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# taz.de -- Ketten wollen keine Mieten mehr zahlen: Kampf der Großkonzerne
> Adidas, H&M und Co wollen vorerst keine Miete mehr zahlen. Klassenkampf?
> Es geht darum, wer die Zinsen zahlt.
Bild: Wenn die Kunden nur maskiert vorbeihetzen: Turnschuhladen in Berlin
Die Politik ist empört: Handelsketten wie Adidas, H&M oder die Schuhkette
Deichmann wollen vorerst keine Miete mehr für ihre Läden zahlen, die im
Zuge der Corona-Epidemie geschlossen wurden. Dies sei „unanständig“ und
„nicht akzeptabel“, wetterte SPD-Justizministerin Christine Lambrecht. Und
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ließ wissen, er sei „sehr
enttäuscht“. Denn Mieten sollen nur gestundet werden, wenn sich die Mieter
durch die Coronakrise in existenziellen Nöten befinden. Adidas hingegen
verbuchte im vergangenen Jahr einen Milliardengewinn.
Das Verhalten der Premiummieter sieht zunächst wie ein Klassenkampf von
oben aus, es wirkt, als bereicherten sich Großkonzerne erneut skrupellos.
Doch so einfach ist es nicht. Zunächst einmal: Die Vermieter von
Gewerbeimmobilien sind meist ebenfalls Großkonzerne. Dazu gehören
Lebensversicherungen, Banken, Fonds und börsennotierte Immobilienkonzerne.
Sie alle haben großflächig in Einkaufszentren und Ladenzeilen investiert.
Etwas überspitzt formuliert: Adidas kämpft jetzt gegen die Allianz, wenn es
um die Mietzahlungen geht.
Zudem sehen die [1][Corona-Hilfsmaßnahmen] vor, dass Mieten nur gestundet
und später nachgezahlt werden. Adidas spart also gar kein Geld, sondern
verschiebt seine Ausgaben nur in die Zukunft. Am Ende hat niemand einen
Schaden.
## Die Antwort heißt Liquidität
Trotzdem ist klar: Die Handelsketten verhalten sich eindeutig nicht im
Sinne des neuen Rettungsgesetzes. Denn Adidas oder Deichmann sind nicht
existenzbedroht. Bleibt also die Frage, warum sie trotzdem gesetzwidrig
agieren. Die Antwort heißt „Liquidität“. Die Handelsketten wollen möglic…
flüssig bleiben und viel Geld in ihren Kassen behalten.
Das ist rational. Momentan haben die Ketten keine Einnahmen, weil ihre
Läden geschlossen sind, aber die fixen Kosten wie Mieten laufen weiter.
Selbst einer profitablen Firma wie Adidas kann daher kurzfristig das Geld
ausgehen, sodass man einen [2][Notkredit] bei der staatlichen Förderbank
KfW aufnehmen müsste. Das wäre kein Problem, würde aber etwa 2 Prozent
Zinsen kosten.
Genau diese Zinskosten wollen die Handelsketten aber sparen. Ihr Kalkül ist
so schlicht wie beinhart: Sollen doch die Vermieter die Notkredite
aufnehmen, bis die Wirtschaft wieder läuft und die Mieten nachgezahlt
werden. Die nicht gezahlte Miete ist daher weniger ein Problem mangelnder
Solidarität – sondern ein Machtkampf zwischen Großkonzernen darüber, wer
die Zinslasten tragen muss, die für Corona-Kredite fällig werden.
Klassenkampf sieht anders aus.
30 Mar 2020
## LINKS
[1] /Milliardenhilfen-der-Bundesregierung/!5674412
[2] /Hilfen-fuer-Gewerbe-und-Kultur/!5673179
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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