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# taz.de -- Kein „III. Weg“ am 1. Mai in Erfurt​: Nazis müssen zu Hause …
> Kundgebungen von III. Weg und AfD in der thüringischen Hauptstadt wegen
> „infektionsschutzrechtlichen“ Bedenken abgesagt. Stimmung bleibt
> bedenklich.
Bild: In Erfurt keine Nazis weit und breit. Dafür der „Kleine Elefant“ und…
Erfurt taz | „Es geht uns heute darum, Gesicht zu zeigen und solidarisch zu
sein – deswegen sind wir hier“, erzählt eine Mitarbeiterin des
Stadtteilzentrums am Herrenberg im Erfurter Südosten.
Der Tag der Arbeit wird in Thüringen seit langem [1][von Rechtsextremen
instrumentalisiert]. In Erfurt hatte die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ eine
Kundgebung mit mehreren hundert Anhänger*innen angemeldet, die AfD wollte
mit 1.000 Teilnehmer*innen aufmarschieren. „Der III. Weg“ sagte seine
Veranstaltung ab. Die Stadt hatte nur eine Kundgebung für 50
Teilnehmer*innen genehmigt – die derzeit zulässige Höchstgrenze für
Veranstaltungen im Freien in Thüringen.
Die AfD klagte gegen die Untersagung – ohne Erfolg: Das Verwaltungsgericht
Weimar lehnte den Antrag der AfD mit Blick auf die Teilnehmer*innenzahl von
1.000 Personen in erster Instanz ab. Es könne nicht sichergestellt werden,
dass infektionsschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden können. Der
„Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen“ sei wichtiger als
das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, heißt es in der Begründung.
Auch wenn der Aufmarsch der rechtsextremen Szene in der Landeshauptstadt in
diesem Jahr ausfällt, bleibt ein Gefühl des Unbehagens. Das
Stadtteilzentrum am Herrenberg (STZ) öffnet an diesem Tag erstmals seit der
Corona-Krise wieder seine Türen, für die zulässige Höchstzahl von 30
Personen. Der Stadtteil Herrenberg liegt im Erfurter Südosten. Zwischen den
Plattenbauten hat der III. Weg hier seine Parteizentrale. Darüber hinaus
bietet die Partei dort zahlreiche kostenlose Angebote für Kinder und
Jugendliche an: Hausaufgabenbetreuung, Kampfsporttraining, Musikunterricht.
## Angrillen gegen rechts
Dem gegenüber steht das STZ mit vielfältigen Freizeitangeboten für
Bewohner*innen. „Wir wollten gerade heute einen Anlaufpunkt bieten“,
erzählt eine Mitarbeiterin. Im Garten wird gegrillt, drinnen unterhält sich
der Ortsteilbürgermeister mit Bewohner*innen.
„Vor zwei Wochen wurde hier nachts eine Scheibe eingeworfen“, erzählt die
Mitarbeiterin. Die Einschlagstelle an der Tür ist noch klar erkennbar. Ein
Kollege habe diese daraufhin austauschen wollen, wurde dabei jedoch von
Unbekannten verfolgt und bespuckt. Seitdem fährt die Polizei regelmäßig
Streife. So auch an diesem Freitag: Alle 45 Minuten läuft ein Einsatzteam
mit Hunden am Garten des Zentrums vorbei. „Hier ist so viel Polizei, da
traut sich niemand vom III. Weg her“, erzählt eine Besucherin.
Ein Partei-Mitglied sitzt derzeit im Ortsteilrat – bei der Wahl zur
Ortsteilbürgermeisterin erhielt sie 2019 über 37 Prozent der Stimmen. „Bei
meinem Amtsantritt habe ich mir versprochen, den Herrenberg nazifrei zu
machen“, sagt der derzeitige parteilose Ortsteilbürgermeister Hans-Jürgen
Czentarra. Gegen die Immobilie des III. Wegs hat der Eigentümer sogar eine
Räumungsklage eingereicht. Aufgrund der aktuellen Corona-Krise hat das
Gericht die Entscheidung jedoch verschoben.
## Unsicheres Gefühl
„Viele Leute hier fühlen sich unsicher“, erzählt die STZ-Mitarbeiterin. D…
STZ hat im Rahmen der Corona-Krise eine Mal-Aktion ins Leben gerufen. Dabei
kann jede*r Steine bemalen und diese vom STZ aus aufreihen. Eines Tages war
die Steinreihe zerstört, ein Stein in Farben der deutschen Reichsflagge lag
in der Mitte.
„Natürlich ist es schade, dass wir heute nicht demonstrieren können, aber
dass es dieses Jahr keine großen Demos von AfD und Nazis gibt, so wie sie
es ursprünglich angemeldet haben, ist auch gut“, sagt Katja Maurer,
Landtagsabgeordnete für die Linke. „Trotzdem versuchen wir das Beste daraus
zu machen“. Am Vormittag hatte die Linke eine kleine Kundgebung in der
Stadt veranstaltet.
Trotz der Absagen ist die rechte Szene unterwegs: Die AfD fährt mit einem
Plakattransporter durch die Erfurter Innenstadt, einige Anhänger*innen des
III. Weges versammeln sich am Domplatz.
„Wir wären trotzdem hiergeblieben, auch wenn der III. Weg heute
demonstriert hätte“, so die STZ-Mitarbeiterin. „Wir wollen nicht, dass der
Tag ohne uns abläuft.“
1 May 2020
## LINKS
[1] /Nazis-nutzen-Coronakrise/!5678947
## AUTOREN
Luisa Kuhn
## TAGS
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Erfurt
Thüringen
Schwerpunkt Tag der Befreiung
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Rechtsextremismus
Jugendzentrum
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