| # taz.de -- Anwohner bekommen Recht: Bausenator ausgebremst | |
| > Die „Innenstadtverdichtung“ führt immer wieder zu Konflikten zwischen | |
| > Anwohnern und Bauressort. Eine „Schiedskommission“ gibt jetzt den | |
| > Anwohnern Recht | |
| Bild: Wo derzeit noch der grüne Baum steht, will Tectum einen Klotz mit 17 Woh… | |
| Bremen muss bauen – und je weniger grüne Wiese dafür in Anspruch genommen | |
| werden soll, desto mehr Innenverdichtung muss es geben. Aber wie dicht ist | |
| zu dicht? | |
| Das war in den letzten Wochen die Frage bei einem Konflikt in der Straße | |
| Fesenfeld. „Zu dicht“ fanden die Anwohner seien die Baupläne des Investors | |
| Tectum für die Grundstücke 87 und 89, der wollte dort 17 Wohneinheiten | |
| hineinbauen auf den Grundstücken, wo normalerweise zwei Bremer Häuser mit | |
| maximal sechs Wohnungen Platz finden. Sie sammelten Unterschriften und | |
| überzeugten den Beirat. Nur die Vertreterin des Bauressorts, Marion Skerra, | |
| blieb stur: die Pläne von Tectum würden die gesetzlichen Vorschriften | |
| ausreizen, blieben aber im Rahmen, fand sie. | |
| „Mich ärgert die Dreistigkeit solcher Investoren, die ohne Rücksicht auf | |
| die Nachbarschaft solche Klötze planen“, beschwert sich Nachbarin Inge | |
| Lüking. „Und unser grüner Bausenator segnet das ab. Das frustriert mich.“ | |
| Der Investor Tectum hat auf die Bitte um ein Gespräch schlicht nicht | |
| reagiert. | |
| „Nach Art und Maß der baulichen Nutzung“ muss sich ein neues Bauwerk „in | |
| die Eigenart der näheren Umgebung einfügen“, heißt es im Baugesetzbuch. Ein | |
| Gummiparagraf, sagt dazu der Sprecher des Bausenators, auf dessen Grundlage | |
| man niemanden zwingen könne, Rotziegel zu verwenden oder auf Balkone zu | |
| verzichten. Der Sockel der Tiefgarage soll bis an den Bürgersteig | |
| heranreichen, klagten die Anwohner, aber wie viele fest ausgebaute | |
| Wintergarten-Balkone gibt es in den Straßen des Viertels? Garagen fallen | |
| weg, weil eines der Grundstücke derzeit als Garagenhof genutzt wird – aber | |
| gibt es für diese Garagen eine ordentliche Baugenehmigung? Das Gebäude ragt | |
| mit seinen Balkonen so tief in das Grundstück hinein, dass die rückwärtigen | |
| Nachbarn den Eindruck haben, ihnen könnte man dann mit Blicken die Butter | |
| vom Brot nehmen. Sechs Meter Abstand sind vorgeschrieben, kontert das | |
| Bauressort, die Balkone dürfen weiter heran an die Nachbargrundstücke. Und | |
| überhaupt, das Viertel ist ein eng bebauter Stadtteil, auch wenn man in | |
| einem der kleinen Gärten sitzt, hört man unweigerlich den Nachbarn zu. | |
| Und in der Bauhöhe, oben? Die Höhe des Firstes entspricht genau der des | |
| Nachbarhauses, bekräftigt die Bauverwaltung. Dass das ausgebaute Gauben | |
| sind und nicht ein spitz zusammenlaufendes Dach, spielt offenbar keine | |
| Rolle. Zwei Etagen Tiefgarage sieht der Bauplan vor, der „Geologische | |
| Dienst“ für Bremen sieht die Tragfähigkeit des Untergrunds als „sehr geri… | |
| bis gering“ an – drei Meter Sand, darunter „Weichschichten“. Die Nachba… | |
| fürchten, dass eine derart tiefe Baugrube ihre Häuser absacken lassen | |
| könnte. Aber auch das ist eine Ingenieursfrage, keine des sich „Einfügens“ | |
| eines Neubaus. Der Investor nimmt in Bremen bis zu 5.000 Euro pro | |
| Quadratmeter – wer das zahlen kann, will einen Tiefgaragenplatz haben. | |
| Nun hat am Dienstagabend eine sogenannte „Schiedskommission“ den Bauantrag | |
| nicht einmal im Lichte des Einspruchs aus dem Ortsamt überprüft und ist zu | |
| dem Schluss gekommen: nicht genehmigungsfähig. Das geplante Bauvolumen sei | |
| „überdimensioniert“, erklärt der Behördensprecher den Schieds-Spruch. In | |
| welchem Sinne und wie die Bauherren nachbessern können, das berät die | |
| Kommission zunächst vertraulich mit der Baufirma. | |
| Die Anwohner waren von dem Spruch vollkommen überrascht, sie wussten nicht | |
| einmal, dass diese Kommission tagt. Den Namen „Schiedskommission“ trägt sie | |
| auch zu Unrecht, es ist eine rein juristische, behördeninterne Überprüfung | |
| für Fälle, in denen Stadtteilbeiräte gegen die von der Baubehörde | |
| abgenickten Baupläne protestieren. „Es wäre schön, wenn man jetzt auch mal | |
| mit uns reden würde“, sagt Barbara Larisch von der Bürgerinitiative. | |
| 2 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
| ## TAGS | |
| Anwohner | |
| Bürgerbeteiligung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bürger*innenbeteiligung in Hamburg: Nicht mehr als warme Worte | |
| Ideen zur Bürger*innenbeteiligung kommen im rot-grünen Koalitionsvertrag | |
| kaum vor. Die Stadtteilbeiräte finden das empörend. |