| # taz.de -- Bußgelder wegen Corona in Berlin: Leider gefährlich blöde | |
| > R2G erhebt Bußgelder für Verstöße gegen das Kontaktverbot in Berlin. | |
| > Dieses Misstrauen gegenüber den Bürger*innen ist enttäuschend und falsch. | |
| Bild: Die Polizei setzt das nun wohl nicht mehr gültige Wiesenliegeverbot im T… | |
| Nun können alle Berliner*innen in Ansätzen mal selbst erleben, wie sich | |
| dieses Racial Profiling anfühlen muss. Denn jetzt kann jeder bestraft | |
| werden, weil er wo ist, wo er nach Ansicht der Behörden nicht zu sein hat, | |
| oder weil er mit zu vielen Leuten von der falschen Sorte unterwegs ist. | |
| Denn der Senat hat [1][am Donnerstagabend] Geldstrafen für Verstöße gegen | |
| die Corona-Eindämmungs-Verordnung verhängt. Die sind nicht von Pappe: Bis | |
| zu 500 Euro werden fällig, wenn mehr als zwei Personen, die nicht im selben | |
| Haushalt leben, draußen „eine Gruppe bilden“ oder der vorgeschriebene | |
| zwischenmenschliche Abstand von 1,50 Metern nicht eingehalten wird. Bis zu | |
| 100 Euro muss zahlen, wer seine Wohnung „ohne triftigen Grund“ verlässt. | |
| Dabei hat die Polizei seit dem 23. März, als die verschärften | |
| Kontaktverbote in Kraft traten, bis zur Verhängung dieses Bußgeldkatalogs | |
| in der 3,8-Millionen-Einwohner-Stadt Berlin laut dpa lediglich 462 Verstöße | |
| gegen die Verbote festgestellt. Noch am Donnerstagabend hat Regierungschef | |
| Michael Müller (SPD) die Berliner*innen dafür gelobt, sich in dieser | |
| Situation vorbildlich zu verhalten. Dennoch haben sich SPD, Linke und Grüne | |
| entschlossen, ihre Bürger*innen lieber nicht als vernünftig und | |
| verantwortungsvoll, als mündig anzusehen. | |
| Deshalb ist nun jede*r ein Verdachtsfall und muss damit rechnen, stets und | |
| überall von Polizist*innen mit Fragen nach dem Grund seines Da-Seins, | |
| seinem Wohin und Woher und mit diffusen Vorwürfen konfrontiert zu werden: | |
| Waren das 1,50 oder nur 1,28 Meter? Wer hat den Abstand unterschritten: ich | |
| oder der andere? Auslegungssache. Klar ist aber, wer auslegt: die, die es | |
| können. Weil sie die Staatsgewalt sind. | |
| ## Als wäre eine Pandemie nicht schon Drohung genug | |
| Es ist enttäuschend, dass sich eine rot-rot-grüne Regierung zu diesem | |
| Schritt hat hinreißen lassen. Und es ist falsch. Denn erstens zeigt es den | |
| Berliner*innen, wofür ihre Regierung sie hält. Für gemeingefährlich blöde | |
| nämlich: selbst angesichts einer tödlichen Krankheit, die jede*n von ihnen | |
| bedroht, nicht fähig, verantwortungsvoll zu handeln – wenn man sie nicht | |
| mit Strafen dazu zwingt. | |
| Zweitens gibt es einer Polizei, die in Berlin seit Langem um ein positives | |
| Image kämpft, die Gelegenheit, sich mal wieder von ihrer schlechten Seite | |
| zu zeigen: einschüchternd, übergriffig. Und es gibt unter Berlins | |
| Polizist*innen leider immer noch manche, die diese [2][Gelegenheit gerne | |
| nutzen] werden, wie [3][Erfahrungsberichte] zeigen. | |
| Dem Verhältnis zwischen Polizei und Bürger*innen wird das nicht guttun, | |
| ebenso wenig dem zwischen Bürger*innen und Staat. Die Menschen sehen sich | |
| mit der Coronaseuche einer unheimlichen Bedrohung ausgesetzt: eine | |
| beängstigende Lage, die seit Wochen anhält und noch Monate dauern wird. | |
| Ihnen da selbst noch mit Drohungen zu kommen, steht einer rot-rot-grünen | |
| Regierung, steht einer Demokratie nicht gut. | |
| Sie tun es, weil sie es können: Nicht mehr die Vernunft, sondern die Macht | |
| regiert jetzt. | |
| 3 Apr 2020 | |
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| Alke Wierth | |
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