# taz.de -- Entwicklungsorganisationen in der Krise: Bei Oxfam bleiben die Läd… | |
> Die Krisenhilfe der Bundesregierung erreicht entwicklungspolitische | |
> Organisationen kaum. Dabei ist ihre Arbeit derzeit doppelt gefragt. | |
Bild: Gerade kein Second-Hand shoppen: Die Läden von Oxfam bleiben vorerst zu | |
BERLIN taz | Leichte Kleidchen an den Ständern, bunte Shirts in Wühlkisten | |
– und vor allem offene Türen: Seit Montag haben kleine und mittlere Läden | |
in den meisten Bundesländern trotz der andauernden Corona-Krise wieder | |
geöffnet. Am Mittwoch kommen Geschäfte in Berlin und Brandenburg dazu, am | |
Freitag auch die in Thüringen. Geschlossen bleiben aber die 54 | |
[1][Second-Hand-Shops der Hilfsorganisation Oxfam]. Dabei bräuchte die | |
Hilfsorganisation die Einnahmen aus dem Verkauf von Kleidung, Büchern oder | |
Geschirr dringend. | |
Praktisch alle entwicklungspolitischen Organisationen haben wegen der | |
Pandemiefolgen weniger Geld – weil die Spenden zurückgegangen sind und | |
geförderte Projekte in den Partnerregionen wegen Ausgangssperren ausgesetzt | |
werden. Gleichzeitig ist Hilfe besonders notwendig, weil die Corona-Krise | |
im globalen Süden vielerorts auf ohnehin bestehende Krisen aufsetzt. | |
Deshalb fordert Venro, der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre | |
Hilfe, staatliche Unterstützung für seine Mitgliedsorganisationen. | |
Venro-Vorstand Bernd Bornhorst, sagte, die Situation sei noch nicht | |
gänzlich überschaubar, man könne jedoch schon sehen, dass Probleme keine | |
Ausnahmen seien. Vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit | |
und Entwicklung fordert er Flexibilität. „Wir sind darauf angewiesen, dass | |
Projekte verlängert und Finanzierungspläne geändert werden.“ | |
Bornhorst schlägt vor, Spendenrückgänge zumindest zum Teil durch staatliche | |
Gelder auszugleichen. Da viele NGOs als Vereine oder Stiftungen organisiert | |
sind, werden sie von den bislang beschlossenen Hilfsmaßnahmen oft nicht | |
erreicht. Bestimmte Steuererleichterungen etwa nützen gemeinnützigen NGOs | |
wenig, da sie die Abgaben ohnehin nicht zahlen müssen. Zuschüsse für | |
Personal und Verwaltungskosten könnten aber helfen. Manche Venro-Mitglieder | |
hätten bereits Teilzeitkräfte oder Praktikant*innen entlassen müssen, so | |
Bornhorst. | |
## Neue Ehrenamtliche gesucht, auch übergangsweise | |
Oxfam musste niemanden entlassen, denn die Shops werden von je 50 bis 80 | |
Ehrenamtlichen betrieben. [2][Viele von ihnen gehören zu den | |
Corona-Risikogruppen]. „Sie können nicht alle wieder an der Kasse stehen, | |
wenn die Läden öffnen“, sagt Oxfam-Sprecher Steffen Küßner. Derzeit arbei… | |
man auf eine Wiedereröffnung „Anfang Mai“. „Dafür suchen wir neue | |
Ehrenamtliche, auch übergangsweise“, so Küßner. | |
2019 erzielten die Läden 2,45 Millionen Euro – 8 Prozent des Oxfam-Budgets. | |
„8 Prozent klingt nicht viel, aber es sind zweckungebundene Mittel“, sagt | |
Küßner. Deshalb könne das Geld – anders als die meisten Spenden und | |
Fördergelder – dort eingesetzt werden, wo sie aktuell am dringendsten | |
gebraucht werden. „Damit sichern die Mittel unsere politische | |
Unabhängigkeit“, erklärt Küßner. Da Oxfam „alles daran setzt, dass es | |
imglobalen Süden zu allerletzt zu Kürzungen kommt“, bedeuten die Einbußen | |
aus den Shops, dass zunächst Maßnahmen in Deutschland verschoben werden. | |
Die evangelische Hilfsorganisation Brot für die Welt hat mit ähnlichen | |
Problemen zu kämpfen, jedoch aus einem anderen Grund. Sie finanziert ihre | |
Arbeit unter anderem aus Kirchensteuermitteln. Diese machten 2018 mit 55,7 | |
Millionen Euro rund ein Fünftel der Einnahmen aus. Die wackeln jetzt. „Die | |
Kirchen gehen derzeit davon aus, dass das Kirchensteueraufkommen dieses | |
Jahr um 10 bis 15 Prozent zurückgeht“, so Klaus Seitz, Leiter der Abteilung | |
Politik bei Brot für die Welt. Das hätte dann „erhebliche Auswirkungen auf | |
unsere Arbeit“. Ob auch das Spendenaufkommen geringer wird, ist noch | |
abzuwarten. Zu befürchten ist, dass die Online-Oster-Kollekte im Rheinland | |
die sonst übliche Sammlung in den Ostergottesdiensten nicht eins zu eins | |
ersetzen kann. | |
## Konkurrenz von Corona- und anderen Projekten | |
Brot für die Welt unterstützt mehrere Partnerorganisationen mit zusätzlich | |
freigegebenen Projektmittelreserven bei coronaspezifischen Maßnahmen und | |
der Nothilfe frei und setzt auch in nächster Zeit vermehrt auf Projekte für | |
die Eindämmung der Pandemie und deren Folgen. | |
Die Aufgabe ist nicht leicht, wenn viele Projekte wegen der | |
Corona-Beschränkungen auf Eis liegen und sich Zeitpläne zumindest | |
verschieben. „Dafür versuchen wir flexible Lösungen zu finden“, sagt Seit… | |
In Kenia etwa konnte ein Kindergarten für Kinder aus einem nahegelegenen | |
Slum nicht eröffnet werden. Für die Kinder, deren Eltern als Tagelöhner | |
derzeit ohnehin nur schwer Jobs bekommen, bleibt deshalb die erhoffte warme | |
Mahlzeit aus. Wie ihnen trotzdem geholfen werden kann, prüft die | |
Hilfsorganisation momentan. | |
Für all das sei eher mehr Geld nötig. „Wir können unseren Partnern | |
mittelfristig nur helfen, die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen | |
Folgen zu bewältigen, wenn wir zusätzliche Mittel erhalten.“ Seitz fordert | |
deshalb, dass „die Bundesregierung zusätzliche Mittel für die | |
Corona-Bekämpfung in Entwicklungsländern bereitstellt“. Schließlich sei die | |
Pandemie „eine globale Aufgabe“. | |
22 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mareike Andert | |
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