# taz.de -- Österreich kündigt Lockerung an: Wiederauferstehung nach Ostern | |
> Österreich will seine strikten Corona-Maßnahmen nach Ostern schrittweise | |
> lockern – und Tracking per App nicht zur Pflicht machen. | |
Bild: Österreich will einen Schritt zurück zur Normalität wagen | |
Wien taz | Die „Wiederauferstehung“ kommt dieses Jahr erst nach Ostern. | |
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bemühte am Montag liturgisches | |
Vokabular, um eine schrittweise Lockerung der Corona-Beschränkungen in | |
Aussicht zu stellen. | |
Ab Dienstag nach Ostern sollen kleine Geschäfte (bis 400 Quadratmeter) und | |
Baumärkte wieder aufsperren dürfen, gab er in einer Pressekonferenz | |
bekannt. Ab dem 2. Mai sollen dann alle anderen Läden, aber auch | |
Friseursalons ihren Betrieb wieder aufnehmen können. | |
Der 14. April ist auch Stichtag für die Öffnung der Bundesgärten, deren | |
Schließung vor allem in Wien für böses Blut bei der ausgesperrten | |
Bevölkerung und harsche Rhetorik zwischen der roten Stadtverwaltung und der | |
türkis-grünen Regierung gesorgt hat. | |
Die Modalitäten für die Rückkehr zum Unterricht ab Mitte Mai werden später | |
präzisiert. Sicher ist, dass die Oberstufen zuerst in die Schulen zurück | |
dürfen, während die Universitäten das Semester wohl mit virtuellen | |
Lehrveranstaltungen zu Ende bringen müssen. Prüfungen und Forschung dürfen | |
aber stattfinden. Je Art von Veranstaltungen, sei es kultureller, | |
sportlicher oder anderweitiger Natur, bleiben bis zum Sommer verboten. | |
## „Trend in die richtige Richtung“ | |
Sämtliche Erleichterungen sind daran geknüpft, dass sich der zuletzt | |
beobachtete Trend bei Neuerkrankungen fortsetzt. Gesundheitsminister Rudi | |
Anschober (Grüne) konnte verkünden, dass seit zwei Tagen die Zahl der | |
Genesenen jene der neu positiv Getesteten überstiegen habe. Insgesamt sei | |
also die Zahl der akut Corona-Kranken gesunken. Die Zahl derjenigen, die im | |
Krankenhaus behandelt werden und Intensivbetreuung benötigen, sei stabil. | |
Als Mitte März das Ausnahmeregime mit der Schließung von Schulen, | |
Gaststätten und Geschäften sowie Ausgangsbeschränkungen verhängt wurde, | |
habe sich die Zahl der Neuerkrankten täglich um 40 Prozent gesteigert. | |
Hätte sich das fortgesetzt „wären wir heute bei 2,7 Millionen Erkrankten“. | |
Tatsächlich lag man am Montag bei knapp über 12.200 positiven Testungen. | |
Hatte sich Mitte März die Anzahl der Corona-Kranken alle 5,9 Tage | |
verdoppelt, seien es heute 16,5 Tage. Anschober: „Auch das ist noch zu | |
viel, aber der Trend geht in die richtige Richtung“. | |
Um diesen Trend, der sich in Österreich besser entwickelt habe als in den | |
meisten Ländern der EU, nicht zu gefährden, appellierten die | |
Regierungsmitglieder an die Bevölkerung, die bisher gezeigte Disziplin | |
weiter durchzuhalten. Kanzler Kurz: „Ich ersuche Sie dringend, zu Ostern | |
Abstand zu halten und die Maßnahmen einzuhalten“. Auf Familienfeiern solle | |
verzichtet werden. | |
## Tracking-App bleibt freiwillig | |
Zu den Maßnahmen zählt seit Montag [1][das verpflichtende Tragen von Mund- | |
und Nasenschutz in den Supermärkten]. Ab nächster Woche soll das auch für | |
die öffentlichen Verkehrsmittel gelten, in denen das Abstandhalten | |
heutzutage wenig Mühe bereitet. | |
Nicht geplant sei die verpflichtende Nutzung einer Tracking-App, wie in | |
