Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Polen: Abstimmung ohne Wähler
> Die Präsidentschaftswahl findet am Sonntag statt, allerdings ohne Wähler.
> Ein Gericht soll sie für ungültig erklären, um sie im Sommer nachzuholen.
Bild: PiS-Chef Jarosław Kaczyński während einer Debatte im polnischen Parlam…
Warschau taz | Die Präsidentschaftswahlen in Polen sollen nun doch nicht am
Sonntag stattfinden. Darauf haben sich Mittwochnacht Jarosław Kaczyński,
der Vorsitzende der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und
Gerechtigkeit (PiS), und Jarosław Gowin, der der konservativen Partei
Porozumienie-Verständigung – einem der beiden Koalitionspartner – vorsteht,
geeinigt.
Zu dieser Zeit dauerte noch die erste und einzige Wahldebatte mit
zahlreichen Präsidentschaftskandidaten im Staatsfernsehen TVP an. Nach dem
Ende der Debatte erfuhren dann alle, dass – nach Ansicht der beiden
Spitzenpolitiker – das oberste Gericht [1][die Wahlen am 10. Mai] für
„ungültig“ erklären solle.
Danach könnten die Wahlkommission und der Wahlbeauftragte der Regierung den
ganzen Wahlprozess von vorne starten, so dass [2][die Briefwahl] im Juni
oder Juli stattfinden könne. Die Amtszeit des aktuellen Präsidenten Andrzej
Duda endet im August.
In ersten Reaktionen feierten die Oppositionsparteien, die wegen der
Corona-Pandemie von Anfang an eine Verschiebung der Wahl gefordert hatten,
ihren Erfolg, forderten die Regierungskoalition aber nicht zum Rücktritt
auf. Stattdessen stimmte der Sejm, in dem die PiS und ihre beiden
Koalitionspartner die absolute Mehrheit haben, für das Briefwahlgesetz, das
überhaupt erst die rechtliche Grundlage für die Wahl am Sonntag schaffen
sollte.
## Briefwahlunterlagen gedruckt
Am Freitag hätten dann Polens Postboten die Wahlunterlagen austragen
sollen. Der Regierungswahlbeauftragte Jacek Sasin von der PiS hatte sie
schon vorher drucken lassen, ohne die Abstimmung über das Briefwahlgesetz
vom Donnerstag abzuwarten.
Spätestens am Samstag hätten die polnischen WählerInnen dann Ihre Stimme
absenden müssen, so dass bei Sonderschichten der Postler am Sonntag mit der
Auszählung der Stimmen hätte begonnen werden können. Da sich allerdings
wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zu wenig Wahlhelfer
gemeldet hatten, war bis zuletzt unklar, wer die Stimmen auszählen sollte.
Polens Regierung, die auf keinen Fall den in der Verfassung vorgesehenen
Naturkatastrophenfall ausrufen wollte, der den Wahltermin automatisch
verschoben hätte, will nun aber auch ihre Unfähigkeit nicht zugeben, die
Wahlen pünktlich zu organisieren. Sie will also die Präsidentschaftswahlen
am Sonntag weder offiziell absagen noch verschieben.
Theoretisch – so ist der Stand am Donnerstagmorgen – sollen die Wahlen also
stattfinden, ohne dass aber jemand seine Stimme abgeben wird, so dass eine
speziell eingerichtete neue Kammer im obersten Gericht dann nach
Wählerprotesten diese Wahl zu einer „ungültigen“ erklären kann.
## Rechtliche Unklarheiten
Zwar bezweifeln etliche Juristen wie der ehemalige Präsident des polnischen
Verfassungsgerichts Jerzy Stepien, dass eine Wahl, die gar nicht
stattfinden kann, von einem Gericht zu einer „ungültigen“ erklärt werden
kann.
Umgekehrt könnte diese nicht stattgefundene Wahl ja auch nicht zu einer
„gültigen“ erklärt werden. Völlig offen ist noch die strafrechtliche
Verantwortung für die Organisation einer Präsidentenwahl, von der schon vor
dem Wahltag klar ist, dass sie zu einer „ungültigen“ erklärt werden soll.
7 May 2020
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Polen/!5683452
[2] /Praesidentenwahl-in-Polen/!5675749
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
PiS
Präsidentenwahl
Schwerpunkt Coronavirus
Polen
Polen
Polen
Polen
Polen
Schwerpunkt Abtreibung
Andrzej Duda
Polen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polens Präsident in den USA: Wahlkampfhilfe für Duda
Kurz vor der Abstimmung am Sonntag wird der Staatschef von US-Präsident
Trump empfangen. Er hofft auf eine positive Wirkung bei den Wähler*innen.
Präsidentschaftswahl in Polen: Prügeln für ein „starkes Polen“
Die liberale Opposition ist in der Krise und tauscht ihre bisherige
Kandidatin gegen einen „Fighter“ aus. Nun soll Warschaus OB Andrzej Duda
bezwingen.
Präsidentschaftswahl in Polen: In die Tonne
Der Tag der Abstimmung gerät zur Realsatire. Mit der Geisterwahl, die ohne
WählerInnen auskam, blamiert sich die Regierungspartei PiS komplett.
Präsidentschaftswahl in Polen: Tick, tack...
Für die PiS-Regierung läuft der Countdown, sie will die Abstimmung am
Sonntag durchziehen. Doch das Vorhaben könnte noch scheitern.
Streit über Abtreibungsverbot in Polen: Für die Tonne
Ausgerechnet jetzt wird wieder über das Abtreibungsrecht debattiert.
Präsident Duda könnte das Stimmen kosten.
Abtreibung in Polen: Proteste mit Abstand
Die nationalpopulistische Regierung will erneut die Gesetze verschärfen –
bis hin zu einem totalen Verbot. Trotz Corona gehen Frauen auf die Straße.
Wahlrecht in Polen: „Politische Spielchen“
Die nationalpopulistische Regierungspartei PiS will die Präsidentenwahl im
Mai durchziehen und führt jetzt die Briefwahl ein. Die Postler rebellieren.
Präsidentenwahl in Polen: Ab an die Urne
Trotz Corona will die PiS-Regierung die Abstimmung am 10. Mai durchziehen.
Immer mehr Kommunalpolitiker widersetzen sich diesem Ansinnen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.