# taz.de -- Anonyme Krankenscheine für Geflüchtete: Sozialbehörde als Gesund… | |
> Dass Hamburg keine anonymen Krankenscheine für Papierlose in der | |
> Coronakrise einführt, ist verantwortungslos. | |
Bild: Für Geflüchtete nichts dabei? Kommt drauf an, ob sie versichert sind | |
HAMBURG taz | Die Regierungen von Bund und Ländern sind sehr wohl in der | |
Lage, in Krisensituationen schnell und unbürokratisch Hilfen | |
bereitzustellen – das ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden, auch | |
in Hamburg. [1][Mieten werden gestundet, Fristen verlängert], Gelder | |
ausgeschüttet. Aber eine Sache scheint zu weit zu gehen: Ein anonymer | |
Krankenschein für Menschen ohne Papiere ist nicht drin. Bitte? | |
In Großstädten wie Hamburg leben Tausende Menschen ohne | |
Krankenversicherung. Das ist auch eine Folge der stetigen [2][Aushöhlung | |
des Asylrechts in den vergangenen Jahrzehnten] – viele Geflüchtete wissen, | |
dass sie keine Chance auf ein Bleiberecht haben und früher oder später | |
abgeschoben werden. Deshalb tauchen sie unter, arbeiten im informellen | |
Sektor, putzen Hotels, waschen Teller, wohnen zur Untermiete. Und natürlich | |
haben sie keine Krankenversicherung. Bei den Hilfsangeboten des Bundes und | |
der Länder gehen sie leer aus, dabei trifft die Krise sie besonders hart. | |
Verschärft wird ihre Situation dadurch, dass viele ehrenamtliche | |
Hilfsorganisationen, die staatliche Versorgungsdefizite normalerweise | |
abfedern, ihre Angebote coronabedingt einschränken. Sie kommen schon in | |
normalen Zeiten oft an ihren Belastungsgrenzen. | |
Es ist daher unverständlich, dass die Gesundheits- und Sozialbehörden jetzt | |
nicht alles dafür tun, den Zugang zum Gesundheitssystem und zu | |
Hilfsangeboten voraussetzungslos und unbürokratisch für alle zu | |
ermöglichen. In Zeiten einer [3][tödlichen Pandemie] ist das | |
verantwortungslos. | |
## Die Behörde sagt: Nö | |
In Hamburg hat das Medibüro, die renommierte und erfahrene Beratungsstelle, | |
auf Versorgungslücken hingewiesen und anonyme Krankenscheine als Lösung | |
gefordert. Die Behörde sagt: Nö, das Problem bestehe gar nicht. Es mag | |
sein, dass die Sozialbehörde keine Ahnung von den Problemen papierloser | |
Geflüchteter hat. Nur: dann sollte sie auf die hören, die Ahnung haben und | |
Alarm schlagen. | |
Alternativ kann die Behörde auch weiter nichts tun. Damit gefährdet sie | |
aber Menschenleben. | |
24 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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