gelockert wird, ungut. Die Risikoabschätzungen der Öffnung sind
Verfahren à la Versuch und Irrtum, in denen es nur Wahrscheinlichkeiten,
aber keine Gewissheiten gib. Es ist ein komplexer, fragiler Prozess, der
leicht verletzbar ist.
Wir brauchen kontrollierte Öffnungen. In Landkreisen ohne Neuinfektionen
können und müssen die Öffnungen schneller gehen als in Metropolen mit
höheren Zahlen und Risiken. Die Regionalisierung ist richtig. Die
Bundesregierung setzt auf Vorsicht. Es sollen ein paar Leute mehr in
Wohnungen zusammen sein dürfen, sonst bleibt das meiste bis Anfang Juli,
wie es ist. Das ist, angesichts des Unglücks, das eine zweite Welle
bedeuten würde, der bessere Weg. Unspektakulär und sicherer.
25 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Stefan Reinecke
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