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# taz.de -- Klassenerhalt wegen Pandemie-Maßnahme: Rettung durch die Krise?
> Für den Karlsruher SC und den 1. FC Kaiserslautern könnte der
> DFL-Beschluss, bei Insolvenzverfahren auf Strafen zu verzichten,
> befreiend wirken.
Bild: Gut 140 Millionen Euro für eine ungewisse Zukunft: das Karlsruher Wildpa…
Am Dienstag fasste die Deutsche Fußball Liga einen Entschluss, dessen
Tragweite sich nicht überall so schnell erschlossen hat wie im Management
zweier Traditionsvereine aus dem Südwesten. Beim Karlsruher SC und dem 1.
FC Kaiserslautern dürfte indes gejubelt worden sein.
Aufgrund der Coronakrise, so der einstimmig gefasste Beschluss der 36 in
der DFL organisierten Erst- und Zweitligisten, verzichtet die Branche
nämlich künftig erst mal auf die neunschwänzige Katze im Arsenal der
eigenen Lizenzierungsbestimmungen und streicht die Klausel, wonach jeder
Klub, der ein Insolvenzverfahren einleitet, mit einem Abzug von 9 Punkten
bestraft wird.
Für den KSC ist das eine sensationelle Nachricht. Mit 24 Zählern belegen
die Badener, die Verbindlichkeiten von etwa 17 Millionen Euro plagen,
derzeit den vorletzten Tabellenplatz. Nach der bisherigen Regelung hätten
sie also nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens nur noch 15 Punkte – und
wären damit so gut wie sicher der erste Absteiger.
Nun könnte man eine „Insolvenz in Eigenverwaltung“ antreten, bei der die
Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten und an deren Ende man
finanziell wieder gut dastünde, Sanktionen hätte man nach der neuen
Sachlage nicht zu befürchten. Der KSC bliebe zudem Herr des Verfahrens,
müsste sich lediglich von einem „Sachwalter“ kontrollieren lassen.
## Zweifel an Finanzkraft des KSC
„Einige Vorzüge“ erkennt Geschäftsführer Michael Becker in diesem Szenar…
„Es gibt aber auch Geschädigte, deshalb müssen Für und Wider gründlich
abgewogen werden.“ Tatsächlich fürchten manche in den Gremien der
ausgegliederten Kommanditgesellschaft auf Aktien den Imageschaden, der mit
dem Begriff „Insolvenz“ einhergeht. Zumal viele in Karlsruhe jetzt schon
Zweifel haben, ob der Klub seinen Teil des Deals mit der Stadt einhalten
kann. Derzeit lässt sich der KSC von der Kommune ein 34.000 Zuschauer
fassendes [1][neues Stadion] vorfinanzieren, das er über 32 Jahre
abstottern soll. Nach den jüngst nach oben korrigierten Berechnungen fallen
hierfür Kosten von gut 140 Millionen Euro an, da machen sich weitere
Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des KSC nicht gut.
Trotzdem dürfte die durch die DFL unverhofft entstandene Chance, ohne
Sanktion einen großen Teil der 17 Millionen Euro Verbindlichkeiten
streichen zu können, zu attraktiv sein. Dass dabei von der DFL nicht
geprüft wird, ob die Vereine ihre Verbindlichkeiten schon vor der
Coronakrise angehäuft hatten oder ob sie erst mit dieser entstanden sind,
verwundert allerdings. Der KSC jedenfalls hat seine Schulden lange vor der
Pandemie angehäuft. Als deren Folge kann man allenfalls verbuchen, dass die
Aktienverkäufe, mit deren Hilfe man die abbauen wollte, aufgrund von Corona
ein Schlag ins Wasser wurden und man derzeit auf Ticketerlöse verzichten
muss.
Geschäftsführer Becker gibt zu bedenken: „Corona sorgt jetzt aber dafür,
dass sich Investoren, die wir ansonsten erfolgreich hätten ansprechen
können, erst mal zurückhalten.“ Dass die Karlsruher Planspiele publik
wurden, ärgert Becker im Übrigen sehr, zumal er glaubt, dass sich viele
Kollegen ebenfalls mit der in Frankfurt geöffneten Hintertür befassen: „Ich
kann mir nicht vorstellen, dass der KSC der einzige Verein aus der ersten
und zweiten Liga ist, der diese Option prüft. In der dritten Liga, wo die
Abhängigkeit von den Zuschauereinnahmen noch größer ist, wären es sicher
viele, die das in Anspruch nehmen würden.“
Gewiss gilt das [2][für den FCK], den eine Liga tiefer noch größere
Verbindlichkeiten drücken. Sollte – woran niemand zweifelt – der für die
dritte Liga zuständige DFB die DFL-Praxis übernehmen, dürften auch die
Pfälzer eine Planinsolvenz anvisieren, um die allein bis Ende Juni
auflaufende Liquiditätslücke von 12 Millionen Euro zu verringern oder gar
zu schließen.
Selbst nach Vereinsangaben hat sich allerdings nur eine davon durch Corona
angehäuft. Auch für den FCK dürfte der vergangene Dienstag also der
glücklichste Tag in der jüngeren Vereinsgeschichte gewesen sein. Bei einem
Abzug von 9 Punkten stünde der derzeitige 14. der Tabelle abgeschlagen auf
einem Abstiegsplatz. Und damit kurz vor der Streichung aus dem
Vereinsregister. Dass der Deutsche Meister von 1998 in der vierten Liga
überleben könnte, glaubt selbst in der fußballverrückten Pfalz kaum jemand.
3 Apr 2020
## LINKS
[1] /KSC-Stadion-wird-abgerissen/!5545080
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## AUTOREN
Christoph Ruf
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