# taz.de -- Ultrarechter Kulturamtsleiter in Sachsen: Künstler wollen Preise z… | |
> Der ultrarechte Autor Jörg Bernig wurde von CDU und AfD zum | |
> Kulturdezernenten im sächsischen Radebeul gemacht. Die Kunstszene ist | |
> empört. | |
Bild: Jörg Bernig | |
Im sächsischen Radebeul nahe Dresden, sonst eher bekannt durch seine | |
Weinfeste und das Karl-May-Museum, befindet sich die Kulturszene in | |
Aufruhr. Ein am Wochenende kursierender offener Brief empört sich „mit | |
Entsetzen und Unverständnis“ gegen die Wahl des 56-jährigen Schriftstellers | |
Jörg Bernig zum Kulturamtsleiter der Stadt. Mit seiner neurechten | |
Einstellung stehe er im Widerspruch zu allem, „was die Radebeuler | |
Kulturlandschaft seit Jahrzehnten prägt und einzigartig macht“. „Das | |
Meinungsbild von Radebeul als Kulturstadt ist dadurch bereits vor | |
Amtsantritt geschädigt“, heißt es weiter. | |
Zu den Erstunterzeichnern gehört der künstlerische Leiter der Radebeuler | |
Kulturfeste und Kunstpreisträger Helmut Raeder. Ihm sollen bis Montag | |
weitere 135 Kulturschaffende und zahllose Unterstützermails gefolgt sein. | |
Weitere sechs ehemalige Radebeuler Kunstpreisträger wollen bei einem | |
Amtsantritt Bernigs ihre Auszeichnung zurückgeben, darunter der | |
international bekannte Freejazzschlagzeuger Günter „Baby“ Sommer. | |
Das deutsche PEN-Zentrum, dessen Mitglied Bernig ist, forderte ihn am | |
Montag auf, „zu prüfen, inwieweit er seine Verpflichtung gegenüber der | |
PEN-Charta wahrnehmen kann, und gegebenenfalls die notwendigen Konsequenzen | |
zu ziehen“. Jörg Bernig galt einst als anerkannter Lyriker und wurde für | |
seine Arbeiten mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Eichendorff-Preis | |
und dem Lessing-Preis des Freistaates Sachsen. Der promovierte Germanist | |
und Anglist war auch an kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekten der TU | |
Dresden beteiligt. | |
## „Massenhaftes Hereinwinken“ | |
Als Zäsur in der öffentlichen Wahrnehmung wird Bernigs „Kamenzer Rede“ 20… | |
gesehen. Im Zusammenhang mit dem Flüchtlingszustrom schürte er Ängste vor | |
einem „massenhaftem Hereinwinken“ und vor dem Verlust deutscher | |
Kulturwerte. Dann driftete er zur Zeitschrift Sezession des Ultrarechten | |
Götz Kubitschek und zur Dresdner Vierteljahresschrift Tumult ab. Jüngste | |
Veröffentlichungen erfolgten in der Edition des Buchhauses Loschwitz, | |
dessen Inhaberin Susanne Dagen die „Charta 2017“ initiierte. Der Autor | |
gehörte auch zu den Erstunterzeichnern der rechtskonservativen „Erklärung | |
2018“ | |
Nach mehr als einjähriger Vakanz des Kulturamtsleiterpostens hatte der | |
Radebeuler Stadtrat am 20. Mai Bernig mit knapper Mehrheit in geheimer | |
Abstimmung gewählt, auf Vorschlag von CDU-Fraktionschef Ulrich Reusch. Wie | |
später durchsickerte, stimmte auch die AfD zu. Beide Fraktionen verfügen | |
allerdings zusammen nur über 15 Sitze im 34-köpfigen Stadtrat. | |
Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) hatte zunächst eine | |
verwaltungserfahrene Konkurrentin favorisiert, nahm aber das Wahlergebnis | |
„mit Respekt zur Kenntnis“ und verzichtete auf sein Vetorecht. Nunmehr aber | |
wolle er „eine Debatte anstoßen“. | |
25 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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