| # taz.de -- Thüringen plant „Lockdown“-Ende: Ramelow spielt Vabanque | |
| > Thüringens Ministerpräsident will alle Corona-Einschränkungen in seinem | |
| > Land beenden. Dazu gehören auch die Abstandsregeln und der | |
| > Mund-Nasen-Schutz. | |
| Bild: Masken sollen ab Anfang Juni in Thüringen nur noch freiwillig getragen w… | |
| Na, wie wär's: Thüringen schafft Anfang Juni landesweit alle Tempo-30-Zonen | |
| ab. Stattdessen verkündet die rot-rot-grüne Landesregierung, die | |
| entsprechenden Hinweisschilder beispielsweise vor Kitas oder Schulen seien | |
| nur noch als Empfehlung zu betrachten, bitte nicht so schnell zu fahren. | |
| Der Ministerpräsident nennt das „verantwortungsbewusste Solidarität“. Und | |
| wenn es dann doch irgendwo zu einem erhöhten Unfallgeschehen kommen sollte? | |
| Dann seien lokale Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Mehr aber auch nicht. Das | |
| klingt absurd, ja zynisch? Nun ja, genauso will Bodo Ramelow jetzt in dem | |
| Bundesland mit der Corona-Pandemie umgehen. | |
| Am kommenden Dienstag, so hat es Ramelow angekündigt, will er seinem | |
| Kabinett Vorschläge unterbreiten, [1][„wie wir ab dem 6. Juni auf | |
| allgemeine Schutzvorschriften verzichten können“]. Sie sollen ersetzt | |
| werden durch ein „Konzept des Empfehlens“. Das bedeutet, dass es dann in | |
| Thüringen auch keine landesweit verbindlichen Abstandsregeln und ebenso | |
| wenig eine Pflicht mehr geben wird, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder | |
| Geschäften einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. No risk, no fun. Vielleicht | |
| geht es gut, vielleicht aber auch nicht – ein Vabanquespiel. | |
| Während der Parteispitze und der Fraktionsführung der Linkspartei auf | |
| Bundesebene in ungewohnter Einheit schon die derzeitigen bundesweiten | |
| Lockerungen zu weit gehen, exponiert sich ihr berühmtester und | |
| einflussreichster Landespolitiker als Oberöffner. Das dürfte Abstands- und | |
| Masken“skeptiker“ wie den Thüringer FDP-Landesvorsitzenden, die AfD oder | |
| alle anderen Irren und Wirren freuen. All jene, die nicht glauben, COVID-19 | |
| sei nur eine harmlose Grippe, allerdings weniger. Mit der propagierten | |
| „Strategieänderung“ riskiert Ramelow die Gesundheit und schlimmstenfalls | |
| sogar das Leben von Menschen. | |
| Es ist richtig und wichtig, jede einzelne staatlich verordnete | |
| Einschränkung des öffentlichen Lebens permanent auf ihre generelle | |
| Sinnhaftigkeit und aktuelle Notwendigkeit zu überprüfen – und sie so | |
| schnell wie möglich wieder aufzuheben. Aber bislang gibt es keine Virologin | |
| und keinen Epidemiologen, die oder der ernsthaft behauptet, Abstandsregeln | |
| und Mund-Nasen-Schutz seien unnütz. Warum schert sich Ramelow offenkundig | |
| darum nicht? | |
| ## „Verantwortungsbewusste Solidarität“? | |
| Zudem ist es nicht minder wichtig, auf keinen Fall [2][das | |
| Seuchenparadoxon] zu befördern. Die in der Bundesrepublik ergriffenen | |
| Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren so erfolgreich, dass | |
| viele inzwischen glauben, sie seien überhaupt nicht nötig gewesen. | |
| Unabhängig von trotzdem bislang mehr als 8.200 Toten schwindet bei immer | |
| mehr Menschen die Angst vor dem Coronavirus – und damit auch die | |
| Bereitschaft, Abweichungen vom Vor-Corona-Alltag hinzunehmen. | |
| Ein Ausdruck davon sind die eigentümlichen Protestveranstaltungen, die auch | |
| an diesem Wochenende wieder an zahlreichen Orten der Republik stattfanden. | |
| Das Problem: So wenig diejenigen, die sich an solchen Events beteiligen, | |
| davon zu überzeugen sind, dass die getroffenen Maßnahmen notwendig waren, | |
| werden sie auch zu jener von Ramelow propagierten „verantwortungsbewussten | |
| Solidarität“ bereit sein. Da braucht er sich nur mal bei der Opposition im | |
| Thüringer Landtag umschauen, wie es um die bestellt ist. Er kann ja mal | |
| [3][bei Herrn Kemmerich] und Herrn Höcke nachfragen. | |
| Übrigens: In Thüringen starben im vergangenen Jahr weit weniger Menschen im | |
| Straßenverkehr als in diesem Jahr bereits am Coronavirus. Auch wenn es die | |
| Freiheit der Autofahrerinnen und Autofahrer einschränkt, käme trotzdem | |
| niemand in den Sinn, deshalb zu fordern, verbindliche Tempobeschränkungen | |
| in bloße Empfehlungen umzuwandeln. Und so ist es beim Umgang mit der | |
| Corona-Pandemie eben auch nicht ausreichend, nur an eine | |
| „verantwortungsbewusste Solidarität“ zu appellieren. | |
| Ja, zahlreiche Menschen werden sich auch ohne staatliche Vorgabe an die | |
| Abstandsregeln halten und auch weiter an manchen Orten einen | |
| Mund-Nasen-Schutz tragen. Aber alle jene, die das nicht machen, weil sie es | |
| nicht mehr müssen, sind eine im Zweifel tödliche Gefährdung. Schon jetzt | |
| wollen allzu viele von Schutzmaßnahmen nichts wissen. Noch kann Bodo | |
| Ramelow sich überlegen, ob er wirklich dafür die Verantwortung übernehmen | |
| will. Ansonsten gilt: Zum Glück kann man um Thüringen ja auch gut einen | |
| großen Bogen machen. | |
| 24 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bodo-ramelow.de/aktuell/article/2020/05/23/verantwortungsbewuss… | |
| [2] /Debatte-um-Corona-Lockerungen/!5679705 | |
| [3] /Die-FDP-in-der-Coronakrise/!5685759 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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