machen Ländern Asiens. Eine vom Roten Kreuz empfohlene „Stopp Corona“-App, | |
die Menschen über Kontakt mit Infizierten informieren soll, unterliege der | |
Freiwilligkeit, wie Kurz klarstellte. Da haben sich offenbar die Grünen | |
gegen Pläne der ÖVP durchgesetzt. Umfragen zeigen auch, dass die | |
Bevölkerung fast alle Maßnahmen unterstützt, eine Tracking-App aber | |
mehrheitlich ablehnt. | |
Mit dem Stufenplan zurück zur Normalität versucht die Regierung den Spagat | |
zwischen medizinisch gebotener Vorsicht und dem Drängen der Wirtschaft, die | |
eine Flut an Insolvenzen fürchtet, wenn das Geschäftsleben weiterhin | |
eingefroren bleibt. | |
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der anders als Kurz nicht von | |
„Österreicherinnen und Österreichern“ spricht, sondern sich an „alle in | |
Österreich lebenden Menschen“ wendet, vertraut in deren Vernunft und den in | |
Österreich gefundenen Mix aus verordneten Maßnahmen und Empfehlungen: | |
„Dieser Weg war bisher erfolgreich. Er soll weitergegangen werden“. | |
6 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kurz-verschaerft-Massnahmen/!5675569 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Österreich | |
Sebastian Kurz | |
Reiseland Österreich | |
Österreich | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Dänemark | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Knapp überm Boulevard | |
Österreich | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Corona in Österreich: Panik am Wolfgangsee | |
In dem Urlaubsgebiet haben sich Praktikant*innen der Hotellerie und | |
Gastronomie infiziert. Die Tourismusbranche fürchtet Verluste. | |
Presseförderung in Österreich: Star der Inszenierung | |
Österreichs Boulevardzeitungen feiern Sebastian Kurz als Helden in der | |
Coronakrise. Kein Wunder: Sie werden am stärksten vom Staat subventioniert. | |
Werbevideo einer Bäckerei: Spachteln wie im Baumarkt | |
Die Chefin einer österreichischen Bäckereikette erinnert uns an das | |
Wesentliche im Leben: Topfengolatschen. Und wir nageln sie uns rein. | |
Pro und Contra Ausgangsbeschränkungen: Übertrieben oder solidarisch? | |
Sind die Ausgangsbeschränkungen zu hart? Darüber wird auch innerhalb der | |
taz viel gestritten. Ein Pro und Contra. | |
Dänemarks Corona-Strategie als Vorbild: Raus aus der Diskursverbotszone | |
Das Beispiel Dänemark zeigt: Die Debatte muss beginnen, unter welchen | |
Bedingungen in Deutschland der Lockdown aufgehoben werden kann. | |
Corona-Krise und Großstädte: Wie geht's, Nachbarn? | |
Nach zwei Wochen Kontaktsperre in Berlin: Kann man sich an den | |
Corona-Ausnahmezustand gewöhnen? Momentaufnahmen aus vier Metropolen. | |
Coronakrise in Österreich: Solidarisch vereinzelt | |
In der Coronakrise ist der starke Staat zurück. Österreichs Kanzler Kurz | |
hat in null Komma nichts vom knallharten Grenzschützer zum besorgten Hirten | |
umgesattelt. | |
Rigide Corona-Maßnahmen in Österreich: Ösis allein zu Haus | |
Kaffeehäuser in Wien sind zu, die meisten Geschäfte auch. Die Märkte – | |
verlassen. Es gelten Ausgangssperren seit Montag, Gassi gehen bleibt | |
erlaubt. | |
Rigide Corona-Maßnahmen in Österreich: Die Botschaft ist angekommen | |
Die Sorglosigkeit, mit der man wochenlang die Gefahren ignorierte, führte | |
dazu, dass nun ganze Täler in Österreich unter Quarantäne gestellt sind. |