| # taz.de -- SPD und Coronabonds: Langsam wachsender Missmut | |
| > In der SPD regt sich Widerstand gegen das betonharte Nein der Groko zu | |
| > Coronabonds. Doch Finanzminister Scholz schweigt weiter. | |
| Bild: Verfolgt in Sachen Coronabonds einen hermetischen Kurs: Olaf Scholz (SPD) | |
| Berlin taz | Der französische Präsident François Macron hat in einem | |
| Interview das Bild, das Deutschland in der EU abgibt, mit drastischen | |
| Strichen skizziert. Deutsche seien „nur für Europa, wenn es darum geht, | |
| ihre Güter zu exportieren, Arbeitskräfte zu finden für die Autoteile, die | |
| sie nicht mehr selber herstellen, aber nicht mehr, wenn es darum geht, die | |
| Last zu teilen“. Das Symbol für den Berliner Egoismus ist das Nein zu | |
| Coronabonds – gemeinsame Anleihen, die Südeuropa günstige Kredite bescheren | |
| würden, um die Pandemiefolgekosten zu bewältigen. | |
| Die offizielle Linie der SPD-Minister in Sachen Coronabonds haben Olaf | |
| Scholz und Heiko Maas jüngst in einem Brief formuliert, der in Zeitungen in | |
| Madrid, Paris und Rom erschien. Der Begriff „Bonds „kommt einfach nicht | |
| darin vor. Dafür loben die beiden SPD-Minister die beschlossenen | |
| Maßnahmen wie Mittel aus dem ESM bereitzustellen, dem Europäischen | |
| Stabilisierungsmechanismus. Der allerdings hat in Südeuropa seit der | |
| Eurokrise einen miesen Ruf. In Italien wächst die Wut auf Deutschland von | |
| Woche zu Woche. | |
| Die Union mauert. Es gibt zwar Wortmeldungen von Ex-EU-Parlamentarier Elmar | |
| Brok und Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert, die das Nein aus Berlin | |
| für fatal für die EU halten – doch das sind Einzelstimmen. Die Mehrheit der | |
| Union denkt wie Hans Michelbach, Finanzobmann der CDU/CSU-Fraktion. Der | |
| ätzte unlängst, dass Südeuropa mit Coronabonds mal wieder „Schulden machen | |
| und andere dafür zahlen lassen“ will. | |
| In der SPD formiert sich nun langsam Widerstand gegen den hermetischen Kurs | |
| von Scholz und Angela Merkel. Michael Müller, Regierender Bürgermeister in | |
| Berlin, will Cornonabonds. Die sozialdemokratische Fraktion S&D im | |
| Europaparlament hat sich einstimmig für Coronabonds ausgesprochen. Rolf | |
| Mützenich, SPD-Fraktionschef und Repräsentant des linken Flügels, fordert | |
| im Spiegel-Interview „eine zeitlich befristete, solidarische Anleihe im | |
| Euroraum oder in der EU“. Nur „mit umfassenden staatlichen Investitionen“ | |
| lasse sich der Wirtschaftseinbruch beherrschen. Wann und wie das geschehen | |
| soll, bleibt allerdings offen. | |
| ## Das entscheidende Wort ist „mittelfristig“ | |
| Bayern ist nun der erste sozialdemokratische Landesverband, der sich diese | |
| Forderung offiziell zu eigen macht. Die Hilfsprogamme der Europäischen | |
| Investitionsbank (EIB) und des ESM, die Scholz und Maas so loben, sind „nur | |
| übergangsweise geeignet und haben einen zu geringen finanziellen Umfang, um | |
| das soziale und wirtschaftliche Ausmaß dieser Krise zu bewältigen“, so | |
| heißt es in einer Erklärung, die am Montag veröffentlicht werden soll. Und | |
| weiter: „Gemeinsame europäische Anleihen sind zur Bewältigung dieser Krise | |
| unabdingbar.“ Michael Schrodi, SPD-Linker und Mitglied im Finanzausschuss | |
| des Bundestages, hat diese Erklärung mitinitiiert. „Die Debatte um | |
| Coronabonds“, so Schrodi zur taz, „wird in der SPD ernsthaft geführt“. | |
| Politisch am gewichtigsten ist die Erklärung der Parlamentarischen Linken | |
| (PL), der fast die Hälfte der SPD-Bundestagsfraktion angehört. Sie | |
| veröffentlichte am Freitag ein Papier, in dem neben höheren Steuern für | |
| Reiche zur Finanzierung der Krisenbewältigung auch Coronabonds gefordert | |
| werden. Zusätzlich zu den bisher beschlossenen EU-Maßnahmen „fordern wir | |
| mittelfristig die Einführung von Coronabonds für die Deckung der | |
| Folgelasten der Corona-Pandemie in Form eines europäischen Solidarfonds“. | |
| Das entscheidende Wort in diesem Satz ist „mittelfristig“. Das ist | |
| ausreichend vage, um keinen spürbaren Handlungsdruck auf Olaf Scholz | |
| auszuüben. Bloß kein Flügelstreit und keine direkte Konfrontation mit dem | |
| Finanzminister. Die Hoffnung der SPD-Linken ist, dass sich die direkte | |
| Konfrontation mit Scholz vermeiden lässt. Der Druck müsse national und | |
| international so groß werden, dass der Finanzminister sein Schweigen | |
| brechen muss. | |
| 19 Apr 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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