# taz.de -- 1. Mai in Hamburg: Die Polizei wirkt unterbeschäftigt | |
> Kleingruppen protestieren mit Abstand und zeitversetzt gegen einen | |
> geplanten Nazi-Aufmarsch. Kurz droht die Polizei mal mit dem | |
> Wasserwerfer. | |
Bild: Polizisten am Rande der ausgefallenen Nazi-Demo in Hamburg-Harburg | |
Hamburg taz | 20 Kreise mit einem Radius von 1,5 Metern sind schon mit | |
Kreide auf den Boden gezeichnet – so wird eine Demonstration am 1. Mai in | |
Cornazeiten vorbereitet. Die Teilnehmer*innen stehen noch daneben, | |
schnacken, rauchen. Später werden sie Teil einer von insgesamt 18 | |
Kundgebungen, die am traditionellen Protesttag im Hambuger Stadtteil | |
Harburg angemeldet sind. Sie finden zeitversetzt statt – auch das | |
coronabedingt. | |
Der Protest zum 1. Mai konzentriert sich in Hamburg diesmal auf das von | |
Arbeiter*innen und Migrant*innen geprägte Viertel im Süden von Hamburg, | |
weil eigentlich Nazis kommen sollen. Die rechtsextremen Szenekader | |
Christian Worch (Die Rechte) und Thomas Wulf (Ex-NPD) hatten versucht, eine | |
Kundgebung anzumelden und angekündigt, sich durch alle Instanzen zu klagen. | |
Vergeblich. | |
Um kurz vor 12 kommt die Entwarnung: Das Bundesverfassungsgericht hat das | |
Verbot der Nazidemo bestätigt. Daraufhin zieht auch die Polizei einen Teil | |
ihres Großaufgebots ab. | |
„Es ist gut, dass die Nazikundgebung heute verboten wurde, aber ich möchte | |
darauf hinweisen, dass es kein politisches Verbot war“, sagt ein Redner des | |
Hamburger Bündnisses gegen Rechts. Dann erinnert er an die Verstrickungen | |
zwischen Rechtsextremen und Sicherheitsbehörden und [1][die | |
Hannibal-Recherche der taz]. Und kommt zu dem Schluss: „Antifa bleibt | |
Handarbeit, Sonntagsworte reichen nicht.“ | |
150 Menschen stehen um die Kundgebung herum, in Sichtweite einzelne | |
Polizist*innen. Generell scheint hier niemand die Konfrontation zu suchen. | |
Überall im Viertel sind Linke unterwegs, aber sie schlendern eher durch die | |
Straßen, als dass sie, wie sonst am 1. Mai, sich in konspirativen | |
Kleingruppen zügig durch die Stadt bewegen. Man guckt mal von einem | |
Kundgebungsort zum anderen, zum Kiosk, zum Dönerladen, und tauscht sich | |
aus: „Wisst ihr, wo was los? Was habt ihr noch gehört?“ | |
## Polizei twittert vom Pferd | |
Auch die Polizei, die aus einsatztaktischen Gründen nicht verraten will, | |
wie viele Beamt*innen heute im Einsatz sind, wirkt unterbeschäftigt. Auf | |
[2][Twitter lobt sie sich selbst]: „Hoch zu Roß (sic) haben unsere Kollegen | |
2 Meter Abstand zur Straße.“ Hashtag Reiterstaffel. | |
Gegen 13 Uhr sieht es an der Feldstraße im Schanzenviertel, wo am 1. Mai | |
traditionell Antiimps demonstrieren, doch kurz nach Stress aus. Bei einer | |
nicht genehmigten Veranstaltung stehen sich 50 vermummte Demonstrant*innen | |
und Polizist*innen auf der Straße gegenüber. Die Demonstrant*innen stehen | |
hinter Transparenten eng beieinander und blockieren einen Teil der Straße. | |
„Der 1. Mai lässt sich nicht verbieten!“, steht auf einem roten Banner, es | |
werden Lieder gesungen und „Ein Hoch auf die internationale Solidarität“ | |
gerufen. | |
Nach 15 Minuten kesselt Polizei die wachsende Menge an Schaulustigen und | |
Unterstützer*innen ein. Später droht die Polizei per Lautsprecher mit dem | |
Einsatz von Wasserwerfern. Die Demonstrant*innen lösen die Versammlung | |
selbstständig auf. Nach kurzer Zeit zieht auch die Polizei ab. | |
Eine Hoffnung für den Abend gibt es noch für alle, die Krawall suchen. Der | |
antiimperialistische Rote Aufbau hatte versucht, eine Demo über die | |
Reeperbahn anzumelden. | |
## Ist demonstrieren wie einkaufen? | |
Daraufhin legten die Aktivist*innen Klage ein: Im Einzelhandel seien | |
schließlich Menschenansammlungen auf 800 Quadratmetern erlaubt. Bei 83 | |
Reihen mit jeweils drei Demonstrant*innen, die zueinander jeweils zwei | |
Meter Abstand hielten, komme die Demo lediglich auf 664 Quadratmeter. Doch | |
das Verwaltungsgericht folgte der Rechnung nicht und bestätigte noch am | |
Donnerstagagabend das Verbot. | |
Demonstrieren will der Rote Aufbau trotzdem ab 20 Uhr. Eine legale | |
Kundgebung mit höchstens 50 Teilnehmer*innen, die die Versammlungsbehörde | |
im Kooperationsgespräch angeboten habe, komme als Alternative nicht | |
infrage, sagt der Sprecher Halil Simsek: „Protest zu simulieren ist nicht | |
so unser Ding.“ | |
1 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502 | |
[2] https://twitter.com/PolizeiHamburg/status/1256182274837680129 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
Sarah Zaheer | |
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