| # taz.de -- Bürger*innenbeteiligung in Hamburg: Nicht mehr als warme Worte | |
| > Ideen zur Bürger*innenbeteiligung kommen im rot-grünen Koalitionsvertrag | |
| > kaum vor. Die Stadtteilbeiräte finden das empörend. | |
| Bild: Zum Beispiel den Freibad-Bedarf vor Ort können Stadtteilbeiräte gut beu… | |
| Hamburg taz | Warme Worte und viele Versprechen für Engagierte gibt es vor | |
| Wahlen bekanntlich zuhauf. So auch für die Stadtteilbeiräte in Hamburgs | |
| Bezirken. Doch diese sind nun ziemlich empört. Denn im 205 Seiten starken | |
| Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen kommt das Thema | |
| Bürger*innenbeteiligung kaum vor. | |
| „Wir waren extrem überrascht und irritiert“, sagt Jürgen Fiedler vom | |
| Stadtteilbüro Dulsberg und Sprecher des Netzwerks Hamburger | |
| Stadtteilbeiräte. Im Vorfeld der Bürgerschaftswahl habe es sowohl mit der | |
| SPD als auch mit den Grünen Gespräche über eine bessere | |
| Bürger*innenbeteiligung gegeben. „Es gab Rückmeldungen für unsere Arbeit | |
| und sehr positive Signale für unsere Anliegen“, sagt Fiedler. | |
| So klang es auch in den Wahlprogrammen der Koalitionäre: „Wir wollen mehr | |
| Menschen anders an der Gestaltung unserer Stadt beteiligen“, hieß es im | |
| grünen Wahlprogramm. Dazu gehörten zum einen die Stadtteilbeiräte, aber man | |
| wolle darüber hinaus „noch mehr und vielfältige Beteiligungsangebote“ | |
| entwickeln. Auch im SPD-Wahlprogramm tauchten viele Ideen zur | |
| Bürger*innenbeteiligung auf: Da war von digitaler Beteiligung oder von | |
| „niedrigschwelliger Beteiligung bei einzelnen Fragen der Stadtpolitik“ die | |
| Rede. Im Koalitionsvertrag findet sich der gute Wille auch wieder. Nur | |
| konkret wird es nicht. | |
| So werden Stadtteilbeiräte im Vertrag insgesamt überhaupt nur zwei Mal | |
| erwähnt. Immerhin lobend, aber von Zusagen, wie sie gestärkt werden | |
| könnten, ist dort nichts zu lesen. „Mehr als eine sprachliche Pflichtübung | |
| gegenüber den über 1.000 Aktiven in Hamburgs rund 60 Quartiers- und | |
| Stadtteilbeiräten ist das nicht“, sagt Fiedler. Dabei seien sie es, die | |
| durch ihr Wissen als Anwohner*innen besonders gut beurteilen könnten, | |
| welche politischen Vorhaben sinnvoll seien – ob es nun um den Erhalt eines | |
| Freibads, die Neugestaltung einer Fußgängerzone oder die langfristige | |
| Durchmischung der Stadtteile gehe. | |
| Deshalb fordern die Beiräte einen festen Platz für ihre Arbeit im | |
| Landesbudget, der eine überschaubare Dimension haben dürfte. Außerdem | |
| wollen sie, dass sie auch landesgesetzlich ein Beteiligungs- und | |
| Informationsrecht bekommen. Denn bislang wird das alles von Bezirk zu | |
| Bezirk unterschiedlich gehandhabt. „Bisher gibt es nur einen ‚Good Will‘ | |
| der Politik, aber keine Absicherung unserer Arbeit“, sagt Fiedler. | |
| Farid Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, sieht die | |
| Kritik gelassen. „Wir wissen die Quartiersarbeit sehr zu schätzen und haben | |
| auch Ideen für neue Bürgerbeteiligung“, sagt Müller. Für neue und kreative | |
| Beteiligungsformate wolle man einen Fonds einrichten, auf den die Bezirke | |
| zugreifen können. Damit solle die Arbeit der Beiräte ergänzt werden. Ob | |
| solche projektbezogenen Förderungen die Bürger*innenbeteiligung jedoch | |
| verstetigen, dürfte jedoch fraglich sein. | |
| Problematisch findet Müller hingegen, dass die Landespolitik Adressatin der | |
| Forderungen ist. „Wenn die Arbeit der Beiräte künftig über den | |
| Landeshaushalt gesichert werden soll, würde das den Einfluss der Bezirke | |
| schwächen“, mahnt er. Diese haben bislang die Hoheit über die Finanzierung | |
| eines Stadtteilbeirats. „Wenn wir die Finanzierung zentralisieren, hebeln | |
| wir den Gedanken, dass die Bezirke darüber vor Ort entscheiden können, | |
| aus“, sagt Müller. Außerdem sei die Finanzierung der Beiräte durch die | |
| Bezirke sehr wohl gesichert – auch ohne festen Platz im Landesbudget. | |
| Bei der SPD heißt es auf Nachfrage, dass man die Beiräte wie gewohnt weiter | |
| stärken wolle. „Wie das aber konkret aussieht, lässt sich natürlich nicht | |
| detailliert in einem Koalitionsvertrag festhalten“, heißt es aus der | |
| Fraktion. Konkrete Ideen sollen in den kommenden Wochen ausgearbeitet | |
| werden. | |
| 12 Jun 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
| ## TAGS | |
| Bürgerbeteiligung | |
| Rot-Grün Hamburg | |
| Hamburg | |
| Demokratie | |
| Bezirke | |
| Stadtplanung | |
| Stadtentwicklung Hamburg | |
| Anwohner | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Künstlerin über Stadtplanung von unten: „Wir knüpfen an das wahre Leben an… | |
| Die Künstlerin Margit Czenki realisiert seit den 1980er Jahren | |
| Bürgerbeteiligungsprojekte auf St. Pauli. Ein Gespräch über demokratische | |
| Stadtplanung. | |
| Umstrittenes Bauprojekt auf St. Pauli: Markisen plötzlich verschwunden | |
| Das geplante „Paulihaus“ neben der Rindermarkthalle entspricht nicht dem | |
| St.-Pauli-Code, kritisieren Gegner*innen des Projekts. Sie vermuten Tricks. | |
| Anwohner bekommen Recht: Bausenator ausgebremst | |
| Die „Innenstadtverdichtung“ führt immer wieder zu Konflikten zwischen | |
| Anwohnern und Bauressort. Eine „Schiedskommission“ gibt jetzt den Anwohnern | |
| Recht |