# taz.de -- Ende Gelände im Verfassungsschutzbericht: Verfassungsschutz bagger… | |
> Die Klimaschützer von Ende Gelände werden vom Berliner Verfassungsschutz | |
> als „linksextrem“ geführt. Linke und Grüne sehen die Bewegung | |
> diskreditiert. | |
Bild: Ende Gelände Aktivisten im November 2019 in der Lausitz | |
BERLIN taz | Ende November vergangenen Jahres trafen sich an einem | |
Freitagnachmittag mehr als 1.000 KlimaschützerInnen in der Hasenheide, um | |
sich für ihre [1][Blockade im Lausitzer Kohlerevier] vorzubereiten. Mehrere | |
Kolonnen liefen lila- oder orangefarbenen Fahnen hinterher und probten, wie | |
Polizeiketten gewaltlos durchflossen werden können. Am nächsten Tag | |
blockierten die Umweltschützerinnen in Maleranzügen die Schienen und | |
Kohlegruben des Kraftwerks Jänschwalde. Die Polizei Brandenburg zog ein | |
positives Fazit und sprach von einem „besonnenen Handeln der Vielzahl von | |
Akteuren“. | |
Das Bündnis [2][Ende Gelände] (EG), das sich für einen sofortigen | |
Kohleausstieg ausspricht, besteht seit 2015, ebenso die Berliner | |
Ortsgruppe. Im am Dienstag vorgestellten Berliner Verfassungsschutzbericht | |
2019 tauchen die KlimaschützerInnen das erste Mal auf. Als | |
„linksextremistisch beeinflusstes Aktionsbündnis“ hatte es EG bereits in | |
die Berichte des Bundesamtes und etwa Nordrhein-Westfalens geschafft – | |
dabei ging es stets um die Beteiligung der postautonomen Gruppierung | |
[3][Interventionistische Linke]. | |
Dem Berliner Verfassungsschutz (VS) exklusiv ist jedoch die Bewertung von | |
Ende Gelände als eigenständige „linksextremistische Organisation“. Das | |
Bündnis steht in dieser Kategorisierung in einer Reihe mit Antifa-Gruppen, | |
der Rigaer Straße 94 oder den „Vulkangruppen“, die sich für Anschläge auf | |
Bahn- und Stromtrassen verantwortlich zeigen. | |
In einem zwei Absätze langen Analyseversuch spricht der VS dem Bündnis sein | |
eigentliches Ziel ab und schreibt: „Der Zusammenschluss geriert sich in | |
seiner Außendarstellung als Klimaschutz-Akteur.“ Weitergehende Ziele, etwa | |
die „Themenfelder Anti-Kapitalismus und Anti-Faschismus“ würden | |
verschleiert. Diese jedoch deuten „auf eine Verortung des Bündnisses im | |
linksextremistischen Spektrum“. | |
## Aussage über den VS | |
Ronja Weil, Sprecherin von EG Berlin sagt im Gespräch mit der taz: „Uns als | |
extrem einzustufen, sagt mehr über den Verfassungsschutz aus als über uns“; | |
der Vorwurf des Antifaschismus sei „bezeichnend, vor allem in Zeiten von | |
rassistischen Morden und [4][rechtsextremen Netzwerken in Bundeswehr und | |
anderen Sicherheitsbehörden]“. „Dass es mit dem Kapitalismus so nicht | |
weiter geht, ist keine exklusive linksradikale Einsicht, sondern hat jüngst | |
auch CSU-Entwicklungsminister [5][Gerd Müller gesagt]“, so Weil. Ende | |
Gelände bezeichne sich als „Klimagerechtigkeitsbewegung“, weil es um mehr | |
gehe „als um Naturstrom für die obere Mittelschicht“. | |
Sie verweist auf den Aktionskonsens, der darauf ziele weder Teilnehmende | |
noch PolizistInnen zu gefährden. Konkrete Auswirkungen durch die Nennung | |
erwarte sie keine, auch wenn eine Aufnahme „darauf zielt, Abgrenzung in der | |
so genannten Mitte hervorzurufen“. Aktivitäten des Verfassungsschutzes | |
beobachte man laut Weil schon länger. So habe es wiederholt Situationen | |
gegeben, in denen AktivistInnen von Ende Gelände auf der Straße von | |
VS-MitarbeiterInnen angesprochen wurden. | |
## Linke und Grüne sauer | |
Für viele in der rot-rot-grünen Koalition ist die Nennung von EG | |
unangenehm. Informationen der taz zufolge habe es in der Senatssitzung am | |
Dienstag einen heftigen Streit gegeben. Eigentlich sollten die | |
Senatsmitglieder den Bericht lediglich zur Kenntnis nehmen, stattdessen sei | |
es zu einer Diskussion über die Frage gekommen, ob man nachträglich | |
politisch eingreifen könne. Schlussendlich passierte der Bericht aber | |
unverändert den Senat. | |
Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach auf der Senats-Pressekonferenz von | |
einer „sorgfältigen Differenzierung“, die der Bericht vornehme. „Es gibt… | |
linksextremistischen Spektrum Bemühungen Anschluss an gesellschaftlich | |
relevante Themen zu finden“ – dazu gehöre die Klimadebatte. Geisel zufolge | |
werde getrennt, zwischen jenen, die „Gewalt gegen Polizisten rechtfertigen“ | |
und jenen, die sich für eine bessere Welt einsetzen. | |
Der Innensenator reagierte [6][auf einen Tweet] des parlamentarischen | |
Gschäftsführers der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, in dem es hieß: „Also | |
wenn Ende Gelände linksextremistisch ist, dann ja wohl auch die Grüne | |
Jugend. Und damit auch Grüne Berlin. Und R2G. Und der Innensenator. Oh, | |
wait.“ | |
Weseners Parteikollege Georg Kössler, einst selbst Aktivist und im Dezember | |
als parlamentarischer Beobachter dabei, sagte der taz: „Ende Gelände ein | |
positives Verhältnis zu Gewalt zu bescheiden ist falsch.“ Dies könne nur | |
behauptet werden, „wenn Baggerbesetzung Gewalt sein soll“. Sein Fazit: „D… | |
Verfassungsschutz ist nicht nur auf dem rechten Auge blind, sondern schielt | |
auch auf dem linken.“ | |
Der Innenpolitik-Experte der Linken, Niklas Schrader, sagte der taz: „Der | |
VS muss sich vorwerfen lassen, dass er die Klimaschutzbewegung | |
diskreditiert und kriminalisiert.“ Zudem fände sich in dem Bericht „nichts | |
handfestes, was die Einstufung rechtfertigen würde“. Er kündigte an, dies | |
im Verfassungsschutz-Ausschuss zu thematisieren. Die Positionierung der | |
Linken, die die Auflösung des VS fordern, sei „bestätigt“. | |
19 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Ende-Gelaende-in-der-Lausitz/!5645678/ | |
[2] /Schwerpunkt-Ende-Gelaende/!t5221778/ | |
[3] /Interventionistische-Linke/!t5023887/ | |
[4] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502/ | |
[5] https://www.swr.de/swraktuell/mueller-kapitalismus-100.html | |
[6] https://twitter.com/dpwes/status/1262651097056935936?s=20 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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