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# taz.de -- Die Wahrheit: Bedenke die Getränkegeschenke
> Was schenkt man einer Dame von Welt, die eh schon alles hat? Ein Gläschen
> in Ehren, denn das kann auch sie nicht verwehren.
Geschenke“ und „Getränke“ reimen sich nicht nur leidlich, sondern wachsen
im Alter immer mehr zusammen. Menschen bringen als kleine Aufmerksamkeit
zum Besuch Flaschen mit, übergeben „besonders leckeren Essig“ in
Präsentkörben und schicken Gutscheine für Gin-Tastings, auf denen
30-jährige Bärte abgebildet sind, die ihren Gin mit Petersilie und
Wanzenkraut infusen.
Auch die Accessoires verändern sich: Ich habe eine „Liqourette“ geschenkt
bekommen, ein rosé-goldfarbenes, dickes Armband, das eigentlich ein
Flachmann ist. Als Verschluss prangt ein goldener Schmuckstein, und wenn
man sich an die merkwürdige Vorstellung gewöhnt, aus dem Handgelenk zu
trinken, was ein bisschen so aussieht, als ob man seine Armbanduhr küsst,
lässt es sich gut als damenhafte Alternative zum Gehstock einsetzen. Den
ich neulich bei einem kurzen Spaziergang zum Briefkasten schon auf dem
Hinweg geleert habe, Heidewitzka. Für den Rückweg habe ich ihn an der Tanke
auffüllen lassen, mit einem Getränk namens „Frustschutz“.
Ein weiteres Highlight sind Gag-Gläser, auch da bringe ich es mittlerweile
auf eine stolze Sammlung. Ich besitze ein üblich geformtes Sektglas, in das
jedoch zur Überraschung des Mundschenks eine ganze Flasche Champagner
hineingeht; ein Glas in Form eines Damenpumps (für Partys mit Martin
Semmelrogge); einen haargenau wie der CN Tower in Toronto aussehenden
Cocktailbecher; und einen Rotweinkelch, der auf den Hals einer Flasche
geschweißt wurde. Die Erfindung heißt „Verre-bouteille“ und verspricht
bereits auf der Packung, dass sie endlich Schluss mache mit der „langen
Suche nach einem passenden Glas“.
Und es ist tatsächlich unfassbar, wie viel Zeit man mit dieser
Zwei-in-Eins-Lösung spart. Gestern habe ich dank der neugewonnen Muße mal
wieder ein wenig in Margaret Mitchells „Vom Winde verweht“ geblättert. Das
hat mir Lust auf einen „Planter’s Punch“ oder zumindest einen „Scarlett
O’Hara“ gemacht.
## Wasserabweisend joggen
Wer Sorgen hat, dass die vielen Glas- und Gimmick-Optionen zu einem höheren
Konsum führen könnten, dem sei versichert, dass das keinesfalls eintreten
muss. Neue Turnschuhe, ein multifunktionaler „Fitnesstracker“ oder die
teure, wasserabweisende „RevolutionRace“-Jogginghose machen einen
schließlich auch nicht automatisch sportsüchtig. Im Gegenteil.
Und das Ausstanz-Set zum Ravioli-selbst-machen, das ich geschenkt bekam,
als ich altersmäßig noch weit von der Getränkegeschenke-Kategorie entfernt
war, liegt ebenso verstaubt im Kabuff wie der „Avo-Cutter“, der
Edelstahl-Kräuterabstreifer und der Zierschneider, mit dem man aus einer
Gurke eine einzige, meterlange Gurkenscheibenspirale zaubern kann.
Da fällt mir ein, dass ich unbedingt mal einen Infused Gin Tonic aus dem
CN-Tower-Cocktailbecher probieren wollte. Insofern: Vielleicht kommt der
Zierschneider doch demnächst zu seinem ersten Einsatz.
5 Jun 2020
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Alkohol
Kolumne Die Wahrheit
Sprache
Claude Monet
Automobilbranche
Schwerpunkt Coronavirus
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