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# taz.de -- Corona in Asylunterkünften: Hotels mit Abstand
> In Flüchtlingsheimen ist es schwierig, die soziale Distanz einzuhalten.
> Sozialsenatorin Elke Breitenbach prüft nun, ob sich Hotels als Lösung
> eignen.
Bild: Protest am 1. Mai am Brandenburger Tor: „Schutz vor Corona, auch für G…
taz | Berlin Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) will die
Belegungsdichte in Wohnheimen für Asylsuchende und Wohnungslose während der
Coronakrise deutlich senken. „Wir wissen, dass wir ein Problem haben, und
deshalb suchen wir nach Lösungen“, sagt sie der taz. „Wir prüfen, unter
welchen Bedingungen und zu welchen Kosten wir diese Menschen in Hotels
unterbringen können.“ Gegenwärtig verschaffe ihre Verwaltung sich einen
Überblick, was das kosten würde, sagt die Politikerin.
[1][In Flüchtlingswohnheimen steht BewohnerInnen ein Wohnraum von 6
Quadratmetern zu]. Das heißt, dass sich oft zwei Menschen, die nicht
miteinander verwandt sind, ein 12 Quadratmeter großes Zimmer teilen müssen.
Einen Mindestabstand zueinander kann man so nicht einhalten. Das klappt
auch nicht auf den schmalen Gängen, in den Küchen und in den
gemeinschaftlichen Sanitäreinrichtungen, die sich bis zu 50 Menschen teilen
müssen.
In Obdachlosenunterkünften, in die die Bezirke Menschen einweisen, die
keine Wohnung finden, sind die Platzverhältnisse ähnlich. Hier wohnen oft
anerkannte Asylberechtigte, aber auch wohnungslos gewordene deutsche
Menschen oder EU-BürgerInnen. Etwas günstiger ist es in
Containerwohnheimen, wo „nur“ vier Personen gemeinsame Küchen und ein Bad
nutzen, sowie in Wohnheimen, die früher einmal Hotels waren, wo jedes
Zimmer über eigene Sanitäreinrichtungen und manchmal über eine eigene
Kochnische verfügt.
Das beengte Wohnen macht es dem Coronavirus leicht, sich in diesen
Wohnheimen auszubreiten. Nach Angaben von Elke Breitenbach leben aktuell 24
positiv auf das Coronavirus getestete Menschen in 13 verschiedenen
Asylunterkünften. Hinzu kommen 11 positiv getestete Menschen in einem als
Quarantäneunterkunft ausgewiesenen Heim in Pankow, das seit Mitte April in
Betrieb ist. Weitere 111 Personen stehen als Kontaktpersonen in mehreren
Asylheimen unter Quarantäne, die sich aber wegen der räumlichen Nähe zu den
Nachbarn sehr schwer durchsetzen lässt. Für die Obdachlosenheime fehlt eine
Statistik. Aktuell steht keine Unterkunft vollständig unter Quarantäne.
## Politische Debatte um Pandemie fehlt
Das Thema ist weit über den Kreis der BewohnerInnen hinaus bedeutsam für
Berlin, denn nicht wenige der 20.000 in Asylunterkünften Lebenden sowie der
wahrscheinlich ebenso großen Zahl in bezirklichen Obdachlosenheimen
arbeitet in systemrelevanten Berufen:Sie sind in der Altenpflege tätig,
putzen in Krankenhäusern oder fahren Busse durch Berlin.
Berlin hat verschiedene Maßnahmen umgesetzt, um die Ausbreitung des
Coronavirus in Gemeinschaftsunterkünften einzudämmen. So werden seit März
neu ankommende Asylsuchende auf Corona untersucht. Große Speisesäle werden
nicht mehr genutzt, vielmehr sollen BewohnerInnen auf ihren Zimmern essen.
Die Unterkünfte werden nach Angaben von Breitenbach häufiger gereinigt und
die Toiletten mit Seife, Reinigungsmitteln und Papierhandtüchern
ausgestattet. Vor Corona war jeder Bewohner selbst für den Kauf von Seife
und Handtuch verantwortlich, bewahrte das im Zimmer auf und musste es zur
Toilette mitnehmen – oder auch nicht.
https://taz.de/Schutz-vor-Corona-fuer-Gefluechtete/!5673786&s=sachsen+asyl/
Elke Breitenbach ist klar, dass sie die Unterbringung von Flüchtlingen und
Obdachlosen in Hotels nicht aus ihrem eigenen Haushalt bezahlen kann. Die
Finanzierung müsste Teil eines Nachtragshaushalts sein. Es bedarf einer
politischen Debatte über den Schutz [2][während einer Pandemie für
Asylsuchende] und Obdachlose.
Grobe Berechnungen haben ergeben, dass die Unterbringung, Verpflegung und
Betreuung einer Person im Hotel zwischen 1.500 und 2.000 Euro kosten würde,
sagt Breitenbach der taz. Freie Hotels sind reichlich vorhanden. In den
vorhandenen Wohnheimen sollen weiterhin BewohnerInnen bleiben, allerdings
mit einer geringeren Belegungsdichte. Auch das koste mehr Geld.
## Umzug in leerstehende Ferienwohnungen
Die Forderungen des Berliner Flüchtlingsrats gehen über das Vorhaben der
Sozialsenatorin hinaus. Er fordert die sofortige Verlegung von Angehörigen
von Risikogruppen in Wohnungen oder Zimmern mit eigenem Bad und Küche sowie
die sofortige Schließung aller Flüchtlingsunterkünfte mit
Gemeinschaftsbädern und -küchen.
Nach der Forderung des Flüchtlingsrats sollen die BewohnerInnen solcher
Unterkünfte [3][in leer stehende Ferienwohnungen oder Aparthotels
umziehen]. Der Rat verweist darauf, dass die Verwaltungsgerichte Leipzig
und Dresden Ende April Eilanträgen von Asylsuchenden auf Entlassung aus
Massenunterkünften mit Verweis auf das Infektionsschutzgesetz stattgegeben
haben. Breitenbach hält die sächsischen Urteile aber für nicht übertragbar.
4 May 2020
## LINKS
[1] /Schutz-vor-Corona-fuer-Gefluechtete/!5673786
[2] /Angst-und-Unsicherheit-trotz-Kirchenasyl/!5678090
[3] /Umgang-mit-Gefluechteten-in-Coronakrise/!5673701
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Elke Breitenbach
Unterbringung von Geflüchteten
Pandemie
Seebrücke
Senat Bremen
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
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