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# taz.de -- Streit über Abtreibungsverbot in Polen: Für die Tonne
> Ausgerechnet jetzt wird wieder über das Abtreibungsrecht debattiert.
> Präsident Duda könnte das Stimmen kosten.
Bild: Erste Lesung mit Mundschutz, dann ab in die Ausschüsse mit dem Abtreibun…
Es ist der Albtraum jeder werdenden Mutter: Das Kind wird schwer behindert
sein, ohne Gehirn zur Welt kommen, nur eine Herzkammer haben oder die
Organe am falschen Ort. Es wird Schmerzen haben, womöglich kurz vor oder
nach der Geburt sterben. Polens regierende Nationalpopulisten von der Recht
und Gerechtigkeit (PiS) wollen nun per Gesetz alle Polinnen dazu zwingen,
diese Schwangerschaften auszutragen. Ohne jedes Mitgefühl für die
verzweifelte Lage der Schwangeren stimmten sie mit ihrer absoluten Mehrheit
im Sejm für das absolute Abtreibungsverbot. Denn 97 Prozent aller legalen
Abtreibungen gehen auf die Indikation „schwere Missbildung des Fötus“
zurück, nur 3 Prozent auf die Indikationen „Vergewaltigung“ oder „Gefahr
für Leib und Leben der werdenden Mutter“. Aus anderen Gründen ist
Abtreibung in Polen ohnehin nicht erlaubt.
Zweimal schon, 2016 und 2018, konnten Polinnen mit ihren landesweiten
„[1][schwarzen Protesten]“ das frauenverachtende Gesetzesprojekt von Kaja
Godek und ihrem Pro-Life-Verein „Leben und Familie“ zu Fall bringen. Dieses
Mal gelang es Godek, fast eine Million Unterschriften für das totale
Abtreibungsverbot in Polen zu sammeln. Doch Umfragen zufolge wollen die
meisten PolInnen keine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes, sondern – ganz
im Gegenteil – eine [2][Fristenlösung], wie sie auch in Westeuropa üblich
ist.
Es ist also durchaus denkbar, dass auch dieses Projekt wieder – nach
mehreren Monaten oder gar Jahren – in der Tonne landet. Denn die meist
männlichen Abgeordneten der nationalpopulistischen PiS und der rechten
Konfederacja drohten den Schwangeren zwar mit lebenslänglichen Haftstrafen
für Mord und den schwarz gekleideten Parlamentarierinnen von der
linksliberalen Opposition mit der „Vierteilung“, verwiesen das Projekt dann
aber an gleich zwei Sejm-Ausschüsse – Gesundheit sowie Sozialpolitik und
Familie. Dort wird das Projekt dann erst mal auf dem Stapel „zu erledigen“
landen, dann im einen Ausschuss beraten werden, danach im anderen, dann
wieder im ersten. Und irgendwann in einer Nachtsitzung holt die
Sejm-Vorsitzende das Projekt aus den im Volksmund „Gefrierschrank“
genannten Ausschüssen und lässt darüber abstimmen.
Bislang funktionierte diese Hinhaltepolitik, mit der in erster Linie die
rechten Hardliner in der PiS sowie katholisch-fundamentalistische
WählerInnen bei Laune gehalten werden sollten. Doch die Situation ist heute
eine andere. Die meisten [3][PolInnen sind wütend] darüber, dass die
Abgeordneten ausgerechnet in Zeiten des Coronavirus über die Verschärfung
des Abtreibungsrechts debattieren mussten. Bei den Wahlen Mitte Mai werden
sie Präsident Andrzej Duda, der erneut für die PiS antritt, die Rechnung
präsentieren.
17 Apr 2020
## LINKS
[1] /Fuer-einen-Abbruch-ins-Ausland/!5645910
[2] /Pro-Familia-Zentrum-in-Bremen/!5642194
[3] /Abtreibung-in-Polen/!5675483
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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Polen
PiS
Schwerpunkt Abtreibung
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PiS
Schwerpunkt Abtreibung
sexuelle Selbstbestimmung
Schwerpunkt Paragraf 219a
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