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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Polen: Prügeln für ein „starkes Polen�…
> Die liberale Opposition ist in der Krise und tauscht ihre bisherige
> Kandidatin gegen einen „Fighter“ aus. Nun soll Warschaus OB Andrzej Duda
> bezwingen.
Bild: Präsidentschaftskandidat Rafal Trzaskowski: „Ich gehe mich schlagen“
WARSCHAU taz | Mitten im Rennen schickt Polens größte Oppositionspartei
ihre bisherige Präsidentschaftskandidatin Malgorzata Kidawa-Blonska in die
Wüste und nominiert einen neuen Kandidaten. Der Warschauer
Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski soll nun gegen den derzeitigen
Präsidenten Andrzej Duda von der nationalpopulistischen Regierungspartei
Recht und Gerechtigkeit (PiS) antreten. „Ich gehe mich schlagen“, kündigte
Trzaskowski von der liberal-konservativen Staatsbürgerkoalition (KO) am
Freitagnachmittag einen Stilwechsel im Wahlkampf an.
Kidawa-Blonska hatte als „große alte Dame der polnischen Politik“ bislang
[1][einen dreckigen Wahlkampf] unter den zehn Kandidaten verhindert. Bei
ihrem gemeinsamen Auftritt machte sie ein undurchdringliches Pokerface, als
der noch immer jugendlich wirkende Trzaskowski lauthals ankündigte, sich um
ein „starkes Polen“ prügeln zu wollen. So bekommen die Polinnen und Polen
in den nächsten Monaten das, was sie sich laut Umfragen von ihren
Politikern wünschen: „Brot und Spiele“. Oder mit anderen Worten: einen
schmutzigen Wahlkampf, in dem die Fetzen fliegen und die Gegner des
glorreichen Siegers am Ende k.o.-geschlagen am Boden liegen.
Auch Parteichef Borys Budka rechtfertigte den Kandidatenwechsel mit den
niedrigen Umfragewerten für Kidawa-Blonska, die nach ihrem
Wahlboykott-Aufruf den Wahlkampf weitgehend eingestellt hatte, aber auf
Anraten der Partei nicht zurückgetreten war. „Die Polen wollen einen
‚Fighter‘ sehen!“, sagte er in mehreren Interviews. Während Kidawa-Blons…
i[2][n der „nicht zu gewinnenden Mai-Wahl“ angetreten sei], würden nun die
Karten neu verteilt. Trzaskowski habe sich bereits vor anderthalb Jahren in
der Oberbürgerwahl für Warschau bestens geschlagen, und werde dies auch bei
der Präsidentenwahl 2020 tun.
Wann die Wahl nach der gescheiterten Mai-Wahl stattfinden soll, in der es
laut Staatlicher Wahlkommission „keine Möglichkeit gab, für einen
Kandidaten zu stimmen“, steht noch nicht fest. Zunächst muss das Parlament
das neue Wahlgesetz billigen. Erst dann kann Elzbieta Witek, die
Vorsitzende des polnischen Abgeordnetenhauses, den neuen Wahltermin
festsetzen. Experten gehen davon aus, dass der Senat, die zweite Kammer des
Parlaments, sich dieses Mal nicht einen ganzen Monat Zeit nehmen wird, um
das Wahlgesetz zu beraten. Denn inzwischen haben sich alle damit
abgefunden, dass auch die für Juni oder Juli angesetzten Wahl
verfassungswidrig sein wird, da ein neues Wahlgesetz mindestens sechs
Monate vor den nächsten Wahlen in Kraft treten muss.
## Zehn ausschließlich männliche Kandidaten
Doch am 6. August läuft die fünfjährige Amtszeit von Präsident Duda ab.
Vorher sollte – ob nun verfassungskonform oder nicht – eine Neuwahl
stattfinden. Experten gehen davon aus, dass der Senat seine überarbeitete
Wahlgesetzfassung in den nächsten zwei Wochen an den Sejm, das polnische
Abgeordnetenhaus, zurückverweisen wird, der Sejm es dann sofort mit der
absoluten Stimmenmehrheit der PiS genehmigen und an Präsident Duda
übergeben wird, der es noch unterschreiben muss.
Erst dann kann Elzbieta Witek (PiS) den neuen Wahltermin und alle
einzuhaltenden Fristen bekannt geben, erst dann können die zehn inzwischen
ausschließlich männlichen Kandidaten ihre Wahlkomitees registrieren lassen,
Geld in die Wahlkasse überweisen und den Wahlkampf beginnen.
Aber im Falle des PiS-regierten Polens ist geltendes Recht nur für die
Opposition verbindlich. Die PiS, die ja aufgrund der absoluten
Stimmenmehrheit im Sejm [3][das Recht Polens ganz nach Belieben verändern
kann], glaubt fest an das Recht des Stärkeren. So kanzelte der
PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski schon vor dem PO-Kandidatenwechsel Rafal
Trzaskowski als „völlig ungeeignet“ ab. Seine Kandidatur widerspreche „d…
Interesse Polens“, werde den „polnischen Staat lähmen“ und „sehr ernste
Konflikte“ hervorrufen. [4][Von einem „Krieg an der Spitze“] spricht gar
Radoslaw Fogiel, der stellvertretende PiS-Pressesprecher.
Dieser werde unvermeidbar ausbrechen, sollte ein Kandidat der Opposition
die Präsidentschaftswahl gewinnen. Auch das inoffizielle PiS-Parteiblatt
Gazeta Polska Codzienne gibt schon einen Vorgeschmack auf den kommenden
Wahlkampf: Auf der Titelseite marschiert Trzaskowski auf die Leserinnen und
Leser zu – in einem gammelig wirkenden Anzug und neben der Schlagzeile „Der
Ökokatastrophen-Täter ist Kandidat der Platforma“.
16 May 2020
## LINKS
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[4] /EuGH-Urteil-zu-Polens-Justizreform/!5635613
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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Polen
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