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# taz.de -- Angriffe gegen Zivilisten in Syrien: Assads Luftwaffe nutzte C-Waff…
> „Keine andere plausible Erklärung“: Die Organisation zum Verbot
> chemischer Waffen nennt Syriens Regime als Urheber von Angriffen im Jahr
> 2017.
Bild: Der Sitz der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den…
Berlin taz | Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), die
die Einhaltung der internationalen Konvention zum Verbot von Chemiewaffen
überwacht, hat Syriens Regime für drei Einsätze chemischer Kampfstoffe
gegen Zivilisten im syrischen Rebellengebiet verantworlich gemacht.
Ein am Mittwochnachmittag von der OPCW in Den Haag veröffentlichter
[1][Bericht] bestätigt die Täterschaft der syrischen Luftwaffe beim Abwurf
von Bomben mit dem Kampfstoff Sarin über der Kleinstadt Ltamenah am 24. und
am 30. März 2017 sowie eines Chlorgas-Zylinders über dem Krankenhaus der
Stadt am 25. März 2017. Die ersten beiden Angriffe wurden von Flugzeugen
aus der Luftwaffenbasis Shayrat ausgeführt, der zweite von einem
Hubschrauber aus Shayrat.
Dass diese Angriffe stattfanden, hatten OPCW-Inspektoren bereits im Juni
2018 [2][bestätigt]. Damals hatte die OPCW allerdings noch nicht das
Mandat, auch die Verantwortlichen für solche Angriffe zu benennen. Dies
hätte nur die 2015 beschlossene gemeinsame Syrien-Mission von OPCW und
Vereinten Nationenen tun dürfen, deren Mandat aber Ende 2017 ausgelaufen
war, nachdem Russland sich im UN-Sicherheitsrat [3][gegen eine Verlängerung
gesperrt] hatte.
Das Recht, selbst Verantwortlichkeiten zu benennen, gab sich die OPCW erst
[4][Ende Juni 2018] auf Initiative Großbritanniens, gegen den Widerstand
unter anderem Russlands; es dauerte Monate, bis dieser Beschluss auch
tatsächlich in Kraft treten konnte.
In Umsetzung dieses Beschlusses stellte die OPCW ein Untersuchungsteam auf,
das bereits bestätigte Chemiewaffenangriffe in Syrien im Hinblick auf ihre
Urheber neu unter die Lupe nahm. Der jetzt vorgestellte Bericht ist der
erste dieses „Investigation and Identification Team“ (IIT), das insgesamt
neun Vorfälle vorrangig untersucht.
## Im Kontext heftiger Kämpfe
Die Angriffe auf Ltamenah erfolgten im Kontext heftiger Kämpfe zwischen den
Rebellen im Nordwesten Syriens und der syrischen Armee Anfang 2017. Nachdem
die Rebellen Ende 2016 aus Aleppo vertrieben worden waren, hatten sie
versucht, aus dem damals von ihnen kontrollierten Nordteil der Provinz Hama
auf die Provinzhauptstadt vorzustoßen, wo sich wichtige Luftwaffenbasen des
Regimes befinden.
Das Regime antwortete mit [5][täglichen Luftangriffen], eben auch auf
Ltamenah, eine Kleinstadt von 16.000 Menschen 24 Kilometer nördlich von
Hama. Die Angriffe auf Ltamenah gingen damals in der Berichterstattung fast
unter; mehr internationale Aufmerksamkeit erhielt wenig später ein
Chemiewaffenangriff auf den nahen Ort [6][Chan Scheichun], der zahlreiche
Tote forderte. Eine [7][UN-Untersuchung] hat die Verantwortung der
syrischen Regierung für diesen Angriff bestätigt.
Der OPCW-Bericht nennt Ltamenah einen „wichtigen logistischen Knotenpunkt“
der Rebellen damals und gibt zahlreiche bislang wenig bekannte Details auch
über die Aufstellung und Vorgehensweise der Regierungstruppen wieder. Das
Gebiet ist mittlerweile unter Regierungskontrolle.
## „Keine andere plausible Erklärung“
Von Assad-Befürwortern gern ins Spiel gebrachte alternative Szenarien für
die Chemiewaffeneinsätze – ein Einsatz von Chemiewaffen durch Rebellen oder
eine Inszenierung zur Diskreditierung des Regimes – schließen die
OPCW-Ermittler nach genauer Analyse aus. Es gebe „keine andere plausible
Erklärung“ für die Einsätze in Ltamenah als die Täterschaft des
Regierungsmilitärs auf höchster Ebene. Damit zeige sich auch, dass Syriens
Regime der 2013 vereinbarten Zerstörung seines chemischen Waffenarsenals
[8][nicht vollständig nachgekommen ist].
Der OPCW-Bericht kritisiert zudem, dass Syriens Regime mit dem IIT nicht
kooperiert. IIT-Koordinator [9][Santiago Oñate-Laborde sagte] in Den Haag,
der Bericht sei an die UN weitergeleitet worden und es liege nun an der UNO
sowie den OPCW-Mitgliedstaaten, darauf zu reagieren. Der Bericht betont,
die Untersuchung selbst habe keinen juristischen Charakter, solle aber als
Grundlage für Ermittlungen dienen können.
Solche Ermittlungen würden dann wohl sehr weit oben in Syriens
Militärhierarchie unter Präsident Baschar al-Assad stattfinden. „Angriffe
einer so strategischen Natur können nur auf der Grundlage von Befehlen der
höheren Autoritäten des Militärkommandos der Syrischen Arabischen Republik
erfolgt sein“, so Oñate-Laborde
8 Apr 2020
## LINKS
[1] https://www.opcw.org/sites/default/files/documents/2020/04/s-1867-2020(e).p…
[2] https://www.opcw.org/media-centre/news/2018/06/opcw-confirms-use-sarin-and-…
[3] /Kommentar-Giftgas-in-Syrien/!5458009/
[4] /Kontrollbehoerde-gegen-Chemiewaffen/!5516752/
[5] /Syrische-Diaspora-nach-dem-Giftgasangriff/!5401092/
[6] /UN-Untersuchungsbericht-Chan-Scheichun/!5445774/
[7] /UN-Untersuchungsbericht-Chan-Scheichun/!5445774/
[8] /Militaerschlag-gegen-Syrien/!5496026/
[9] https://www.opcw.org/media-centre/news/2020/04/opcw-releases-first-report-i…
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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OPCW
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