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# taz.de -- Bundesweite Maskenpflicht: Chaotische Regelbeschlüsse
> Der Mund-Nasen-Schutz wird im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel
> Pflicht. Das wirft auch Fragen auf.
Bild: In Bayern kosten Verstöße gegen die ab Montag geltende Maskenpflicht ei…
Nun also doch. Nachdem in der vergangenen Woche einige schon vorgeprescht
waren, gilt ab diesen Montag in fast allen Bundesländern eine Maskenpflicht
im öffentlichen Nahverkehr und – mit einer Ausnahme – im Einzelhandel. Als
letztes Bundesland folgt Schleswig-Holstein dann am Mittwoch. Gut so. Nur:
Warum kommt diese Verpflichtung erst jetzt?
Seit eineinhalb Monaten befindet sich die Bundesrepublik im
Corona-Ausnahmezustand. Hat sich seitdem etwas an der wissenschaftlichen
Erkenntnis über den Nutzen eines Mund-Nasen-Schutzes geändert? Nein, das
hat es nicht. Trotzdem haben die Bundesregierung und die Länder lange Zeit
eine Maskenpflicht abgelehnt – mit vermeintlich medizinischen Argumenten.
Dabei war der reale Grund ein rein pragmatischer. Er lag in den
Beschaffungsengpässen, mit denen Krankenhäuser, Arztpraxen und
Pflegeeinrichtungen konfrontiert waren und die nicht noch vergrößert werden
sollten. Besser wäre gewesen, das auch genau so zu kommunizieren. Wer
grundsätzlich argumentiert, wenn es um ein praktisches Problem geht, hat
bei einem Richtungswechsel schnell ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Auch die Umsetzung der Maskenpflicht wirft Fragen auf. Besteht in den
Geschäften Berlins eine geringere Ansteckungsgefahr, oder warum muss man in
der Hauptstadt einen Mund-Nasen-Schutz nur im öffentlichen Nahverkehr
tragen, nicht aber wie andernorts auch im Einzelhandel? Warum gilt die
Tragepflicht in den meisten Ländern nicht für Kinder im Vorschulalter, aber
in Sachsen oder Sachsen-Anhalt ohne Altersbeschränkung? Wieso kostet ein
Verstoß gegen die Maskenpflicht in Bayern ein Bußgeld von 150 Euro, in
Mecklenburg-Vorpommern 25 Euro – und in etlichen Ländern gar nichts? Es
gibt keine schlüssige Erklärung für solch ein uneinheitliches Vorgehen.
## Mangel an einfachen medizinischen Atemschutzmasken
Ein Grundproblem bleibt zudem: Nach wie vor gibt es einen Mangel an
einfachen medizinischen Atemschutzmasken, sprich: OP-Masken, in
Deutschland. Als Ausweg gilt inzwischen, dass auch selbstgebastelte Masken
ebenso wie Schals oder Tücher verwendet werden dürfen. Wieder so eine
pragmatische Entscheidung – die nicht nur Weltärztepräsident Frank Ulrich
Montgomery als „lächerlich“ bezeichnet, sondern auch beispielsweise
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach noch Anfang des Monats als
„bedenklich“ abgelehnt hatte.
So hübsch sie bisweilen auch aussehen: Tatsächlich können Bastelmasken,
Schals und Tücher nicht mehr als ein Notbehelf sein. Das sollte nicht
schöngeredet werden. Bund, Länder und Kommunen stehen jedenfalls weiter in
der Verantwortung, sich intensiv darum zu bemühen, dass es schnellstmöglich
genügend echte Schutzmasken für jede und jeden in Deutschland gibt.
Nichtsdestotrotz ist es sinnvoll, dass es nun eine bundesweite
Maskenpflicht gibt. Der Mund-Nasen-Schutz ist zwar unbequem und schützt den
oder die Träger:in selbst nur in geringem Maße, aber dafür schützt er auf
jeden Fall andere. Und er ist ein unübersehbares Signal, dass die
Coronakrise noch nicht überwunden ist. Auch das sollte nicht unterschätzt
werden.
27 Apr 2020
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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Gesundheit
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